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Flossen weg

Flossen weg

Titel: Flossen weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Eins wäre und der kurze eine Null? Was dann?«
    »Binär?«
    »Ja, Mann, was wäre, wenn das Computersprache wäre?«
    Nate war sprachlos. Nicht weil er dachte, Kona hätte Recht, sondern weil der Junge tatsächlich die kognitive Kraft besaß, eine Frage aufzuwerten. Nate hätte sich kaum mehr wundern können, wenn ein Team aus Eichhörnchen den Toaster erfunden hätte. Vielleicht war dem Kleinen das Dope ausgegangen und dieser Intelligenzausbruch nicht mehr als eine Entzugserscheinung.
    »Das ist gar nicht so dumm, Kona, aber die Wale wüssten nur davon, wenn sie Oszilloskope hätten.«
    »Und die haben sie nicht?«
    »Nein, haben sie nicht.«
    »Oh, und dieses akustische Gehirn? Das könnte so was nicht sehen?«
    »Nein«, sagte Nate, nicht gänzlich sicher, ob es der Wahrheit entsprach. Er hatte noch nie darüber nachgedacht.
    »Okay, ich werd mal schlafen gehen. Kann ich dir sonst noch irgendwie helfen?«
    »Nein. Danke für die Banane.«
    »Jahs Segen mit dir, Mann. Danke, dass du mich heute aus dem Gefängnis geholt hast. Fahren wir morgen früh raus?«
    »Vielleicht nicht alle. Wir müssen sehen, wie Clay sich fühlt. Er ist gleich in seiner Hütte verschwunden, nachdem Clair ihn aus dem Krankenhaus abgeholt hat.«
    »Oh, bei Boss Clay ist alles cool. Er leidet Sweet Agonies mit Schwester Clair. Hab draußen eben ihre Love Jams gehört.«
    »Na denn«, erwiderte Nate und dachte, was immer auch Kona gesagt haben mochte, es musste was Gutes gewesen sein – nach seinem Tonfall und dem Lächeln zu urteilen. »Gute Nacht, Kona.«
    »Gute Nacht, Boss.«
    Bevor der Surfer draußen war, hatte Nate sich schon wieder dem Bildschirm zugewandt und begann, die unteren Ausschläge des Walgesangs zu vermessen. Er würde sich ein paar Artikel über Blauwalrufe heraussuchen müssen, die tiefsten, lautesten, weitreichendsten Tierlaute auf dem Planeten, und er würde nachsehen müssen, ob jemand eine numerische Untersuchung über die Sonar-Clicks von Delfinen angestellt hatte. Bis dahin brauchte er eine verwertbare Probe, um zu prüfen, ob das Ganze Sinn machte. Es war natürlich lachhaft. Es wäre nie so simpel, und ebenso wenig wäre es so komplex. Natürlich konnte man die Werte Eins und Null verschiedenen Teilen der Lieder zuordnen – das war einfach. Das bedeutete aber nicht, dass es Sinn machte. Es würde nicht zwingend eine ihrer Fragen beantworten, war aber ein neuer Blickwinkel. Walruf-Binärcode – niemals.
    Zwei Stunden später teilte er noch immer Einsen und Nullen verschiedenen Mikro-Oszillationen im Wellenmuster der Walgesänge zu, und es kam ihm vor, als könnte er – seltsamerweise, erstaunlicherweise – allen Ernstes etwas daraus ablesen, als Clay zur Tür hereinkam, in einem knielangen, pinkfarbenen Kimono, verziert mit großen, weißen Chrysanthemen. Er hatte ein kleines Pflaster an der Stirn und an der Wange etwas, das nach Lippenstift aussah und vom Mund bis zum rechten Ohr reichte.
    »Gibt’s hier noch Bier?« Clay nickte in Richtung Küche. Die Bürohütte war – wie alle anderen Hütten von Papa Lani – in alten Zeiten Unterkunft für eine ganze Familie gewesen und besaß daher – neben dem großen Raum, den sie als Büro nutzten – außerdem eine richtige Küche, zwei kleinere Lagerräume und ein Badezimmer.
    Clay trabte vorbei und riss den Kühlschrank auf. »Mist. Dann wohl Wasser. Ich bin ganz ausgetrocknet.«
    »Alles okay?«, sagte Nate. »Was macht deine CT? Wie war’s im Computerohr?«
    »Alles gut. Mein Rohr ist in Ordnung.« Clay kam ins Büro zurück und sank auf den Stuhl vor seinem kaputten Monitor.
    »Dreizehn Stiche am Kopf, möglicherweise eine leichte Gehirnerschütterung. Wird schon werden. Aber es könnte sein, dass Clair mich heute Abend umbringt … Herzinfarkt, Schlaganfall, Ekstase. Geht doch nichts über eine todesnahe Erfahrung, wenn man das Feuer einer Frau entfachen will. Du glaubst nicht, was sie mit mir anstellt. Und dabei ist sie Lehrerin. Es ist schändlich.« Clay grinste, und Nate bemerkte etwas Lippenstift an seinen Zähnen.
    »Du hast da noch was von der Schande.« Nate zeigte Clay, dass er sich den Mund abwischen sollte.
    Der Fotograf fuhr sich übers Gesicht, fand eine Hand voll Farbe und betrachtete sie. »Ich glaube, es ist Erdbeer-Lipgloss. Dass eine Frau in ihrem Alter noch Lipgloss mit Geschmack trägt … Die Schande ist in meinem Herzen.«
    »Sie hat sich ernste Sorgen um dich gemacht, Clay. Ich auch. Wenn Amy keinen kühlen Kopf bewahrt hätte …

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