Flowertown - Die Sperrzone
Ding aussah, ein kicherndes, lachendes, totes Ding und sie musste sich zusammenreißen, um sich nichts anmerken zu lassen. Rachel schien das nicht zu bemerken. Stattdessen klatschte sie in die Hände und machte auf dem Bett einen Satz nach vorne, um eine Schachtel vom Boden aufzuheben.
»Hier, schau. Komm rüber. Sind die nicht genial?«
Ellie setzte sich neben Rachel und atmete durch den Mund, um der Wolke ekliger Gerüche so gut es ging auszuweichen. Rachel vergaß ihr Übelkeitsgefühl, während sie mit der Hand durch die Schachtel fuhr und etwas hervorzog, das wie eine große, paillettenbesetzte Socke aussah. Sie lachte, als sie die Hände in das Gummiband steckte und es auseinanderzog.
»Siehst du? Das soll über mein Haarnetz gehen. Ist das nicht komisch? Und hier ist noch mehr.«
Sprachlos beobachtete Ellie Rachel dabei, wie sie eine verzierte Gesichtsmaske, einen Armreifen und eine mit Glitzersteinen bestückte Schachtel für Desinfektionstücher hervorholte.Hätte Rachel nicht gekichert wie ein junges Mädchen, wäre es unerträglich schrecklich gewesen.
»Und das hier ist das Beste. Schau dir das Bild an!«
Sie zog ein glänzendes, zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter großes Foto hervor, das eine Gruppe Frauen zeigte – jedenfalls ging Ellie davon aus, dass es sich um Frauen handelte –, welche die groteske und bunte Lagerkleidung trugen, die letzte Voraussetzung für den Passierschein aus Flowertown.
Im ersten Jahr der Sicherheitsverwahrung waren alle guter Dinge gewesen, als es hieß, dass man einen Passierschein bekommen könne, um die Zone zu verlassen. Aber als sich herausstellte, was man dafür alles durchleiden musste, verkürzte sich die Warteliste für das Verlassen der Zone erheblich.
Zuerst musste man einen Gesundheits-Check-up durchlaufen, in dem festgestellt wurde, ob die Verseuchungswerte innerhalb des akzeptablen Rahmens lagen. Danach musste man sich mindestens einer vier Wochen langen, grauenhaften, chemischen Entgiftungskur unterziehen, um den HF-16-Wert so weit wie möglich zu senken. Diese Werte hielten nur für achtundvierzig bis maximal zweiundsiebzig Stunden. Präziser gesagt, ertrug der Körper die Medikamente nur so lange. Und selbst dann musste man Schutzkleidung tragen, um so viel Hautabsonderungen und Haarausfall wie möglich zu vermeiden.
Die Gesundheitsexperten von Barlay Pharma versicherten dem US-Kongress, dass diese Maßnahmen ausreichend waren, aber nachdem drei – unbegründete – Fälle von Kontaminierung gemeldet wurden, erließen siebzehn Staaten ein absolutes Einreiseverbort für Besucher aus Flowertown. Strenge Vorsichtsmaßnahmen zur Überwachung jeder Person mit einem Passierschein wurden eingeführt, und als die Gerüchte mit den Jahren zunahmen, sperrten sich immer mehr Städtedagegen, Leuten aus Flowertown Zutritt zu gewähren. Viele Staaten führten wirtschaftliche Belastungen als Grund an, denn es mussten sowohl spezielle chemische Toiletten und Duschen als auch elektronische Überwachungssysteme installiert werden. Letztere sollten dafür sorgen, dass ein Flowertowner nicht auf eine »Killer-Pinkeltour« ging, wie Bing es nannte.
Selbst wenn Familienangehörige die finanzielle Last schulterten und die erforderlichen Einrichtungen in ihren eigenen vier Wänden aus eigener Tasche bezahlten, verabschiedeten die Regierungen verschiedener Bundesstaaten im ganzen Land Gesetze, um genau das zu verhindern. Unter diesen Umständen blieben demjenigen, der gewillt war, sich dem Horror der vorübergehenden Entgiftung zu unterziehen, nur wenige Möglichkeiten. In San Francisco gab es drei Hotels, die Unterkünfte anboten, in Chicago eines. Beide Disney-Freizeitparks verfügten über einen begrenzten Bereich, und natürlich hatte Las Vegas seine Arme weit ausgebreitet und gleich sieben Casinos mit den in Nevada für den Gesundheitsschutz erforderlichen Sicherheitsrestriktionsmaßnahmen ausgestattet. Deshalb hatte sich Rachels Schwester dazu entschieden, in Las Vegas zu heiraten.
Rachel lachte, als sie die Atemmaske aus Papier überzog. Jemand hatte die Idee gehabt, der Maske volle, rote Lippen zu verpassen. Rachels Totenblässe ließ das Comic-Grinsen noch schauderhafter aussehen und Ellie musste sich extrem zusammenreißen, um nicht vor Schreck zusammenzuzucken. Rachel legte das funkelnde Haarnetz an und schob sich den glänzenden Armreif über das Gelenk.
»Ich habe meiner Mom gesagt, dass ich die nicht mit nach draußen nehmen kann, aber sie meinte, sie
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