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Flossen weg

Flossen weg

Titel: Flossen weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Man treibt einen Denker nicht an, und man spricht auch nicht mit ihm, wenn er gerade denkt. Das wäre einfach rücksichtslos.
    »Was denkst du?«, fragte Clay. Okay, er konnte manchmal rücksichtslos sein. Sein großer Monitor war nicht mehr zu reparieren, und er war selbst traumatisiert.
    »Ich denke, wir werden bei vielen dieser Studien wieder ganz von vorn anfangen müssen. Sämtliche Ton- und Bildaufnahmen sind unbrauchbar, aber soweit ich sehen kann, fehlt nichts. Wer sollte so etwas tun, Clay?«
    »Kids«, sagte Clay, während er ein Nikon-Objektiv auf angerichteten Schaden hin untersuchte. »Von meinen Sachen fehlt nichts, und vom Monitor mal abgesehen scheint alles in Ordnung zu sein.«
    »Ach so. Deine Sachen.«
    »Ja, meine Sachen.«
    »Deine Sachen sind mehrere hunderttausend Dollar wert, Clay. Wieso sollten Kids das Zeug nicht mitnehmen? Alle Welt weiß, dass eine Nikon-Ausrüstung teuer ist, und jeder auf dieser Insel hat schon mal davon gehört, dass Unterwassergehäuse viel Geld kosten. Wer also sollte unsere Bänder und Disketten zerstören und alles andere stehen lassen?«
    Clay ließ das Objektiv sinken und stand auf. »Falsche Frage.«
    »Wieso ist das die falsche Frage?«
    »Die Frage ist, wer sich für unsere Forschungen interessiert, abgesehen von uns selbst, der Komischen Alten und ungefähr einem Dutzend Biologen und Walfreaks auf der ganzen Welt. Sieh es ein, Nate: Niemand interessiert sich für singende Wale. Es gibt kein Motiv. Die Frage ist: Wen interessiert es?«
    Nate sank auf seinem Sessel in sich zusammen. Clay hatte Recht. Es interessierte tatsächlich niemanden. Die Menschen kümmerten sich lediglich um die Anzahl der Wale, so dass im Grunde nur die Inspektoren – die Walzähler – Daten sammelten. Warum? Wenn man wusste, wie viele Wale es noch gab, wusste man auch, wie viele man töten durfte oder nicht. Solche Zahlen liebten und verstanden die Menschen. Sie glaubten, sie könnten damit etwas beweisen und auch etwas Geld verdienen. Verhaltensforschung … nun, Verhaltensforschung war doch Kinderkram, mit dem man höchstens Viertklässler begeistern konnte.
    »Wir waren nah dran, Clay«, sagte Nate. »Irgendwas im Gesang haben wir noch nicht begriffen. Aber ohne die Bänder …«
    Clay zuckte mit den Schultern. »Kennt man ein Lied, kennt man alle.« Was auch stimmte. Die Wale sangen ausnahmslos das gleiche Lied. Zwar mochte es sich von einer Saison zur nächsten ändern oder sogar im Laufe der Saison weiterentwickeln, aber – egal wie viele Buckelwale dort sein mochten – alle sangen das gleiche Lied. Niemand konnte sich erklären, wieso.
    »Wir besorgen uns neue Aufnahmen.«
    »Ich hatte die Spektrogramme schon gereinigt, gefiltert und analysiert. Es war alles auf den Festplatten.«
    »Wir machen es noch mal neu, Nate. Wir haben Zeit. Niemand wartet auf uns. Interessiert doch sowieso keinen.«
    »Das musst du nicht immer wieder sagen.«
    »Es nervt mich aber langsam«, sagte Clay. »Kümmert doch kein Schwein, ob du rausfindest, was es mit dem Gesang der Buckelwale auf sich hat.«
    Ein Flip-Flop kam ins Zimmer geflogen, gefolgt vom Rastafarisingsang des heimkehrenden Kona. »Irie, Clay, meine feuchte Freund! Ich bring dir Film und Kraut für diese Abend, auf dass wir preisen Jah und sein unendlich Gnade. Peace, Mann.«
    Kona stand da, mit einem Umschlag voller Negative und Kontaktabzüge in der einen Hand. Mit der anderen hielt er eine Filmdose hoch über seinen Kopf. Er sah hinauf, als enthielte sie das Elixier des Lebens.
    »Hast du einen Schimmer, was er gesagt hat?«, fragte Nate. Zielstrebig durchquerte er den Raum und riss Kona die Negative aus der Hand.
    »Ich glaube, es ist aus Jabberwocky « , antwortete Clay. »Hat er von dir Geld für die Filmentwicklung bekommen? Du darfst ihm kein Bargeld geben.«
    »Und hier einsam Dopedose mit heiliges Kraut«, sagte Kona. »Ich such mein Papers, und wir nehmen den Schiff nach Hause … nach Zion, Mann.«
    »Du kannst ihm doch kein Geld und eine leere Filmdose geben, Nate. Er sieht es als seine religiöse Pflicht, sie aufzufüllen.«
    Nate hatte den Kontaktbogen aus dem Umschlag genommen und sah ihn sich mit einer Lupe an. Zweimal suchte er den Bogen ab, zählte die Bilder, checkte die Ziffern am Rand. Bild Nummer sechsundzwanzig war nicht da. Er hielt den Bogen mit den Negativen ins Licht, suchte zweimal die Bilder und dreimal die Ziffern am Rand ab, dann legte er den Bogen weg und checkte die früheren Fotos, die Amy von der

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