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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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Wasser zum Händewaschen und ein Tuch wurden herumgereicht. Vor Henry stand eine Holzschale, in der sich ebenfalls Wasser befand, und er tauchte seine Finger hinein. Der Platz neben ihm war noch frei. Seine Mutter stand hinter ihrem Stuhl und strich sich das Haar aus dem glühenden Gesicht. Sie sagte etwas, aber Henry war ein wenig benommen. Er sah in die lächelnden, feierlichen Gesichter. Und er beobachtete den dicken Elf, der sich an der Tür herumdrückte.
    Dann erhob sich neben seinem Onkel Caleb ein schwarz gekleideter Mann, ein Priester. Er sprach, und alle anderen schwiegen.
    »Ein gedeckter Tisch im Angesicht des Feindes«, begann er.
    Viel mehr bekam Henry nicht mit. Der Mann redete eine
ganze Weile, und als er fertig war, lachten alle. Henry lachte mit, auch wenn er nicht wusste, weswegen. Er brauchte es aber auch nicht zu wissen. Es war einfach ein Lachen und es kam aus seinem tiefsten Inneren. Henry sah zu, wie das Essen auf dem Tisch herumgereicht wurde und die Leute ringsum lächelten und sich bedienten. Er lächelte ebenfalls, aber von dem, was gesprochen wurde, bekam er kaum etwas mit. Sein Geist und seine Augen nahmen ganz andere Dinge wahr. Er hörte den Regen an das Fenster schlagen und den Wind durch die Mauerritzen wehen. Er beobachtete, wie der Donner sein Glas erzittern ließ und er konnte spüren, wie das Meer an das Ufer brandete. Dabei war all das nicht so laut wie das Lachen seiner Onkel. Zeke unterhielt sich mit Caleb und Caleb versprach, ihm einen Bogen zu besorgen. Hyazinth lächelte Henry zu und Großmutter Anastasia sah an die Decke. Sie lächelte nicht mehr, und sie hatte noch keinen Bissen gegessen. Onkel Frank versuchte die Baseball-Regeln und Ketch-up zu erklären, wen immer das auch interessieren mochte.
    Und irgendwann stellte Henry fest, dass er ebenfalls aß und dazu etwas Tiefrotes aus seinem Glas trank.
    Das Essen ging schnell vorüber. Die Berge von Speisen schrumpften. Henry war gesättigt und fühlte sich sehr behaglich.
    Caleb erhob sich und die Gespräche verstummten.
    »Mein Neffe, der Sohn meines Bruders, isst heute mit uns. Mitten in einem Unwetter kehrt er zu uns zurück. Einige seiner Brüder ruhen in der Erde, ebenso wie einige meiner Brüder. Und andere, die jetzt nicht hier sind, wird er eines Tages kennenlernen, sofern sich dieser Sturm legt. Er ist der siebte
Sohn eines siebten Sohnes − und noch viel mehr. Sein Erbe ist reich. Möge er es mehren zum Wohle derer, die nach ihm kommen. Sein Vater, der uns so lange schon fehlt, kann nicht bei uns sein. Aber seine Mutter wird ihm heute Abend seinen Namen geben.«
    Alle Augen, vor allem die von Henry, richteten sich auf Hyazinth. Sie erhob sich langsam und lächelte, aber ihre Augen waren traurig.
    »Ich habe diesen Sohn lange vermisst und ich wusste nicht, was aus ihm geworden war. Ebenso wie mir unbekannt ist, was aus seinem Vater wurde. Aber nun weiß ich zumindest etwas und ich danke der Vorsehung − auch dafür, dass sie meinen Sohn als Kind davonführte. Denn er hat uns einen lange verschollenen Bruder und Onkel zurückgebracht.«
    Dotty kamen die Tränen, und Hyazinth fuhr fort:
    »Ein Name ist dazu da, seinen Träger zu prägen und ihm die Richtung zu weisen. Sein Schicksal zu bestimmen. Doch mein Sohn hat seine Bestimmung bereits gefunden. Dies ist nicht die Taufe eines Kindes. Es ist die Taufe eines jungen Mannes, der seinen Weg bereits eingeschlagen hat. Sein Name soll nach wie vor Henry lauten, denn es ist ein guter Name. Er ist nicht bei uns, sondern im Haus eines fremden Vaters aufgewachsen, dem Nachkommen einer anderen Familie. Das hat ihn geprägt und ist mit seiner Geschichte verwoben. Daher soll er den Nachnamen tragen, den die fremden Väter trugen. Sein Name soll Henry York sein. Und dennoch fehlt ihm ein weiterer Name. Der Name, der ihm Stärke verleihen wird, der Strom, der seine übrigen Namen in die Welt hinaustragen wird.«

    Jetzt schob Großmutter Anastasia ihren Stuhl zurück und erhob sich schwankend. Sie war schwach, aber sie sprach entschlossen:
    »Dies ist Henry York, der siebte Sohn des Mordechai Westmore, dem siebten Sohn des Amram Iothric, seit Generationen getreu dem Alten König; seit Generationen Besteller des Erdbodens, Gatte des Meeres. Durch ihn sollen die Königreiche neu geboren werden. Durch ihn soll die Erde Heilung finden für ihre verborgenen Wunden. Er soll kein Mann des Blutes sein, auch wenn er es vergießen wird. Er soll kein Mann des Zornes werden, auch wenn

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