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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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Gesicht. »Autsch!«, sagte er. »Was soll denn das? Im Traum kann ich darauf wirklich verzichten!«
    »Entschuldigung«, sagte Henry. »Das wollte ich nicht.«
    »Nimm sie wieder weg, sonst kann ich genauso gut aufwachen.«
    Henry versuchte es. Umsonst. Er konnte die Beule nicht wegträumen, weil er wusste, dass sie in Wirklichkeit da war.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich glaube, es geht nicht.«
    Monmouth stand auf. »Na gut. Immerhin: Ganz so schlimm tut sie hier nicht weh. Übrigens habe ich schon versucht, hier herauszukommen. Aber der Raum ist mit einem Zauber belegt, der uns nicht herauslässt.«
    »Aber wir träumen doch«, entgegnete Henry. »Wie können sie uns dann hier festhalten?«
    Monmouth lächelte. »Du bist mehr als nur ein Körper, Henry York.«
    »Spielst du auf den Geist an? Und dass er es ist, der träumt?«
    »Dein Geist ist ein Teil deines Körpers. Das ist der Punkt. Du kannst dir zwar irgendwelche Träume ausmalen, aber die echten Träume kommen von außen. Du lernst, dich in ihnen
zu bewegen und sie zu beherrschen, du kannst sie zwingen, wahr zu werden, wenn du das möchtest, oder Fantasie zu bleiben. Ich habe es in dieser Kunst nie besonders weit gebracht, aber in Carnassus’ Bibliothek fanden sich Dutzende alter Bücher und Schriftrollen über das Traumwandern. Die meisten davon habe ich gelesen.«
    Henry sah sich in dem Raum um. Träume waren ihm schon immer irgendwie komisch vorgekommen. Nachdem er nun von Darius aus einem herausgerissen worden und im Traum ausgerechnet nach Badon Hill geraten war, war er bereit, alles zu glauben, was Monmouth sagte.
    Er ging zur Tür und befühlte die verflochtenen Weidenruten. In Byzanthamum hatte Nella von Träumen gesprochen. Sie hatte ihm gesagt, er solle seinen Träumen glauben. Wie kann man einem Traum glauben?, fragte er sich. Er sagt doch nichts.
    Die Weidenruten fühlten sich an, als wären sie regelrecht verschweißt worden. Vielleicht waren sie das ja auch. Er wandte sich wieder an Monmouth. Der Zauberer massierte sich seinen Kopf. Die Beule war kleiner geworden, aber sie wuchs wieder, als Henry sie betrachtete. Und dann sah er Monmouth an. Er sah ihn richtig an.
    Monmouth blinzelte zurück, zuerst ärgerlich, dann überrascht. Etwas in ihm veränderte sich, versuchte zu vertuschen, was Henry zu sehen versuchte. Aber nur für einen Moment. Es nützte nämlich nichts. Henry sah ihn dennoch. Monmouth erschien, wie Nella ausgesehen hatte, ein Gewebe starker grüner Fasern, die sich langsam bewegten, zusammengebunden waren und ineinanderwuchsen.

    An einigen Stellen allerdings herrschte Dunkelheit, Starre und Stillstand – Tod, der gegen den Rest ankämpfte.
    Monmouth Augen wurden schmal. »Was siehst du?«, fragte er.
    Henry blinzelte. »Was siehst du denn?« Er hatte keine Kopfschmerzen. Das ging wohl nur im Traum.
    »Ich sehe Angst und Verwirrung«, antwortete Monmouth. »Da ist auch etwas Kraft, aber ohne Ziel und ohne Zweck. Außerhalb deiner Kontrolle. Und du hast ein Loch in deinem Gesicht, in das alles hineinfließt. Am Kinn. Es ist klein, aber es ist stärker als alles andere an dir. Und es wird größer. Was siehst du?«
    Henry schluckte. Er wünschte, er könnte über alles seine Kleidung ziehen. »Ich …«, er unterbrach sich, »… ich weiß es nicht.«
    »Du bist nicht ganz so stark, wie ich dachte«, sagte Monmouth. »Ich will ja nicht unhöflich sein, aber ich habe eigentlich gedacht, dass du etwas ganz Besonderes sein müsstest, wenn die Hexe dich unbedingt haben wollte.«
    Henry lehnte sich mit dem Rücken an die Tür, rutschte daran herab und zog die Knie an die Brust. »Ich weiß«, sagte er.
    »Hat dein Vater diese Hexe wirklich besiegt?«
    Henry zuckte die Schultern. »Ich bin ihm nie begegnet.« Er schloss die Augen und lehnte seinen Kopf zurück. »Ich werde jetzt schlafen.«
    »Noch mehr einschlafen geht nicht. Du träumst doch schon. Und warum willst du überhaupt schlafen?«
    »Weil träumen nicht so wehtut.«
    Henry träumte, dass er einschliefe. Und so geschah es auch.
Dieses Mal war Monmouth nicht dabei. Einen kurzen Moment lang schimmerte ein schwaches Geisterbild von ihm auf, aber Henry verdrängte es schnell. Seine eigene Silhouette, die zunächst ebenfalls schwach gewesen war, wurde deutlicher, bis er auf Henry York herabsah, der die Knie an die Brust gezogen hatte und schlief. Was ihn selbst betraf, das Selbst, das Henry York dort liegen sah, so besaß er einfach keinen Körper. Er hob das, was seine

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