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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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der Südseite des Ozeans mitgebracht. Bis ich neun Jahre alt war, konnte ich ihn nicht spannen, und auch drei Jahre später gelang es mir nicht weiter als zwei Finger breit, obwohl ich es jeden Tag versuchte.«
    Henrietta sah zu, wie Caleb die Sehne um den Schaft wickelte, dann lehnte er den Bogen neben sich an den Baumstamm. »Aber du wolltest mir erzählen, wie du nach FitzFaeren gekommen bist. Wie ist nun der Anfang deiner Geschichte?«
    Henrietta knabberte an ihrem Daumennagel. Sie würde Caleb nicht anlügen können. Er hatte es ja auch gleich gemerkt, als sie ihm einen falschen Namen genannt hatte. Wobei es egal war. Sie wollte ja gar nicht lügen. Einerseits lag ihr daran, ihm zu erzählen, was passiert war. Sie wollte es jemandem erzählen, vor allem jemandem, der ihr helfen konnte. Aber andererseits war es ihr peinlich, darüber zu reden. Denn so richtig gut kam sie bei der Geschichte ja nicht weg. Den ganzen Tag über hatte sie an Großvaters Schlüssel denken
müssen, während er sich im Inneren ihrer Tasche in ihr Bein gebohrt hatte.
    Also seufzte sie und erzählte Caleb, was sie von ihrem Großvater noch wusste, wie ihr Cousin zu ihnen gekommen war und wie sie die Fächer freigelegt hatten. Sie kam schnell voran, und dabei wunderte sie sich, dass Caleb so anders war als sie. Wenn ihr jemand diese Geschichte auf genau dieselbe Art erzählt hätte, hätte sie ihr Gegenüber ständig unterbrochen. Sie hätte dazwischengeredet, Einzelheiten wissen wollen, Erklärungen eingefordert und auf logische Brüche hingewiesen. Aber Caleb saß einfach da und hörte zu. Manchmal rieb er sich mit seiner rauen Hand über sein Stoppelkinn, aber er ließ sie keine Sekunde aus den Augen.
    Henrietta war diejenige, die den Blick abwandte. Sie erzählte dem Gras und der Dämmerung und den Bäumen, wie sie ihren Cousin und Richard reden gehört hatte und wie sie aufgewacht war und gedacht hatte, sie seien durch das Fach geschlüpft.
    Und an dieser Stelle machte sie eine Pause.
    Ein Mann, der kräftiger, aber etwas kleiner war als Caleb, brachte ihr eine Holzschale mit Suppe.
    »Danke«, sagte sie leise, und meinte das sehr ernst. Sie war dankbar, und nicht nur, weil sie Hunger hatte. Mit der heißen Schale in den Händen musste sie Caleb nämlich nicht in die Augen sehen. Obwohl die Geschichte, die sie erzählt hatte, von vorn bis hinten wahr war, hatte Henrietta ihre eigene Unbesonnenheit möglichst ausgeklammert. Und dort, wo sie nichts hatte ausklammern können, hatte sie gespürt, wie ihr das Blut in die Wangen gestiegen war.

    »Ich habe keinen Löffel«, bemerkte sie.
    Caleb zog ein kleines Messer aus seinem Gürtel und reichte es ihr, mit der Klinge in seiner Hand.
    »Was du damit nicht essen kannst, kannst du trinken.«
    Noch einmal kam der Mann mit einer Schale, dieses Mal für Caleb, und Caleb ließ sich neben seinem Hund ins Gras sinken und lehnte den Rücken an den Baumstamm.
    »Du bist also deinem Cousin gefolgt«, sagte er. »Und wo ist er jetzt?«
    »Hier nicht, glaube ich jedenfalls.« Henrietta nippte an der Schale, aber sie verbrannte sich die Zungenspitze. »Magdalene hätte ihn und Richard sicher auch geschnappt.«
    »Und wie bist du der Königin entkommen?«
    »Ich bin aus dem Fenster gesprungen.«
    Caleb interessierte sich gar nicht für sein eigenes Essen. Er starrte Henrietta zunächst eine ganze Weile an, dann richtete sich sein Blick auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne.
    »Warum bist du nicht zu deiner kleinen Pforte zurückgelaufen und hindurchgeschlüpft? Schloss FitzFaeren wird von seltsamen Gaukeleien heimgesucht, aber du hättest ihnen trotzen können.«
    »Das wollte ich ja«, antwortete Henrietta. »Aber ich habe mich verlaufen. Und schließlich war es dunkel und ich habe in den Bergen die Orientierung verloren.«
    »Und wie bist du zu Eli gekommen?«
    »Ich bin am Fluss auf ihn gestoßen und er hat mir zu essen gegeben. Dann bin ich ihm gefolgt, bis du mich geschnappt hast.«

    Caleb dachte nach. Dann leerte er seine Schale, stellte sie neben sich ab und pfiff.
    Die Männer drehten sich zu ihm um.
    »Wo ist der kleine Fitz?«, fragte Caleb. »Bringt ihn her.«
    »Im Sack?«, fragte einer nach.
    Caleb nickte.
    Henrietta konnte sich nicht beherrschen. »Habt ihr ihn etwa immer noch in diesem Sack? Warum tut ihr das? Er wird noch ersticken!«
    Caleb schwieg. Dann stand er langsam auf und verschränkte seine Arme.
    Von dort, wo die Pferde angebunden waren, kamen zwei Männer herbei. Zwischen

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