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Flossen weg

Flossen weg

Titel: Flossen weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Gebet an den Ursprung, den Quell, an ihren Gott. Der Gesang lobpreist das Goo und dankt ihm.«
    Nate dachte darüber nach. Ein Leben lang hatte er darüber nachgedacht … und das sollte die Antwort sein? Niemals. »Weshalb nur männliche Sänger?«
    »Nun, sie sind Männchen. Sie beten auch um Sex. Die Weibchen wählen ihre Partner aus … die müssen nicht darum bitten.«
    »Das lässt sich nicht beweisen«, sagte Nate.
    »Und es gibt niemanden, der es beweisen könnte, Nate, nicht hier unten, aber es ist die Wahrheit. Der Walgesang war die erste Kultur, die erste Kunst auf diesem Planeten, und wie die menschliche Kunst preist auch er das, was größer ist als er selbst. Und dem Goo gefällt das, Nate. Es freut sich.«
    »Das glaube ich nicht. Es besteht keine evolutionäre Notwendigkeit dafür, dass es ein Gebet sein muss.«
    »Es ist ein Mem, Nate, kein Gen. Der Gesang ist erlerntes Verhalten, nicht vererbt. Er folgt seinen eigenen Zielen, nämlich imitiert, also reproduziert zu werden. Und es bestand ein gewisser Druck. Haben Sie schon mal einen verhungerten Buckelwal gesehen, Nate?«
    Nate dachte darüber nach. Er hatte kranke Tiere gesehen, verletzte Tiere, aber nie einen verhungerten Buckelwal. Und er hatte auch noch nie von einem gehört.
    Der Colonel schien etwas in Nates Reaktion gesehen zu haben. »Da haben Sie Ihre Notwendigkeit. Das Goo sorgt für sie, Nate. Es mag den Gesang. Sollte mich nicht wundern, wenn die gesamte Evolution der Wale – denken Sie an die Größe – durch das Goo gelenkt wurde. Wir hätten sie niemals töten dürfen. Wir stünden nie an diesem Scheideweg, wenn wir sie nicht getötet hätten.«
    »Aber wir haben doch damit aufgehört«, war alles, was Nate dazu einfiel.
    »Zu spät«, sagte der Colonel mit einem Seufzer. »Unser Fehler war, die Aufmerksamkeit des Goo zu erregen. Jetzt muss es ein Ende haben. Das Gen hat seine dreieinhalb Milliarden Jahre als treibende Kraft des Lebens gehabt. Ich vermute, jetzt kommt das Mem an die Reihe. Wir beide werden es nie erfahren. Leben Sie wohl, Nate.«
    Die Iris öffnete sich, und der Colonel betrat das Goo.
     
    Nate rannte den ganzen Weg nach Hause, wusste gar nicht, wie er sich im Tunnellabyrinth zurechtfand, kam aber an, ohne sich verlaufen zu haben. Amy war nicht in seiner Wohnung.
    Sein Puls hämmerte in den Schläfen, als er an das summende Käferflügelsprechdings trat, um sie anzurufen, aber dann beschloss er, doch lieber gleich zu ihr zu gehen. Er suchte sie zu Hause, dann bei ihrer Mutter, dann überall, wo sie gemeinsam gewesen waren.
    Doch nicht nur Amy war verschwunden, auch ihre Mutter hatte niemand mehr gesehen. Nate schlief unruhig, denn ihn quälte der Gedanke daran, was ihr der Colonel angetan haben mochte – und alles nur wegen seiner Sturheit. Am Morgen machte er sich wieder auf die Suche, fragte jeden, den er traf, einschließlich der Walbengel vor der Bäckerei, aber niemand hatte sie gesehen. Am zweiten Tag lief er durch die Gänge wieder zum Amphitheater des Colonels und klopfte an die riesenhafte Iris, bis seine Fäuste blau anliefen. Niemand antwortete, nur das dumpfe Wummern hallte durch den großen, leeren Raum.
    »Ich mach alles, was Sie wollen, Ryder!«, schrie Nate. »Tun Sie ihr nichts, Sie Wahnsinniger! Ich mach, was Sie wollen. Ich hol die Navy her und lass den ganzen Laden sterilisieren, wenn Sie wollen … aber lassen Sie sie gehen.«
    Als er schließlich aufgab, drehte er sich um und rutschte an der Iris herunter, mit Blick auf das Amphitheater. Sechs orcafarbene Walbengel standen im Gang ihm gegenüber und sahen ihn an. Ohne zu grinsen oder zu kichern. Sahen ihn nur an. Der Größte von ihnen, ein Weibchen, stieß einen kurzen Pfiff aus, und sie durchquerten das Amphitheater, kamen in halbmondförmiger Jagdformation in seine Richtung.
     
    Auch wenn er weder professioneller Surfer noch Bong-Testpilot bei der Rastafari-Air Force geworden war, fand Kona doch, dass er den perfekten Job hatte. Er saß in einem bequemen Sessel und beobachtete, wie Spektrogramme über einen Computermonitor liefen, während auf einem anderen Monitor ein Programm die digitale Sequenz im Infraschallsignal suchte und in lesbaren Text umformatierte. Kona musste nur aufpassen, ob etwas über den Bildschirm lief, das einen Sinn ergab. Erstaunlicherweise hatte er wirklich etwas über Spektrographen und Wellenformen und alles Mögliche über das Verhalten der Wale gelernt, und er begrüßte den Tag mit so einem Gefühl, als würde

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