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Flossen weg

Flossen weg

Titel: Flossen weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Blasen wieder abzugeben, schickte der Rebreather die ausgeatmete Luft des Tauchers durch einen CO 2 - Absorber, um das Kohlendioxid herauszufiltern, an ein paar Sensoren und einem Tank vorbei, der etwas Sauerstoff hinzufügte, damit der Taucher die Luft wieder einatmen konnte. Ohne Blasen, weshalb der Rebreather für das Studium der Wale perfekt geeignet war (und dafür, sich an feindliche Schiffe heranzuschleichen, was der Grund war, wieso die Navy so ein Gerät überhaupt entwickelt hatte.)
    Buckelwale setzten Luftblasen als Kommunikationsmittel ein, besonders die Bullen, die einander mit ihren Blasenvorführungen zu imponieren versuchten. Entsprechend war es fast unmöglich, mit einer Tauchausrüstung nah an einen Wal heranzukommen, besonders an ein unbewegliches Tier wie einen Sänger oder einen Luftanhalter. Mit den Blasen blubberte der Taucher in der Walsprache, ohne den leisesten Schimmer zu haben, was er da redete. Früher hatte sich Clay mehrmals Luftanhaltern mit seiner Tauchausrüstung genähert, aber die Tiere schwammen weg, wenn er näher als zwanzig Meter herankam. Er vermutete, dass die Wale sagten: »Hey, da kommt schon wieder dieser dürre Bursche, der nur Blödsinn quasselt. Verschwinden wir lieber.«
    Aber dieses Jahr hatten sie den Rebreather bekommen, und Clay schoss seine ersten vernünftigen Bilder von einem Luftanhalter. Als er neben dem Schwanz trieb, checkte er seine Instrumente, blickte auf, um nach Amy zu sehen, die da oben schnorchelte, als Silhouette in einem Sonnenstrahl, mit einem kleinen Tank auf dem Rücken, bereit, ihm zu Hilfe zu eilen, falls etwas schief ging. Ein großer Nachteil beim Rebreather war, dass es sich dabei um ein reichlich komplexes Gerät handelte, und sollte er kaputtgehen, standen die Chancen gut, dass der Taucher diesen Umstand mit dem Leben bezahlte. (Clays Erfahrung nach konnte man sich auf dieser Welt nur auf eines verlassen: Irgendwas ging immer kaputt.)
    Um ihn herum war alles klar und blau – vom Wal mal abgesehen. Auch unter ihm nur Blau. Trotz bester Sicht konnte er den Grund nicht sehen, irgendwo hundertachtzig Meter tie fer.
    Als er am Schwanz vorbei war, befand er sich bei dreiunddreißig Metern. Die Navy hatte den Rebreather bei über dreihundertfünfzig Metern getestet (und da er theoretisch sechzehn Stunden unten bleiben konnte, wenn es sein musste, stellte auch die Dekompression kein Problem dar), aber Clay passte trotzdem lieber auf, dass er nicht zu tief tauchte. Der Rebreather war nicht darauf eingestellt, die Gase für einen solchen Tauchgang zu mischen, und von daher bestand noch immer die Gefahr eines Tiefenrausches – einer Art Vergiftung, hervorgerufen durch komprimierten Stickstoff im Blut. Clay war schon öfter narkotisiert worden, einmal beim Filmen von Belugawalen unter dem arktischen Eis. Hätte man ihn damals nicht mit einem Nylonseil aus dem Eisloch gezogen, wäre er wohl ertrunken.
    Noch ein Stückchen weiter, und er würde das Geschlecht des Luftanhalters bestimmen können, etwas, das ihnen noch nicht oft gelungen war, und damals nur mit Hilfe einer Armbrust und einer DNS-Analyse. Die Frage lautete: Sind Luftanhalter allesamt männlich – wie die Sänger? Und wenn ja: Hat dieses Luftanhalten etwas mit ihrem Gesang zu tun? Clay und Quinn hatten sich ursprünglich zusammengetan, um das Geschlecht der Sänger zu bestimmen, vor gut siebzehn Jahren, als DNS-Analysen noch sehr selten waren.
    »Kannst du unter den Schwanz schwimmen?«, hatte Nate gefragt. »Und Fotos von den Genitalien machen?«
    »Schweinkram«, hatte Clay gesagt. »Klar, kann ich versuchen.«
    Von wenigen Gelegenheiten abgesehen, bei denen Clay die Luft so lange anhalten konnte, bis er sich unterhalb des Tieres befand, war es ihm natürlich nicht gelungen, einen Walporno zu drehen. Aber jetzt, mit dem Rebreather …
    Als er unter dem Schwanz trieb, so nah, dass das Weitwinkelobjektiv nur ein Drittel der Fluke einfing, bemerkte Clay eine ungewöhnliche Zeichnung am Schwanz. Er sah von seiner Anzeige auf, als sich der Wal gerade bewegte, aber es war zu spät. Der Wal zuckte, und der massige Schwanz schlug Clay an den Kopf, was ihn augenblicklich zehn Meter abwärts drückte. Der Stoß der Fluke ließ ihn einen dreifachen Salto rückwärts machen, bis er langsam in die Tiefe sank, bewusstlos.
     
    Als er sah, wie der Pseudo-Hawaiianer schon das achte Mal versuchte, zum Wal hinunterzugelangen, dachte Nathan Quinn: Es ist ein Initiationsritus. Ähnliches hat man mit mir

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