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Flowertown - Die Sperrzone

Flowertown - Die Sperrzone

Titel: Flowertown - Die Sperrzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.G. Redling
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sie berührten. Plötzlich stolperte sie über etwas auf dem Flur.
    Ellie fluchte, als sie nach vorne kippte und vor ihrer Mitbewohnerin auf den Boden aufschlug.
    »Was zum Teufel machst du hier draußen?«
    Rachel zog ihre Beine an die Brust und rieb sich über die Schienbeine, auf die Ellie getrampelt war. Die Notbeleuchtung am anderen Ende des Gangs flackerte auf. Selbst in demschwachen Licht konnte Ellie erkennen, dass es Rachel nicht gut ging.
    Sie kniete sich neben die junge Frau und umfasste ihr Gesicht mit den Händen.
    »Rachel? Kannst du mich hören?«
    »Ja, ja. Mir geht’s gut.« Rachels Gesicht fühlte sich nasskalt an. Ihr Haar klebte in fettigen Klumpen an ihren Wangen, und ihr Atem stank fürchterlich. »Ich bin hier draußen eingeschlafen. Es war so heiß im Zimmer und ich musste die ganze Zeit kotzen. Ich war zuerst in den Toilettenkabinen, aber die sind so eklig.«
    »Willst du jetzt mit reinkommen? Drinnen wird es mehr Luft geben als hier draußen.«
    Rachel nickte und ließ sich von Ellie auf die Füße ziehen. Ellie führte sie zu ihrem Bett und eilte dann zum Fenster, um es aufzumachen. Sie fragte sich, ob sie sich jemals an den Gestank von Flowertown gewöhnen würde. Sie wollte eine Zigarette anzünden, sie wollte die Matratze in Brand stecken – alles, was helfen würde, den Geruch von Schweiß und Erbrochenem aus dem Raum zu jagen. Bei dem Gedanken, was sie wohl sehen würde, wenn das Licht wieder anging, schüttelte es sie.
    »Tut mir leid mit dem Gestank. Ich habe es beim ersten Mal nicht bis ins Bad geschafft.«
    Ellie inhalierte einen tiefen Atemzug der Luft von draußen, bevor sie sich wieder dem Raum zudrehte. »Gibt es eine Stelle, wo ich besser nicht hintrete, bevor der Strom wieder angeht?«
    »Nee. Ich hab den Mülleimer getroffen. Bing hat ihn für mich sauber gemacht.«
    »Bing?« Ellie konnte sich viele Dinge vorstellen, die ihr Freund tun würde. Einen Spuckeimer zu säubern, gehörte nicht dazu.
    »Ja, er war wirklich süß.« Das Bett knirschte, als sich Rachel aufsetzte und mit dem Rücken gegen die Wand lehnte. »Er hat mir ein kaltes Tuch auf meinen Kopf gelegt und so weiter.«
    »Du hast es raus, wie du mit ihm umgehen musst. Mir legt er Twinkies auf den Schreibtisch.«
    Rachel lachte und stöhnte gleichzeitig. »Bitte sprich nicht von Essen. Er hat mir eine ganze Schachtel mit Twinkies gebracht. Bäh. Ich habe ihm beinahe in die Hand gekotzt. Wenigstens war es besser als die komische japanische Suppe, die er mir das letzte Mal kredenzt hat.«
    »Oh ja, das Zeug ist eklig.« Ellie setzte sich auf ihre Bettkante und schaute ihre Zimmergenossin an. Die Sonne ging gerade auf, und sie konnte Rachels Silhouette am anderen Ende des Raumes erkennen. »Zuerst einmal, an dem Zeug ist nichts Japanisches, außer dass du dir deinen Kopf mit einem Samuraischwert abhacken willst. Sie verramschen es auf dem Regal für Sonderangebote, und er kauft es kistenweise.«
    »Ich weiß!« Rachel lachte wieder. Ellie sah, dass sie sich vor Schmerzen den Bauch halten musste, aber trotzdem weiterlachte. »Andauernd bringt er es mir und ich schwöre dir, es stinkt wie Kotze.«
    »Ich wünschte, es würde wie Kotze riechen. Auf der Arbeit hat er eine ganze Schublade voll davon und jedes Mal, wenn er sich eine warm macht, müssen wir das Gebäude evakuieren.« Rachels Lachen ging in einen würgenden Hustenanfall über, der so lange dauerte, dass Ellie sich aufsetzte.
    »Rachel? Alles in Ordnung?«
    »Ja.« Das Wort kratzte in ihrer Kehle und provozierte eine neue Runde Erstickungsanfälle. »Alles gut. Es sind nur diese Medikamente, die meine Kehle so trocken machen, ich kann gar nichts schlucken.«
    Ellie hörte zu, wie sie nach Luft rang. »Bist du dir sicher, dass es das wert ist?«
    »Absolut.« Rachel klang überzeugt. »Du musst dir unbedingt ansehen, was heute mit der Post kam. Ich wünschte, wir hätten Licht.«
    Und wie auf Kommando kam der Strom zurück, und die Neonlichter an der Decke flimmerten auf. Voller Freunde japste Rachel nach Luft, als habe sie den Zauber herbeigeführt, aber Ellie, die in dem harten Licht das Gesicht ihrer Mitbewohnerin sah, japste aus einem anderen Grund nach Luft: Rachel war grau. Ihre Haut, ihre Lippen, selbst ihr Rachen und ihre Zunge – Ellie konnte das sehen, wenn Rachel lachte – waren grau. Sie sah aus wie eine Puppe aus stumpfem Kitt. Die einzige Farbe in ihrem Gesicht waren die wütenden, blutunterlaufenen Augen. Ellie fand, dass sie wie ein totes

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