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Flossen weg

Flossen weg

Titel: Flossen weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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machen einfach weiter. Und jetzt muss ich erst mal den Berg rauf zur Komischen Alten. Nate war wie ein Sohn für sie.«
    »Du hast es ihr noch nicht erzählt?«, fragte Amy.
    Clay schüttelte den Kopf. »Warum sollte ich? Ich habe Nate ja noch nicht aufgegeben. Ich hab schon zu viel gesehen. Letztes Jahr dachten sie, sie hätten einen von den Schwarzkorallentauchern verloren. Das Boot kam an die Stelle zurück, wo sie ihn abgesetzt hatten, und er war nicht mehr da. Eine Woche später rief er von Molokai aus an, sie sollten ihn abholen. Er war rübergeschwommen und so mit dem Feiern beschäftigt gewesen, dass er ganz vergessen hatte, anzurufen.«
    »Das passt nicht zu Nate«, erwiderte Kona. »Er sagt, er steht nicht auf Spaß.«
    »Trotzdem wäre es falsch, der Komischen Alten nicht mitzuteilen, was passiert ist«, erklärte Amy.
    Clay klopfte beiden auf die Schultern. »Ich mach das schon«, sagte er.
    Während er den Vulkan hinauffuhr, suchte Clay nach einfühlsamen Worten, mit denen er der Komischen Alten die Neuigkeit schonend beibringen konnte. Seit dem Tod seiner Mutter nahm Clay das Überbringen schlechter Nachrichten sehr ernst – so ernst, dass er es normalerweise jemand anderem überließ. Er war im Auftrag von National Science in der Antarktis gewesen, sechs Monate eingeschneit in der Wetterstation, als seine Mutter, die noch in Griechenland lebte, plötzlich verschwand. Sie war fünfundsiebzig, und die Leute aus dem Dorf wussten, dass sie nicht weit gekommen sein konnte, doch so sehr man auch nach ihr suchte, sie blieb drei Tage lang verschwunden. Schließlich verriet fauliger Gestank, wo sie geblieben war. Man fand sie tot auf einem Olivenbaum, auf den sie geklettert war, um ihn zu stutzen. Clays ältere Brüder – Hektor und Sidor – wollten ihre Mutter nicht ohne Clay, den jüngsten Sohn, bestatten, wussten aber, dass ihr Bruder noch monatelang nicht zu erreichen wäre.
    »Er ist der reiche Ami«, jammerten sie im Ouzo-Rausch. »Soll er sich um Mama kümmern. Vielleicht fliegt er uns sogar zur Bestattung nach Amerika.« Und so setzten die beiden Brüder, die den Hang der Mutter zum Alkohol und das schlechte Urteilsvermögen ihres Vaters geerbt hatten, die sterblichen Überreste von Mutter Demodocus in ein Olivenfass, füllten es mit einer Salzlake und schickten es an die Adresse ihres reichen, kleinen Bruders nach San Diego. Das Problem war nur, dass sie in ihrer Trauer (oder vielleicht war es auch der Vollrausch) vergaßen, einen Brief zu schreiben, eine Nachricht beizufügen oder einen Paketschein auf das Fass zu kleben, so dass sich Clay, als er es auf seiner Veranda stehen sah, sofort darauf stürzte, weil er dachte, es enthielte eine Ladung köstlicher Oliven aus der Heimat. Es war nicht schön, auf diese Weise vom Tod der Mutter zu erfahren, und brachte mit sich, dass Clay sehr klare Vorstellungen von Loyalität und dem Überbringen schlechter Nachrichten hatte.
    Ich werde es richtig machen, dachte er, als er die Auffahrt der Komischen Alten nahm. Es gibt keinen Grund, weshalb es ein Schock sein müsste.
     
    Überall waren Katzen und Kristalle. Die Komische Alte führte ihn durchs Haus und ließ ihn auf einem ausladenden Korbstuhl mit Blick auf den Kanal Platz nehmen, während sie einen Mango-Eistee holte. Das Haus hätte von Gauguin entworfen sein können, der Garten von Rousseau gestaltet. Es war klein, hatte nur fünf Zimmer und einen Carport, aber es stand auf zwanzig Morgen Obstsalat-Dschungel: Bananenstauden, Mangos, Zitronen, Mandarinen, Orangen, Papayas und Kokospalmen, und dazu ein Floristentraum von Orchideen und anderen tropischen Blumen. Die Komische Alte hielt das weiche Gras unter den Bäumen kurz wie einen Golfplatz auf einem Schweizer Käse. Das Haus bestand fast ausschließlich aus dunklem Koa-Holz, nussbraun mit schwarzer Maserung, samtig poliert und hart wie Ebenholz. Es gab ein spitzes Dach aus galvanisiertem Blech, mit einem Belüftungsturm in der Mitte, der die Hitze oben hinausblies und die kühle Luft unter dem breiten Dachvorsprung ins Haus sog. Es gab keine Fenster, nur offene Schiebetüren, und von überall sah man den tropischen Garten. Das Teleskop der Komischen Alten und das Großfernglas standen auf Stahl- und Betonsockeln direkt dort, wo Clay saß, und wirkten reichlich fehl am Platz: die Artillerie der Wissenschaft, aufgestellt im Paradies. Zu Clays Füßen knabberte eine magere Katze selig einem Skorpion die Beine ab.
    Die Komische Alte reichte Clay ein

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