Fluch der Hestande
dunkelroter Stein, dessen Feuer in einem meisterlichen Schliff funkelte und gleißte.
»Es muß das Schwert eines Königs sein«, flüsterte Mythor und wollte danach greifen, doch der Schrat schob seine Hand beiseite.
»Raegeseder würde nicht dulden, daß jemand außer mir eine Waffe in der Hand hält… hier unten. Laß deine Augen dein Kriegerherz befriedigen. Ich weiß nicht, ob es die Klinge eines Königs ist, aber es ist ein Aegyr-Schwert…«
»Wer sind diese Aegyr? Ich habe den Namen oft gehört.«
»Dies war einst ihr Land«, erklärte Fryll. »Der Wald, die Wüste, die Seen… alles. Da gab es noch nicht diesen Nebel. Da war ALLUMEDDON noch nicht gewesen. Verglichen mit den Kreaturen, die heute diese Zone des Schreckens wandeln, war jeder einzelne Aegyr ein König. Aber ALLUMEDDON löschte dieses mächtige Geschlecht aus. Sie waren große Krieger und große Magier. Aber selbst sie waren den dunklen Gewalten nicht gewachsen…«
»ALLUMEDDON…?« wiederholte Mythor nachdenklich.
»Das Ende der alten Welt… ein großer. Krieg. Weißt du auch das nicht?«
Mythor zuckte die Schultern. »Nein. Mein Geist ist leer und voller Abgründe. Wann war ALLUMEDDON?«
»Es ist nicht lange her. Aber Zeit bedeutet nicht viel im Wald, und noch weniger, seit die Sonne ihre Strahlen kaum noch herabschickt. Das ist Kalauns Werk. Sie nennen ihn den Herrn des Chaos. Es heißt, daß er ein abtrünniger Aegyr ist, der an der Seite der Finstermächte gegen sein eigenes Volk kämpfte.«
»Wer sind diese Finstermächte?«
Der Schrat zuckte die Schultern. »Teufel… Dämonen… Götter, die das Leben hassen. Sie müssen es hassen, wenn sie blühendes Land in solch eine Öde verwandeln. Ich verlasse den Wald nur selten. Ich weiß nicht viel von dem, was draußen geschieht.«
Der Schrat trank, und Mythor ließ sich nicht bitten. Er fühlte sich leicht und beschwingt, und die Dinge waren alle nicht mehr so bedeutungsvoll wie noch eine Stunde zuvor. Seine Augen kehrten immer wieder zum Schwert zurück.
»Aber laß uns nun von deinen Abenteuern berichten«, sagte Fryll, nachdem er die Schalen erneut gefüllt hatte. »Ich bin neugierig und ich spüre Raegeseders Neugier. Du mußt wissen, daß Yorne nicht allein war. Sie hat Geschwister, wie die Hexenbrut meist. Sie war sehr mächtig. Wer sie getötet hat, wird viele Feinde haben. Aber auch viele Freunde, denn nicht alle sind den Hexen hörig. Vor Eroice mußt du dich am meisten in acht nehmen. Sie ist die Schwester der Yorne. Ihre Reiter, heißt es, finden immer, was sie suchen. Und Ceroc, ihr Bruder…«
»Sind sie auch Aegyr?« fragte Mythor.
Der Schrat nickte zustimmend.
»Ich weiß nichts von Yorne und ihren Kräften. Und wenn nicht Ilfa mir gesagt hätte, daß die Hexe mir das Gedächtnis nahm, dann wüßte ich auch das nicht. Ich weiß nicht, wie ich in ihre Gewalt kam. Ich habe sie nur tot gesehen. Erst mit diesem Augenblick hat mein Leben begonnen, wie ich es kenne. Seitdem habe ich erfahren, daß ein Falke und ein Einhorn Ilfas Vater und seine Bande zu den Katakomben von Ugur führten, und daß es ein Wolf war, dem Ilfa zu den Kammern der Yorne folgte. Und daß mein Name Mythor ist. Weißt du etwas über diesen Namen?«
Fryll schüttelte bedauernd den Kopf.
Mythor erhob sich ein wenig schwankend. »Ilfa hat mich befreit«, sagte er und fand es ein wenig seltsam, wie unbeholfen seine Zunge war. »Wenn… wenn du mir nun deine Klinge gibst, werde ich die Reihen der grünen Teufel lichten… woran dir und der ›Krausen Tildi‹ soviel liegt, und…«
»Gemach, stürmischer Freund. Du darfst nichts überstürzen.« Der Schrat drückte Mythor wieder zurück auf die Bank. »Du solltest dich auch noch ein wenig stärken. Du wirst viel Kraft brauchen. Ich schlage vor, wir beide leeren jetzt in aller Ruhe diesen Hölzel…« Dabei deutete er auf die Holzflasche. »Und ich erzähle dir dabei, was ich über den Kral der Kruuks und über den Weg dahin weiß. Und dann ist da auch noch die Sache mit deinen Erinnerungen…«
Mythor sank bereitwillig zurück. Er hatte bemerkt, daß er nicht sehr fest auf den Beinen stand. Aber schließlich war er nur knapp dem Tod entgangen. Ja, er brauchte noch Kraft. Und bei jedem Schluck Beerenfeuer spürte er, wie die Kraft in seine Glieder floß. Und er wußte noch so wenig. Es gab noch so vieles, das der schrullige Waldbewohner ihm erklären mußte.
Doch so aufmerksam er auch lauschte, es fiel ihm immer schwerer, die Worte des Schrats
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