Fluch der Engel: Roman (German Edition)
mir das Herz. Maßlose Enttäuschung spiegelte sich in ihm. Er liebte mich, doch er glaubte, mich verloren zu haben. In seinen Augen beschützte ich nicht ihn,sondern Aron. Sein nächster Hieb hätte ihm den Sieg gebracht. Die Konsequenzen, seinen Freund zu verletzen, während Desdemona auf der Bühne ihre letzten Worte hauchte, weil ihr Geliebter sie erdrosselte, waren für Christopher bedeutungslos – für Aron allerdings nicht.
Krachend schlug die Tür gegen die Rückwand der Loge. Arons Flügel verschwanden. Ein Trupp bewaffneter Engel drängte auf den schmalen Balkon. Allen voran Nagual, der Racheengel mit den goldfarbenen Augen. Böse schaute er auf mich herab, während die anderen Engel Christopher entwaffneten.
»Offenbar habe ich mich in dir geirrt. Ich hielt dich für ehrenhaft«, blaffte er mich an.
Aron drängte sich zwischen uns und schob mich aus Naguals Reichweite. Der Riss in seinem Flügel war wohl doch nicht so schlimm, wie ich angenommen hatte. Sonst wäre es ihm wohl kaum gelungen, seine Schwingen so schnell einzuziehen, ohne ein Zeichen von Schmerz auf seinem Gesicht zu hinterlassen.
»Es ist nicht unehrenhaft, einen Irrtum zu erkennen und sein Herz einem anderen zu schenken«, zischte er laut genug, damit auch Christopher es hören konnte.
Christophers Blick fand mich. Ich wandte mich ab und suchte Schutz bei Aron. Christopher zu täuschen und ihm dabei in die Augen zu sehen, schaffte ich nicht. Er hätte erkannt, dass ich nicht ihn, sondern mich selbst betrog.
Kapitel 15
Ein wohlgehütetes Geheimnis
A ron kam ungeschoren davon, schließlich war er der rechtschaffene Sohn zweier Engel und Christopher ein von einem dämonischen Schatten beherrschtes Monster.
Wie betäubt ließ ich mich von Naguals Wachen in das unweit des Dogenpalastes gelegene Apartment bringen, das der Rat mir seit meiner bestandenen Engelprüfung zur Verfügung stellte. Erst als die Tür ins Schloss fiel und Aron meinen apathischen Körper zu sich umdrehte, um mich darüber aufzuklären, was gerade eben passiert war, meldete sich mein Widerstand.
»Du hast deine Rolle hervorragend gespielt«, lobte Aron.
»Du hast es darauf angelegt, dass Christopher dich herausfordert?«, zischte ich völlig außer mir.
»Wenn ich dir alles vorher erzählt hätte, wärst du niemals darauf eingegangen.«
Aron kannte mich gut, aber nicht gut genug. Meine Hand klatschte in sein Gesicht. Verblüfft taumelte er zurück. Ein erstickter Laut drängte aus seiner Kehle, als sein Rücken gegen die Wand prallte. Offenbar war der Riss in seinem Flügel doch nicht so harmlos. Allerdings war mir Arons Befinden im Moment ziemlich egal. Entschlossen packte ich ihn an den Schultern und zwang ihn, mich anzusehen.
»Was haben sie mit ihm vor? Wohin hat Nagual ihn gebracht?!« Die Bilder aus meinen schlimmsten Albträumen stürmten auf mich ein. Christophers blutüberströmter Rücken, seine abgeschlagenen Flügel in lodernden Flammen und Sanctifers diabolisches Grinsen, während sein Schwert auf Christophers Herz zielte.
Auf wessen Seite stand Aron eigentlich?
Blind vor Sorge um Christopher und unfähig anzuerkennen, was Aron in den letzten Monaten für mich getan hatte, presste ich ihn gegen die Wand. Er keuchte vor Schmerz – ich drückte weiter.
»Lynn, bitte …«, quetschte Aron zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Lass es mich erklären.«
»Was erklären? Dass du Christopher in Sanctifers Hände getrieben hast?!« Meine Stimme überschlug sich.
»Er ist … in Sicherheit«, röchelte Aron. »An dem einzigen Ort, wo Sancti…fer ihm … nichts tun kann.«
»Und wo soll das sein?«
»In der … Basilika.«
Ich ließ ihn los. Aron kippte nach vorn, stützte sich auf seinen Knien ab und zwang den Schmerz zurück. Ich sah ihm an, dass er litt, aber er würde auch ohne mich zurechtkommen.
Doch Aron war zäh. Seine Augen nahmen einen tiefschwarzen Farbton an, als sich seine Schwingen hinter ihm ausbreiteten. Noch bevor ich die Tür erreichte, blockierte er mir den Weg – mit seinem weißen Engelschwert. Entschlossenheit blitzte in seinem Gesicht auf.
»Wenn es sein muss, kämpfe ich auch zweimal am Tag gegen einen Racheengel. Geh rüber und setz dich aufs Sofa.« Arons Stimme klang rau vor unterdrücktem Schmerz.
»Warum? Damit du mir erzählen kannst, wie du mich benutzt hast, um Christopher in aller Öffentlichkeit bloßzustellen? Den Rat wird das nicht kaltlassen«, antwortete ich bitter.
»Das hoffe ich.«
Arons
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