Fluch der Engel: Roman (German Edition)
niemandem!«
Mein kleiner Wutausbruch schien Nagual zu beeindrucken. Zumindest glaubte er mir meine Geschichte, wie das Aufblitzen seiner Flügel bewies. Er war wütend, auf Christopher, weil er glaubte,hintergangen zu werden – was ein Racheengel wie er natürlich nicht auf sich sitzen lassen konnte. Blöd nur, dass ich das einzige Wesen in seiner Nähe war.
Sein Zorn traf mich mit voller Wucht. Der Stoß in die Rippen, der mich an die nächste Wand schleuderte, raubte mir den Atem. Naguals goldfunkelnde Augen tauchten keine Handbreit vor mir auf. Seine Hände tackerten mich an der kalten Steinmauer fest. Wenigstens ließ er seine Klauen stecken.
»Und was genau heckst du hinter deiner so harmlosen Fassade aus? Versuchst du, mich gegen Christopher aufzubringen? Damit ich mich dir anschließe?« Nagual ließ mich so plötzlich los, wie er mich angegriffen hatte. »Der Rat hat recht. Du bist gefährlich. Aber mich kannst du mit deinen braunen Kulleraugen nicht so schnell hinters Licht führen. Oder glaubst du, ich hätte nicht bemerkt, wie du in der Basilika versucht hast, mich zu becircen?«
Ich schnappte nach Luft. Nagual zu becircen war das Letzte, was ich wollte. Er jedoch definierte mein Atemholen als Eingeständnis meiner Schuld.
»Ich warne dich. Beim nächsten Mal werde ich keine Rücksicht mehr darauf nehmen, dass du neu im Zirkel bist.«
Grob stieß er mich aus dem Raum und jagte mich durch weitläufige Gänge tiefer hinein in die Krypta der Basilika. Schließlich hielt Nagual in einem niedrigen Raum vor einem mit Engelsmagie versiegelten Flur.
»Ich hoffe, du hast keine Probleme beim Passieren«, sagte er mit einem Grinsen, während er mir ein Zeichen gab, weiterzugehen. Sein Grinsen wurde zu einem barbarischen Lachen, als ich in die Knie sackte und eine Hand vor den Mund presste, um nicht laut aufzustöhnen. Selten zuvor hatte ich so viel Engelsmagie auf einmal gespürt. Nagual musste gewusst haben, dass sie mich umreißen würde. Und ich wagte nicht, meine Engelsenergie festzuhalten und meine Seele zu schützen, wie Aron es mir gezeigt hatte. Nagual zu verraten, dass ich das konnte, erschien mir viel zu riskant.
»Ob du es wohl ohne Hilfe bis zu Christopher schaffen wirst?«, fragte er mit einem gehässigen Unterton. »Der Rat besteht darauf, dass du ihm noch einmal in die Augen siehst, bevor er ein Urteil fällt.« Mich schauderte. Naguals Drohung hörte sich wie ein Todesurteil an.
Sechs weitere Mal schwächelte ich, bevor ich Christophers Zelle erreichte. Wie Nagual hatte auch er mich beobachtet. Im Gegensatz zu ihm begleitete Christopher mein Straucheln allerdings nicht mit einem bösartigen Lachen. In seinen Augen spiegelte sich alles, was ich nicht sehen wollte: Mitleid, Sehnsucht und unendlicher Schmerz. Ich hatte meine Rolle wohl doch nicht überzeugend genug gespielt.
»Warum bin ich hier?«, fragte ich schroff. Je schneller ich Christophers Nähe entkam, umso besser für uns beide.
»Der Rat wollte sichergehen, was meine Gefühle für dich betrifft, bevor er sein Urteil fällt.«
»Und? Zu welchem Schluss bist du gekommen?« Ätzender Spott half mir, auf Abstand zu bleiben. Doch das Stechen in meiner Brust war kaum zu ertragen.
»Dass sich bei mir nichts verändert hat«, antwortete er.
Mein Herz pausierte viel zu lange. Christophers weiche Samtstimme hatte meine verwundbarste Stelle getroffen. Um ihn zu schützen, sollte ich zurückschlagen, ihn mit Worten verletzen – doch ich blieb stumm. Und wie so oft in meinem Leben kam Christopher mir zu Hilfe.
»Liebst du mich noch?«
»Nein«, wiederholte ich die Antwort in demselben Tonfall, in dem ich Arons Frage beantwortet hatte. Ich werde dich immer lieben , flüsterte ich in Gedanken und kehrte Christopher den Rücken zu, als ich sah, wie etwas in ihm zerbrach. Ich hatte gewonnen, sein Leben gerettet, Christopher davon überzeugt, ihn nicht mehr zu lieben. Warum nur fühlte es sich so an, als hätte ich etwas Wichtiges in ihm für immer zerstört?
Kapitel 17
Bei klarem Verstand?
I ch erwachte schreiend. Aron hielt meine Arme fest, damit ich nicht länger um mich schlagen konnte.
»Lynn, wach auf, du träumst. Lynn, es ist nur ein Traum«, redete er beruhigend auf mich ein, während er mich auf mein Kissen zurückdrückte.
»Lass mich los, ich muss zu ihm! Das war kein Traum. Ich konnte Christophers Zorn spüren, als wär’s mein eigener. Er wird sich in ein Monster verwandeln.«
Trotz meiner heftigen Gegenwehr hielt Aron
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