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Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Fluch der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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diesen abscheulichen Zauber loswirst.« Nach allem, was er in seiner Kindheit durchgemacht hatte, verdiente er ein glückliches, friedvolles Leben.
    Die Traurigkeit in Raffaels Augen erschreckte mich. Hing er so sehr an seinem perfekten Aussehen, dass er nicht bereit war, diesen widerlichen Körpermantel abzulegen? Ein Hauch von Abscheu wand sich meine Eingeweide entlang.
    »Sanctifer hat vorgesorgt. Er wollte sicherstellen, dass sein Plan auch dann aufgeht, wenn er den Angriff nicht überleben sollte«, begann Raffael zu erklären. Sein besänftigender Tonfall hätte jedes wilde Tier gezähmt, doch ich spürte, wie unglaublich wütend er war. »Er war fest davon überzeugt, dass ich als Engel wiedergeboren werde. Deshalb hat er den Zauber so tief mit mir verwoben, dass ich ihn nicht ablegen kann.« Was bedeutete, dass auch die dunklen Engel überleben würden, falls Sanctifer recht behielt.
    Langsam, als befürchte er, ich könnte Reißaus nehmen, kam Raffael auf mich zu. »Der Einzige, der mich von diesem dämonischen Fluch erlösen kann, ist ein Racheengel.«
    Ich wich zurück. Er wollte, dass ich ihn von den Engelseelen befreite – was ihn vielleicht töten würde. Das eine konnte ich vermutlich. Doch ihn töten? Niemals!
    »Lynn, ich hatte gehofft, dass du …« Raffael verstummte und blieb eine Armlänge von mir entfernt stehen. »Aber es kann natürlich auch ein anderer Racheengel sein.« Raffael versuchte, sich weder seine Wut noch seine Verzweiflung anmerken zu lassen. Und obwohl er nur ein Freund war, brach mir das Herz.
    Mein Blick fiel durch das Fenster auf die Basilika, den Dogenpalast und die Piazzetta davor. Die Feuergeschosse hatten viele derumliegenden Gebäude in Brand gesetzt. Rauchschwaden behinderten die Sicht. Doch das, was ich sah, genügte vollkommen. Das Blutvergießen dauerte an. Erbittert kämpften die Engel der Dogin gegen Sanctifers Schattenwesen – und noch immer waren es unglaublich viele. Wenn niemand sie aufhielt, würden weitere Engel den Tod finden.
    »Die Engel, die mich zum Campanile geflogen haben, befolgen schon lange nicht mehr Sanctifers Befehle«, lenkte Raffael meine Aufmerksamkeit auf sich zurück. »Sie haben mir geholfen, mich zu dir zu bringen. Leg ein gutes Wort für sie ein, wenn du kannst. Und … und lass mich nicht im Feuer sterben.« Noch nie hatte ich größere Angst in Raffaels Augen gesehen.
    Erst jetzt bemerkte ich, was er schon vor mir erkannt hatte. Ein kaum wahrnehmbarer Hauch Qualm zog durch den Türspalt. Der Glockenturm hatte Feuer gefangen.
    Raffael kämpfte gegen seine Furcht und trat einen weiteren Schritt auf mich zu. Vorsichtig, als wäre ich zerbrechlich, berührte er meinen Arm.
    »Ich glaube nicht daran, dass ich wiedergeboren werde. Auch wenn Sanctifer ein Engel war, die Seele meines Vaters war die eines Dämons. Doch das Risiko, mich einfach sterben zu lassen, ist viel zu groß.« Raffaels Hand wanderte meinen Arm entlang und weiter zu meinem Gesicht. »Ich habe noch nie einen Engel geküsst«, murmelte er. »Doch ich habe gelesen, dass ihr Seelenenergie so am einfachsten auslöschen könnt.«
    Ich zuckte zurück, als Raffaels Mund meine Lippen berührte. Wenn die Seelen tatsächlich so tief in ihm verankert waren wie er glaubte, würde es Raffaels Todeskuss sein. Doch ich war mir nicht sicher, ob ich ihm diesen Wunsch erfüllen konnte. Nicht wegen Christopher oder weil der Kuss eines Racheengels – wie Christophers Kuss bei mir – zu gewissen Zeiten unerwartete Nebenwirkungen haben konnte. Der Zirkel der Racheengel war vollständig. Diese Gefahr bestand nicht. Mein Problem war, dass ich Raffael nicht sterben lassen wollte. Auch ich glaubte, dass er das Reich derTotenwächter nicht passieren konnte. Doch Raffael verdiente es, zu leben.
    »Bitte, Lynn«, flehte er. »Nimm Sanctifers Fluch von mir.« Seine Stimme bebte vor Verzweiflung. Sanctifer, der Schlächter der Engel, hatte sich selbst übertroffen. Die qualvollste Folter, die er jemals erschuf, hatte er seinem eigenen Sohn auferlegt.
    Mein Herz vergaß, zwei Schläge zu schlagen, bevor mein Mund Raffaels Lippen berührte. Nicht, weil ich ihn gleich küssen, sondern weil ich ihn damit vielleicht töten würde.
    Ohne dass ich nach ihnen gesucht hätte, drängten sich mir die Überreste der Engelseelen entgegen. Sie fühlten sich dunkel und kalt an, dämonisch – und würden mir ungeahnte Macht schenken.
    Mein Schatten erwachte. Panisch stieß ich Raffael zurück. Diesem Ansturm würde

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