Fluch der Engel: Roman (German Edition)
Christopher und ich uns wiedersehen durften.
»Birgt Nebenwirkungen«, warnte Aron. »Solange der menschliche Teil in dir noch lebt, gibt es nur ein Mittel, das dich davor bewahrt, in eine Ohnmacht zu flüchten, sobald du körperlichem Schmerz ausgesetzt bist.« Aron sah mich mit traurigen Augen an. »Allerdings handelt es sich dabei nicht um einen einfachen Kräuteraufguss, sondern um einen mit Engelsmagie gewobenen Bann.«
»Lass mich raten«, unterbrach ich ihn. »Der Racheengeln verboten ist.«
»Zu weben, ja. Auf sich zu nehmen, nicht unbedingt.« Erneut traf mich ein mitleidsvoller Blick. »Um dich dauerhaft zu schützen, musst du den Bann jedoch bei dir tragen.«
»Dann nichts wie her damit.« Schließlich wollte ich ja langfristig geschützt sein.
Aron schüttelte den Kopf. »Bevor ich ihn dir gebe, solltest du die Nebenwirkungen kennen. Denn der Zauber stärkt nicht nur deine körperliche Abwehr, sondern auch dein Dämonenerbe.«
Mir wurde schlecht, als ich begriff, was er damit meinte. Sollte Aron sich irren und Sanctifer es doch gelingen, mich in meinen Schatten zu zwingen, würde ich nicht so leicht wieder zurückfinden – falls mir das ohne Christopher überhaupt gelang.
Aron kramte das kleine, von einem silbernen Netz umsponnene Fläschchen hervor, das er schon einmal dabeihatte.
»Ich habe heute nur ein winziges Stück mitgebracht, um die Wirkung noch einmal zu testen.« – Um mich zu testen. »Sieh genau hin, wenn ich es heraushole.«
Vorsichtig öffnete Aron das Fläschchen und schüttete etwas in den Deckel – für mich blieb er leer.
»Beobachte und fühle, was passiert, wenn ich es berühre!«
Ein kaum wahrnehmbares Schimmern blitzte auf. Doch außer einem leichten Kribbeln, das aber auch von dem Kandierte-Nüsse-auf-Panna-cotta-Duftstammen konnte, spürte ich nichts, als Aron mich den Schimmer einatmen ließ.
»Und? War das alles?«, fragte ich.
»Oberflächlich betrachtet, ja. Was deinen Widerstand betrifft, hoffentlich nicht. Komm mit.«
Aron befehligte mich in den Trainingsraum und bat mich, auf der Yogamatte Platz zu nehmen. Mein Magen kribbelte nervös, als er einen Gummiball aus einer der Schubladen hervorholte und mir zwischen die Zähne stopfte – damit ich nicht schreien konnte.
Sein Angriff schmerzte heftig. Ich verbiss mich in den Gummiball und presste meine Hände auf den Boden, um meine Klauen besser zurückhalten zu können. Aron hatte mir verboten, meine Engelseele zu schützen. Er wollte sicher sein, dass der Bann und nicht meine Engelskräfte wirkten. Und obwohl er spürte, dass ich ihm nicht mehr allzu lange standhalten konnte, blieb er hartnäckig. Stetig forcierte er die Energie der Himmelslichter und trieb mich an den Rand meiner Leidensfähigkeit. Normalerweise erlöste mich Aron oder ein schwarzes Loch an diesem Punkt – doch dieses Mal weckte der Schmerz meine Schattenseite.
»Schütze deine Engelseele«, erlaubte Aron mir, kurz nachdem sich meine Spangen aktiviert hatten und meine gekrümmten Finger an seiner Gurgel lagen.
Trotz meines Angriffs rührte Aron sich keinen Millimeter. Er ließ mir Zeit, damit ich selbst die Notbremse ziehen konnte. Denn nur wenn mir das ohne Hilfe gelang, konnte ich mein dämonisches Erbe besiegen, sobald Sanctifer versuchte, meine Schattenseite heraufzubeschwören.
Entsetzt, meinem Dämonenerbe nachgegeben zu haben, und zugleich erleichtert, dass ich es bezwungen hatte, sackte ich auf die Matte zurück. Den Gummiball hatte ich längst ausgespuckt. Doch anstatt mich freizugeben, attackierte Aron mich erneut.
»Schmerzen?«, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen, als ich seinen Angriff nicht mit Zähnezusammenbeißen, sondern mit Engelsmagie und einem Kopfschütteln beantwortete.
»Nein. Schließlich hat mir mein Tutor inzwischen erlaubt, meine Seele zu schützen.«
»Was du dir bei Sanctifer auf keinen Fall anmerken lassen darfst«, zischte Aron. Sein Aufbrausen erschreckte mich.
»Und was soll ich deiner Meinung nach tun? Meine Energie freigeben, damit ich den Schmerz wieder spüren kann?«
Aron verdrehte die Augen. »Das, liebe Lynn, ist das Allerletzte, was du tun solltest, wenn Sanctifer versucht, deine dämonische Seite heraufzubeschwören. Was ich sehen will, ist, wie du ihn täuschst, wenn er dich angreift, und du ihm zeigst, wie sehr du LEIDEST.« Beim letzten Wort betonte Aron jeden einzelnen Buchstaben.
Aber anstatt die Leidende zu mimen, brach ich in lautes Gelächter aus. Arons Miene blieb finster.
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