Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Fluch der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
Vom Netzwerk:
dich, dann erzähle ich dir, wo und wie ich Christopher erklären werde, warum du ihn nicht mehr sehen willst.«

    Das Opernhaus war einzigartig. Selbst der Name La Fenice – der Phönix – passte zu diesem magischen Ort. Ähnlich wie sein mehrfach abgebranntes Ebenbild im Venedig der Menschen lag es im Herzen der Stadt, in der Nähe des Dogenpalastes.
    Obwohl ich wusste, dass Christopher nicht hier war, stand ich mit feuchten Händen und Herzrasen in meiner dunkelrot ausgeschlagenen Loge und suchte das Theater nach ihm ab. Verschnörkelte, mit weißen Büsten und Gold verzierte Balkone und Decken – wie das bei den Engeln offenbar Standard war – schmückten den hohen, von einer flachen Kuppel überspannten Raum. Filigrane Wandleuchten aus Glas zwischen den abgetrennten Logen und ein gigantischer Deckenlüster erhellten den Saal mit ihrem warmen Licht.
    Vergeblich versuchte ich, in jede der unzähligen, über fünf Geschosse verteilten Logen einen Blick zu werfen. Christopher war nicht hier. Aron war klug genug, ihm in einer anderen Welt mitzuteilen, dass ich mir lieber mit ihm bei den Engeln Otello als mit Christopher im Menschenvenedig Dornröschen ansah.
    Ursprünglich wollte Aron mich mitnehmen. Dass sein Plan bei mir nicht besonders gut ankam und er mehrere Stunden brauchte,um mich wieder zu beruhigen, hatte ihn umdenken lassen. Offenbar war er zu dem Schluss gekommen, dass ich mich an Christopher geklammert hätte, anstatt mit ihm in die Welt der Engel zurückzukehren. Ich sah das anders, weil ich nicht vorhatte, in letzter Sekunde einzuknicken. Doch Arons Entscheidung stand fest, und ohne Wächterband blieb mir nichts anderes übrig, als hierzubleiben.
    Der schwere Samtvorhang erhob sich, die Vorstellung begann. Ich ließ mich auf einen der beiden brokatbezogenen Sessel sinken. Aron hatte eine Loge nur für uns beide reserviert. Sicher, damit alle sehen konnten, wie schnell ich meine Liebhaber wechselte, wenn er zurückkam und hier mit mir Händchen hielt.
    Otello betrat die Bühne, sein Volk jubelte ihm zu. Eine Schlacht war gewonnen, doch sein größter Kampf stand ihm noch bevor. Unfähig, der Liebestragödie von Otello und Desdemona meine volle Aufmerksamkeit zu schenken, geschweige denn dem dramatischen Auf und Ab der Musik, ließ ich meine Gedanken schweifen. Desdemona klang in meinen Ohren wie Dämonin . Gut möglich, dass der Verfasser des Stückes ein Engel war oder zumindest ihre Welt gut kannte. Doch der Name bedeutete auch die vom Schicksal verfolgte . Am Ende würde sie sterben, erdrosselt von ihrem Liebsten, angestachelt vom Bösewicht der Geschichte. Würde auch ich sterben? Bei Sanctifer?
    Ich schob den Gedanken beiseite und widmete mich wieder Otello. Jago, der heimtückische Ränkeschmied, trällerte gerade sein Credo des Bösen – wie passend. Genervt und noch beunruhigter, als ich das sowieso schon war, verließ ich die Loge. Aron wollte spätestens zu Beginn der Vorstellung hier sein. Was war so kompliziert daran, Christopher zu erklären, dass ich ihn nicht mehr liebte?
    Tränen stahlen sich in meine Augen. Entschlossen wischte ich sie weg. Ich war ein Racheengel. Ich sollte nicht weinen, sondern daran glauben, dass Christopher mir verzieh, wenn ich zurückkam und ihm die Wahrheit erzählte.
    Doch würde er das? Konnte er mir diesen Verrat jemals verzeihen?
    Noch mehr Tränen drängten hervor. Die Tür einer der Logen öffnete sich, weitere folgten. Der zweite Akt war zu Ende. Ich versteckte mich in einer der Toiletten und wartete, bis die Pause vorbei war, bevor ich mich wieder auf meinen brokatbezogenen Logenplatz verkrümelte.
    Otello strebte dem Höhepunkt seiner Eifersucht entgegen. Ich schloss die Augen und dachte an Christopher. Seine wütende Stimme schreckte mich auf.
    »Das soll sie mir selbst sagen!« Mit hell blitzenden Augen stieß er die Tür auf und stürmte in die Loge, dicht gefolgt von Aron.
    Erschrocken kauerte ich mich tiefer in den Sessel. So wütend hatte ich Christopher selten gesehen. Seine Kiefer malmten vor unterdrücktem Zorn, tiefe Falten standen auf seiner Stirn. Doch das Schlimmste waren seine Augen: flammende Jade.
    Mit einem gezielten Griff riss er mich aus dem Stuhl. Seine Finger an meinem Handgelenk schmerzten, doch ich wehrte mich nicht. Christopher hatte jeden Grund der Welt, eifersüchtig zu sein.
    »Ist es wahr? Liebst du ihn?«
    »Ich … wir … Aron und ich …«, verloren suchte ich nach den richtigen Worten.
    Aron kam mir zu Hilfe, befreite

Weitere Kostenlose Bücher