Fluch der Engel: Roman (German Edition)
Enttäuschung brauchst«, fuhr er fort, »kannst du dir natürlich gerne eine Waffe zusammenbasteln.«
Arons Gespür für meinen Gemütszustand war unschlagbar, mein Misserfolg vorhersehbar.
Trotzig bemühte ich mich, wenigstens irgendetwas hervorzuzaubern. Inzwischen hielt selbst der ängstliche Markus ein messerförmiges Gebilde in der Hand.
Als Aron bemerkte, dass ich zunehmend ins Blickfeld der Engelschüler geriet, beendete er meine vergebliche Bemühung.
»Genug für heute. Zieh deine Flügel ein und geh schlafen. Morgen wartet ein anstrengender Tag auf dich.«
Aron schickte mich zurück zum Schloss. Er selbst hatte Oktavian versprochen, sich noch ein wenig um die Engelschüler zu kümmern, die noch weiterüben sollten. Dass ich trödelte, um auf das Pulsieren der Himmelslichter zu lauschen, und im Schlosspark auf Susan traf, die ebenfalls den magischen Sternchen nachspürte, entging ihm. Mit ihrer silberhellen Stimme schrie sie erschrocken auf, als ich sie aus Versehen anrempelte, weil ich die Augen geschlossen hielt.
»Kannst du nicht aufpassen?!«, fauchte sie. »Aber nein, dich kümmert es ja nicht, wenn jemand deinetwegen verletzt wird.«
»So wie wer?«, hakte ich nach. Ich war mir nicht sicher, ob sie von meinem Dolchangriff auf Aron wusste, und setzte auf Ablenkung. »Oder sprichst du vielleicht von dir?«
»Das geht dich nichts an«, antwortete sie und machte auf dem Absatz kehrt. Ich ließ sie nicht entkommen. Eine zweite Gelegenheit, Frieden mit ihr zu schließen, bekam ich vielleicht erst wieder in einem Jahr.
»Wenn du mir schon vorwirfst, gefühllos zu sein, dann will ich wenigstens wissen, was ich dir getan habe.«
»Warum? Wo du doch nur Rache und keine Reue kennst?!« Susans Schlag traf. Doch auf eine Niederlage mehr oder weniger kam es heute nicht an.
»Ist es wegen dem, was ich Markus angetan habe?«, fragte ich in der Hoffnung, das Aron-Thema auslassen zu können.
»Auch. Aber da Markus anscheinend vergessen will, dass du ihngekidnappt und ins Verlies geschleppt hast, steht es mir wohl kaum zu, dich deshalb zu verurteilen.«
Susans Geständnis erleichterte mich, doch meine Freude über Markus’ schwindende Angst hielt nicht lange an. Susans hellblaue Augen glühten im selben Farbton wie Sanctifers Gletscheraugen, wenn er wütend wurde – oder unberechenbar. Ich bemühte mich dennoch, ruhig zu bleiben. Der Racheengel war jetzt nicht gefragt – und schon gar nicht sein Schatten.
»Dann ist es wegen Aron. Weil ich so viel Zeit mit ihm verbringe.«
Aus Susans Augen schossen unzählige Giftpfeile. »Aron erledigt nur seine Aufgabe wie jeder andere Tutor im Schloss. Ihm vorzuwerfen, aus dir ein mitfühlendes Wesen machen zu wollen, wäre nicht fair.«
Susans Augen verschwammen hinter einem zarten Tränenschleier. Sie log. Doch sie fasste sich schnell wieder. Im Gefühleverstecken war sie inzwischen wohl ziemlich geübt.
»Dass du allerdings nicht auf das Naheliegende kommst, wundert mich nicht. Aber falls du irgendwann begreifst, warum ich dich … du mir zuwider bist, verstehst du vielleicht, weshalb ich nicht mehr mit dir befreundet sein möchte.«
Susan trat den Rückzug an. Ich schnappte mir ihr Handgelenk und hielt sie fest – ein Fehler, wie sich schnell herausstellte. Susan war eine der Ersten, denen es gelungen war, eine Waffe zu weben. Mit ausgebreiteten Flügeln stand sie im Licht ihres fahlgelben Engelschwerts und funkelte mich böse an.
»Lass. Meine Hand. Los!« Der grimmige Unterton war neu.
»Damit du mir nicht die Wahrheit erzählen musst?« Mutig ließ ich meine Finger, wo sie waren. Susan würde mir nichts tun. Sie war ein Schutz- und kein Racheengel.
Meine Einschätzung klang vernünftig – Susan war es nicht. Kurz bevor die helle Klinge meinen Arm berührte, brachte ich mich mit einem Abduckmanöver in Sicherheit. Ich entschuldigte ihren Angriff mit dem Argument, dass sie sich nur von dem Griff einesklauenbewehrten Racheengels befreien wollte. Doch Susan setzte nach. Drohend stand sie über mir.
»Hast du Angst, Racheengel? Wie du siehst, kannst nicht nur du verletzend sein.«
Ich hechtete aus der Gefahrenzone ihres Schwertes, in der Hoffnung, dass sie früher oder später zur Vernunft kommen würde. Meine Flucht feuerte sie an. Fassungslos beobachtete ich, wie die fahlgelbe Waffe sich ihren Weg durch den dunklen Nachthimmel bahnte. Der Schlag war präzise geplant, vorhersehbar. Doch ich war zu perplex, um rechtzeitig auszuweichen.
Ein brennender
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