Fluch der Engel: Roman (German Edition)
Argument, lieber frühstücken zu gehen, als mir beim Argumentieren zu helfen.
»Du bist mir keine Erklärung schuldig«, begann Christopher.
»Weil du glaubst, schon alles von Hannah erfahren zu haben?!«,fragte ich schärfer als beabsichtigt, während ich vergeblich versuchte, mir meine Eifersucht nicht anmerken zu lassen.
»Ich will nichts von ihr«, antwortete Christopher gereizt.
»Und ich nichts von Raffael oder sonst jemandem – niemals!«, feuerte ich zurück.
Christopher presste seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Ich hoffte, dass er nur an dem Niemals zweifelte. Doch tief in meinem Herzen wusste ich, dass das nicht stimmte.
Ich seufzte. Wie sollte ich es jemals schaffen, Christopher zu hintergehen, wenn mir schon das Herz brach, sobald ich sah, wie er seine Eifersucht bekämpfte? Was ich vorhatte, würde ihn verletzen – vielleicht mehr, als Sanctifer das jemals tun konnte.
Christopher spürte, dass auch ich gegen meine Gefühle ankämpfte. Sanft zog er mich in seine Arme. Die kostbare Wärme, die ich so sehr brauchte, kehrte zurück und hüllte mich in vertraute Sicherheit, die es nur bei Christopher gab.
»Wir sollten nicht gegeneinander, sondern miteinander kämpfen, wenn wir dem Rat die Stirn bieten wollen.« – Oder Sanctifer , ergänzte ich im Stillen, strich den Gedanken jedoch sofort wieder aus meinem Gedächtnis, da ich diesen Weg ohne Christopher gehen musste. Aber noch war es nicht so weit, und bis dahin wollte ich an nichts denken, das versuchte, uns auseinanderzubringen.
Dass ausgerechnet Aron der Erste sein würde, damit hatte ich allerdings nicht gerechnet. Mein Kletterparkdesaster – und vermutlich auch mein Versagen bei seinem Nicht-an-Christopher-denken-Unterricht – veranlasste ihn dazu, mein Flugtraining zu streichen. Statt mit Christopher sollte ich die Wochenenden in Zukunft im Schloss der Engel mit Üben und Lernen verbringen.
Als ich Christopher die Hiobsbotschaft überbrachte, reagierte er völlig anders, als ich erwartet hatte. Anstatt zu Aron ins Schloss zu stürmen, erinnerte er mich an die bevorstehenden Osterferien, die ich mit ihm bei meinen Eltern in Italien verbringen wollte.
»Wenigstens gibt es jetzt keinen Grund mehr, Arons Verbot einzuhalten.« Christophers beunruhigend warmer Unterton ließmein Herz schneller schlagen. Und noch bevor ich begriff, was er damit meinte, legte sich sein Mund besitzergreifend auf meine Lippen.
Arons Verbot zu brechen berauschte uns beide. Entschlossen hielt ich Christophers Engelskräften stand – zumindest versuchte ich es. Wenn ich schon ein ganzes Jahr auf ihn verzichten musste, wollte ich wenigstens nicht länger ungeküsst bleiben.
Trotz oder vielleicht gerade wegen des Christopherentzugs war meine Motivation, Arons schmutzigen Schlaftrick zu enträtseln, gigantisch. Dennoch kam ich dem Geheimnis keinen Schritt näher, obwohl Aron so gut wie nichts anderes mit mir trainierte als Verknotübungen auf dem Burghügel. Selbst am Wochenende. Es half nicht. Im Gegenteil.
Nach Arons x-tem Gedankentritt verwandelte sich mein Eifer in ungesunde Verbissenheit. Schließlich trieben mich Wut und Selbstzweifel in die Flucht. Ohne ein Wort zu verlieren, stürmte ich aus dem Lindenkreis Richtung See. Noch ein weiterer Angriff, und ich hätte mich auf Aron gestürzt. Grausamkeit – zumindest fühlte sich das Training inzwischen so an – unter dem Deckmäntelchen Unterricht zu verstecken war clever, aber nichts Neues. Doch im Moment hielt ich keiner weiteren Folter stand. Mein Kopf war gefüllt mit Christopher und grässlichen Monstern, die meine Liebe zu ihm auffraßen.
Was, wenn ich es nicht schaffte? Wenn Aron sich täuschte? Wie sollte ich Christopher aus meinen Träumen ausschließen und Sanctifer widerstehen, wenn ich schon bei meinem Tutor versagte, der mir erklärte, worauf ich achten musste? Aron überschätzte mich. Den mächtigen Racheengel in mir suchte er vergebens. Ich war der Fauxpas, das Missgeschick. Christopher würde seinen Fehltritt, der mich zum Racheengel gemacht hatte, bald bitter bereuen.
Verzweifelt lief ich zu der kleinen Kapelle am See. Ich sehnte mich nach ein wenig Schutz und Geborgenheit – und nach Christopher. Er war oft in die von Engelsmagie umgebene Kapelle gegangen,um sich zu versichern, ein Engel und kein Monster zu sein.
Doch ich kam gar nicht bis ins Innere der Kapelle. Susan, einen Strauß weißer Tulpen in den Händen haltend, blockierte die Eingangstür.
»Ist dein
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