Fluch der 100 Pforten
unverrichteter Dinge abdrehen und brachten die Verteidiger der Stadt zu Fall, sobald diese sich zeigten. Die Zauberer im Inneren der Gruppe beschworen Bündel von Blitzen herab und schlugen mit diesen Peitschen aus Licht blindwütig auf die Gemäuer ein, in denen sich die Bogenschützen verbargen, oder sie ballten die Kraft der Blitze zu Kugeln und ließen diese auf der Suche nach Leben durch die Straßen rollen. Kamen die Verteidiger den Feuerbällen zu nahe, wurden sie vernichtet.
Zekes großer Schutzschild bewegte sich langsam auf die Zauberer zu. Er schwankte im Wind, schützte aber die Männer dahinter vor den Feuerbällen. Obwohl die Zauberer auf ihn zielten, traf keiner der Blitze den Schild. Henry sah, dass der große Mann mit dem Bogen sie abwehrte, auch wenn seine Kraft wohl nicht mit der der Zauberer zu vergleichen war. So oft Zeke den Schutzschild senkte, zischten die Pfeile des Mannes los. Gleichzeitig knallten zwei Gewehre.
Henry lief ein paar Schritte voran. Er bemerkte, dass die Kraft des Windes abnahm und der Schild immer weiter nach vorn wanderte. Jetzt drehte sich ein Zauberer um und versuchte zur Mauerbresche zu gelangen. Er sank jedoch mit einem Pfeil zwischen den Schulterblättern in den Trümmern nieder.
Ringsum traten nun Dutzende von Bogenschützen offen
auf die Straßen hinaus und schossen ihre Pfeile ab. Henry hörte das Flitschen und Zischen der Sehnen und Pfeile und sah, wie die letzten dunklen Kutten, die sich innerhalb der Stadtmauern befanden, zu Fall gebracht wurden. Die übrigen flohen durch die Bresche auf die Ebene hinaus.
Zahlreiche Männer schwärmten nun aus und ließen ihre Pfeile durch die Mauerlücke hageln, während andere die Trümmer beiseite zu räumen begannen.
»Onkel Frank!«, rief Henry.
Aber Frank hörte ihn nicht. Er war dabei, einen Stein zur Mauer zurückzurollen. Henry sprang herbei und legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Wir müssen die Mauerlücke schließen!«, rief der große Mann. »Mit Kesselfallen!«
»Henry York!«, rief Frank aus. »Mein Bruder Caleb hat schon erzählt, dass du hier bist.« Er grinste. »Wie schön, dich atmen zu sehen.«
»Caleb ist dein Bruder?«, fragte Henry
Frank lächelte. »Und der Bruder deines Vaters. Du kannst es drehen, wie du willst, Henry. Ich bin und bleibe dein Onkel. Und bin sogar blutsverwandt.«
Caleb trat zu ihnen und Henry sah zwischen Frank und ihm hin und her. Sie waren einander ähnlich. Und gleichzeitig sahen sie auch wieder sehr unterschiedlich aus. Henry stellte sich schon mal darauf ein, gleich wieder hinauf zum Haus und ins Bett geschickt zu werden.
»Bist du in der Lage, Steine zu schleppen?«, fragte Caleb stattdessen. »Wir müssen die beiden Breschen in der Mauer schließen.«
Henry nickte. Zeke und der Polizist waren zu weit weg, als dass sie einander hätten hören können, aber Zeke ließ einen Stein fallen und winkte Henry zu.
»Sie greifen wieder an!«, rief in diesem Moment jemand.
Erneut brach Feuer durch die Bresche und Blitze mähten die Verteidiger nieder. Dieses Mal aber konnten die Bogenschützen ihre Stellung an der Mauer halten und es hagelte Pfeile in den Wind.
Henry rollte und hob und schleppte Steine, bis die Sonne untergegangen war und sich Dunkelheit, die fast so undurchdringlich war wie das Licht der Elfen, über die Stadt legte.
Zusammen mit Hunderten namenloser Männer arbeitete Henry im Leuchtfeuer der Blitze weiter, bis das Unwetter schließlich verebbte.
Auch die Zauberer hatten sich zurückgezogen. Und selbst wenn es niemand verstand, war es doch willkommen.
Henry und Zeke standen beieinander. Sie betrachteten ihre Hände, von denen weiße Hautfetzen herabhingen. In kürzester Zeit hatten sich Blasen entwickelt und waren aufgegangen. Jeder Regentropfen, der diese Hautpartien traf, schmerzte.
Zeke sah Henry an und Henry Zeke. Henry hatte seinen Umhang beiseite geworfen, um zupacken zu können, und nun war er wieder so nass, wie er aus dem Hafenbecken gekommen war. Zeke hatte seine Baseballkappe verloren und sein Gesicht war von Rauch und Schweiß verschmiert. Regen rann ihm über die Wange. Sein Blick war so ruhig wie immer, trotz des Wahnsinns, den er gesehen hatte. An den Unterarmen, wo
er den von den Flammen erhitzten Schild berührt hatte, hatte er Verbrennungen.
»Wir leben noch«, stellte Zeke fest.
Henry nickte und sah in die Finsternis jenseits der Stadtmauer hinaus. Wie lange noch? Draußen auf den Bergen stand jemand, der über eine Macht
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