Flossen weg
Taucher im Wasser. Seine ist die einzige militärische Operation hier im Schutzgebiet. Aber vielleicht weiß er nur nichts davon.«
Amy knüllte das Videoband zusammen und stopfte das ganze Vogelnest in den Papierkorb. »Wie können sie das tun, Clay? Wie können die ein Torpedo-Testgebiet mitten in der Buckelwal-Schutzzone einrichten? Es ist ja nun nicht so, als würde keiner was davon merken.«
»Ja, groß ist Mutter Meer. Wieso hier?«, fragte Kona.
»Keine Ahnung. Vielleicht wollen sie sichergehen, dass sie ihre Munition in eigenen Gewässern verballern. Wenn sie die Torpedos zwischen amerikanischen Inseln abschießen, kann es keine Missverständnisse geben.«
»Keine Schnallung«, sagte Kona. »Daten unverwertbar. Alarm. Alarm. Kontrollraum braucht Kräuter.« Der Rastafari hatte einen neuen Akzent angenommen, eine ausgezeichnete Entsprechung dessen, wie ein bekiffter Roboter klingen mochte.
»Unterwasser-Kriegsführung ist das reine Versteckspiel«, sagte Clay. »Unter Wasser sind die U-Boot-Mannschaften autonom. Sie entscheiden selbst, ob sie sich angegriffen fühlen und verteidigen wollen. Würde die Navy ihre Torpedos auf dem offenen Meer abschießen, könnte jemand diesen Vorgang als Angriff verstehen. Allerdings ist es kaum vorstellbar, dass ein russisches U-Boot zum Brunch nach Wailea kommt und sich irrtümlich angegriffen fühlt.«
»Das können sie nicht machen«, sagte Amy. »Die können doch nicht Sprengladungen in der Nähe von Kühen und Kälbern zünden! Das ist Wahnsinn.«
»Sie werden tief tauchen und sagen, dass es die Tiere nicht stört. Die Navy wird garantieren, dass sie nicht oberhalb von, sagen wir, hundertzwanzig Metern schießt. Die Wale tauchen in diesem Kanal nicht so tief.«
»Tun sie wohl«, sagte Amy.
»Nein, tun sie nicht«, sagte Clay.
»Tun sie wohl.«
»Darüber gibt es keine Daten, Amy. Genau danach hat mich Cliff Hyland gefragt. Er wollte wissen, ob wir Forschungen zur Tauchtiefe der Buckelwale anstellen. Er sagt, nur dafür würde sich die Navy interessieren.«
Abrupt stand Amy auf und stieß den Schreibtischstuhl zurück. Er prallte so heftig gegen Konas Schienbeine, dass er zusammenzuckte. »Locker bleiben, Schwester.«
»Amy, es war doch nicht meine Idee«, sagte Clay. »Ich erzähl dir nur, was ich von Hyland weiß.«
»Ganz toll«, sagte Amy. Sie schob sich an Clay vorbei und steuerte die Tür an.
»Wohin gehst du?«
»Woandershin.« Sie knallte das Fliegengitter hinter sich zu.
Clay wandte sich an Kona, der konzentriert die Zimmerdecke musterte. »Was?«
»Hast du dir diese U-Boot-Kriegsgeschichte ausgedacht?«
»Mehr oder weniger. Ich hab mal ein Buch von Tom Clancy gelesen. Hör zu, Kona, ich weiß überhaupt nichts. Nate wusste was. Ich knips hier nur die Fotos.«
»Du meinst, die Navy hat dein Boot versenkt? Vielleicht haben die auch was mit Nate gemacht!«
»Das mit dem Boot vielleicht. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie irgendwas mit Nate zu tun haben. Das war wohl ein Unglück.«
»Die kleine Sahneschnitte – ihr geht das alles unter die Haut.«
»Mir auch.«
»Ich geh und mach, dass sie wieder ruhig wird.«
»Danke«, sagte Clay. Er sank auf seinen Stuhl vor dem großen Monitor und rief sein Programm zur Videobearbeitung auf.
Eine halbe Stunde später hörte er eine leise Stimme durchs Fliegengitter. »Tut mir Leid«, sagte Amy.
»Schon okay.«
Sie trat ein und sah gar nicht so glasig aus, wie er erwartet hatte, nachdem Kona sie mit seinen Kräutern beruhigen wollte.
»Das mit deinem Video tut mir auch Leid. Die Kamera hat beim Abspielen irgendwie so geknirscht, und da hatte ich es wohl zu eilig, die Kassette rauszuholen.«
»Kein Problem. Es war dein großer Auftritt. Ich seh dabei sowieso nur wie ein Amateur aus. Ich glaub, das meiste hab ich auf der Festplatte.«
»Hast du?« Sie trat an den Monitor. »Das da?« Standbild, Walschwanz von der Seite, schwarze Zeichnung kaum zu erkennen.
»Ich seh es mir nur an, weil ich wissen will, ob das Mikro noch was anderes aufgenommen hat. Die Kamera lief die ganze Zeit, als du mir den Hals gerettet hast.«
»Wieso machst du nicht Feierabend und lässt dich von mir zum Mittagessen einladen?«
»Es ist halb elf.«
»Bist du plötzlich Mr. Stechuhr geworden, oder was? Geh mit mir essen. Ich fühl mich mies.«
»Fühl dich nicht mies, Amy. Es ist ein schrecklicher Verlust. Ich … ich komm selbst nicht besonders gut damit klar. Weißt du, um diese Arbeit in Gang zu halten,
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