Fluch der 100 Pforten
Er brauchte seine Augen nicht mehr. Von der Stunde seiner Geburt an war Hylfing Blitze gewöhnt. Es war gegründet, aufgebaut und beschützt worden von Leuten, die Zauberer und die Zauberei hassten. Mit jedem Blitzschlag schienen die Mauern der Stadt stärker zu werden, auch wenn in ihrem Inneren bereits viele Häuser und Gebäude niedergebrannt waren.
Mit einem Stöhnen ließ Darius der Kraft ihren Lauf. Zunächst tröpfelte sie nur langsam aus seinen Fingern, entwickelte sich dann aber schnell zu einem Rinnsal und schließlich zu einem Strom. Dann versiegelte er unter großem Kraftaufwand den Kraftfluss in seinem Inneren wieder. Der Stoß lief durch den Boden, raste durch Fels und durch Erde, und als er die Stadtmauern erreichte, rief Darius ihn mit einer fremden Sprache, die er selbst nie gehört hatte, an die Oberfläche.
Der Boden vor der Mauer warf sich auf und brach auseinander. Die Mauer riss und ein beträchtlicher Teil der Steine fiel in die Stadt hinein.
Darius konnte die Schreie hören. Die Glocken begannen zu läuten, aber sein Bewusstsein blendete sie aus. Er ließ
einen weiteren Stoß gestohlener Kraft über die Ebene hereinbrechen, und das Bersten und Splittern von Stein zeigten an, dass eine zweite Bresche in die Stadtmauer geschlagen worden war.
Henry stand auf der Straße und hatte eine Gänsehaut. Seine Cousinen und seine Schwestern – er hatte wirklich Schwestern! − waren ihm durch das ganze Haus gefolgt und hatten sich geweigert, ihm irgendwelche Tipps zu geben. An der Tür hatte die kleine Isa ihm einen Umhang und ein paar Stiefel in die Hand gedrückt. Sie waren ihm viel zu groß.
Das Haus lag auf einem Berg. Zwischen den anderen Häusern hindurch konnte Henry die Kopfsteinpflasterstraße sehen, die hinab zum Fluss führte, der die Stadt teilte. Er konnte auch die Stadtmauer erkennen. Er sah die Breschen in der Mauer und die zahlreichen Männer in schwarzen Kutten, die durch sie in die Stadt drängten. In der anderen Richtung schlugen die Glocken im Turm der Kathedrale Alarm.
Zum zweiten Mal an einem einzigen Tag stellte Henry sich einem Kampf. Dieses Mal aber hatte er nicht mal einen Knüppel.
Nachdem er die Brücke überquert hatte, lief Henry ein wenig langsamer. Mit Schwärmen von Pfeilen hatten die Bogenschützen die Zauberer durch eine der Mauerlücken wieder aus der Stadt herausgedrängt. Dafür wurde die Anzahl dunkler Kutten, die durch die andere Lücke hereindrückte, größer und größer. Flammen und Kugelblitze flackerten über dem Getümmel und durch die Straßen.
Wohin Henry auch sah, überall verschanzten sich Männer
hinter Trümmern oder in Hauseingängen. Sie wurden aber doch nur immer weiter zurückgedrängt und mussten erneut Schutz suchen. Dennoch lief Henry mitten auf der Straße und hatte Mühe, auf den feuchten Steinen des Straßenpflasters nicht auszurutschen. Etwa hundert Meter vor der Stadtmauer schlüpfte er in einen Hauseingang und sah dem Kampf zu.
Von dem anderen Mauerdurchbruch kamen vier Gestalten herbeigelaufen. In ihrer Mitte bewegte sich ein großer Mann, der sogar im Laufen seinen Bogen spannte. Er wurde von zwei Männern flankiert, die beide augenscheinlich Gewehre bei sich hatten. Einer der beiden war ziemlich korpulent. Er trug eine Polizeiuniform und humpelte. Der andere war schlaksig und lief ein wenig geduckt. Der vierte war ein Stück kleiner als die anderen und lief mit einem großen rechteckigen Schild voraus.
Während sie näher kamen, stellten sich ihnen ein paar Zauberer in den Weg. Voller Schreck sah Henry, dass es Zeke Johnson war, der den großen Schild mit Wucht auf ein paar Trümmern absetzte, sodass sich die Männer dahinter verschanzen konnten.
Der große Mann blieb als Einziger stehen und von seinen Pfeilen getroffen, sanken drei Zauberer in sich zusammen, bevor er sich zu den anderen kauerte und Flammen über sie hinwegschossen.
Dann standen sie wieder auf und liefen weiter und der große Mann schoss fortwährend seine schwarzen Pfeile ab. Auf seinem Rücken konnte Henry drei Köcher erkennen.
Immer mehr Männer Hylfings stießen nun vor und die verirrten
Pfeile klapperten über das Steinpflaster, während die Pfeile, die ihr Ziel trafen, kein Geräusch verursachten.
Dann wurde Henry abgelenkt. Er beobachtete ein Dutzend Zauberer, die sich zwischen den Trümmern verschanzten, um ihre Kräfte zu konzentrieren. Die Männer am Rand der Gruppe entfesselten Winde. Sie ließen die Pfeile an ihren erhobenen Händen
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