Fluch der Engel: Roman (German Edition)
Engelsmagie.
»Und wenn ich ausflippe, dich angreife und nach draußen stürme, um meine Waffe auszuprobieren?«
»Dann werde ich eben schneller sein müssen als du«, erwiderte Aron gelassen.
Ich vertraute darauf, dass er das war, breitete meine Flügel aus und überließ mich meinen Instinkten. Lauschte dem sanften Pulsieren und wartete, bis sich mir das Geheimnis der Engelsmagie enthüllte. Und obwohl ich die winzigen Sterngebilde sehen konnte, gelang es mir nicht, sie zu etwas Greifbarem zu verdichten. Immer wieder entschlüpften mir die flüchtigen Partikel.
»Fühle den Takt der Himmelslichter. Zwinge sie nicht, deinem Rhythmus zu folgen, sondern folge ihrem «, leitete Aron mich an.
Ich schloss die Augen und hörte, fühlte, versuchte meinen Atem dem Pulsieren anzupassen. Doch je mehr ich mich bemühte, umso sanfter pulsierten die Himmelslichter. Schließlich erlosch der letzte Schimmer.
»Du weißt, warum du versagst?« Aron sah mich prüfend an.
Ich nickte und wich seinem Blick aus. Ja, das wusste ich ganz genau. Das irisierende Leuchten der Himmelslichter erinnerte mich viel zu sehr an Christopher. Seine Flügel besaßen denselben außerirdischen Schimmer – und wie so oft waren meine Gedanken zu ihm gewandert.
»Weißt du, wie es Christopher geht?«
Arons Miene verdunkelte sich. Ein »Gut« kam ihm über die Lippen, das ich ihm nicht abnahm.
»Was meinst du mit gut ?«
»Er ist unterwegs«, antwortete Aron vage.
»Und was genau bedeutet unterwegs ?«
»Nichts Ungewöhnliches für einen Racheengel.«
»Und das wäre?!« Meine Gelassenheit verabschiedete sich. Arons Versuch, mich zu beschwichtigen, bewirkte das genaue Gegenteil. Inzwischen stand ich meinem Tutor direkt gegenüber.
»Dass er seinem Jagdtrieb nachgeht.« Aron legte mir eine Hand auf die Schulter. Sicher, damit ich nicht aus der Einsiedelei stürmte, um Christopher zu suchen. »Aber ich bin mir sicher, dass Coelestin ihn wieder zur Vernunft bringen wird.«
»Ein ganzes Jahr lang? Wie willst du Christopher davon abhalten, wenn er, anstatt Monster zu jagen, versucht, mich aufzuspüren?«
»Das verrate ich dir, sobald du es schaffst, meinem Angriff zu widerstehen, ohne das Bewusstsein zu verlieren.«
Wie ich das zustande bringen sollte, erklärte Aron mir allerdings nicht. Dass es von enormer Wichtigkeit war, bekam ich an den folgenden Tagen zu spüren.
Anstatt sich zurückzunehmen und mir eine Chance zu geben, intensivierte Aron seine schmerzhaften Übergriffe. Doch sosehr ich mich auch dagegen wehrte, es gelang mir nicht, dem Blackout zu entkommen.
Am Tag, bevor Aron mich nach Venedig bringen wollte, brach er schließlich das Training ab.
»Genug. Es ist sinnlos, dich ein weiteres Mal in die Ohnmacht zu treiben.« Er klang frustriert – und ziemlich besorgt. Sein Plan setzte auf Widerstand, nicht auf Ohnmacht.
»Und wie soll ich dann …«
»Sanctifer widerstehen? Das sage ich dir, sobald es an der Zeit ist.«
Obwohl ich mich nach Arons Dauerangriff wie zweimal verstorben fühlte, erreichte ich die Tür vor ihm. Mich noch länger hinzuhalten, würde Aron nicht gelingen.
» Zeit habe ich keine mehr. Wir fahren morgen nach Venedig. Oder hast du das vergessen?«
»Nein, das habe ich nicht. Und gerade deshalb solltest du dich heute noch ein wenig ausruhen. Christopher hat einen Blick für dunkle Schatten unter den Augen. Wenn er dich zu Gesicht bekommt, wird er es dir kaum abnehmen, frisch verliebt zu sein.«
Ich wurde hellhörig. Der Zusatz frisch beunruhigte mich. »Was genau meinst du mit frisch verliebt ?!«
»Das erkläre ich dir auf der Fahrt.«
Angriffsbereit blockierte ich die Tür, obwohl ich wusste, dass ich in meiner miesen Verfassung keine Chance gegen Aron hatte. Doch ich hatte in letzter Zeit mehr gelitten, als ich ertragen konnte, hatte mich Arons Führung untergeordnet, ihm vertraut, dass er das Richtige tat, so schmerzhaft es auch war. Ich hatte mirimmer und immer wieder eingetrichtert, es für Christopher zu tun – für uns. Doch jetzt war meine Geduld am Ende.
»Was meinst du mit frisch verliebt ?!«, wiederholte ich. Meine Stimme bebte vor Zorn.
»Du legst es auf eine Auseinandersetzung an? Obwohl du kaum noch geradeaus schauen kannst?«
Ich nickte. Ja, ich war mehr als entschlossen, endlich eine Antwort aus meinem Tutor herauszuquetschen.
»Wie du willst.« Aron presste seine Lippen zu einem geraden Strich zusammen. Was er mir zu sagen hatte, gefiel ihm nicht. Dennoch lenkte er ein. »Setz
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