Fluch der Hestande
zu begreifen.
Ohne daß es ihm bewußt wurde, nickte er ein. Da war noch ein kurzer Augenblick, der ihn verwunderte, doch nicht genug, um ihn aus seiner Schläfrigkeit zu reißen. Vielleicht war es auch nur ein Traum. Er sah den Schrat über sich gebeugt, so als wollte er ihn hochheben. Und er sah, daß das Schwert vom Tisch verschwunden war. Nur Frylls Stock lag dort an seiner Stelle.
Dann sank er in den tiefsten Schlummer, seit er von Yornes Zauber frei war.
4.
Er wußte nicht, was ihn geweckt hatte; kein Geräusch, denn es war totenstill.
Aber er lag hellwach in der Dunkelheit eines ziemlich engen Raumes. Er konnte an seinem Atem hören, daß die Wände um ihn ganz nah waren. Er schwitzte, obwohl er bis auf das Tuch um die Hüften nackt war. Er spürte eine Gefahr.
Eine vage Helligkeit kam von einer länglichen Öffnung in einiger Entfernung, die er jedoch nur undeutlich erkennen konnte. Ein Hindernis befand sich zwischen ihm und der Öffnung.
Er lag eine Weile still und lauschte, bis er den Atem nicht länger anhalten konnte. Er vernahm keinen Laut, als wäre der Wald zu Stein geworden. Was seine Hände ertasteten, sagte ihm, daß er sich noch immer im Innern des Baumes befand.
Draußen bewegte sich etwas, das den Wald verstummen ließ, etwas, das dem Tod nicht unähnlich war.
Mythor versuchte sich aufzusetzen, doch das Wurzelwerk der Decke war zu niedrig. Er erkannte gleich darauf, welches Hindernis ihn von der hellen Öffnung trennte: armdicke Wurzeln, die senkrecht verliefen und ein Gitter bildeten, durch das er seine Hände schieben konnte, mehr nicht.
Er war gefangen! Fryll hatte ihn überlistet mit seinem Teufelstrank.
Aber weshalb? Weshalb rettete er ihm das Leben, um ihn hier einzusperren? Für die Hexen? Irgendwie hätte er das dem Schrat nicht zugetraut, aber die Belohnung mochte hoch sein!
Der Gedanke, an die Geschwister der Yorne ausgeliefert zu werden, erfüllte ihn so sehr mit Entsetzen, daß er mit aller Kraft an den Wurzeln zerrte, die ihn gefangenhielten. Doch diese waren fest im Boden verwachsen. Über ihm hatten sie ihren Ursprung in einer waagrecht verlaufenden mächtigen Wurzel. Es konnte keinen Zweifel geben, das Gitter war gewachsen, während er schlief. Alle Achtung vor der Magie des Schrates! Der Baum gehorchte ihm in der Tat!
Oder gab es eine Öffnung an einer der anderen Seiten des Verlieses?
Er tastete die Wände ab, fand aber nichts. Doch die Wurzeln erwiesen sich als nachgiebig. Keuchend, blutend und stöhnend gelang es ihm schließlich, einen Arm durch das Gitter zu zwängen. An der Schulter endete der Versuch. Die Grenze der Nachgiebigkeit war erreicht.
Lautlos zu Thorimol fluchend (dem einzigen Gott, von dem er gehört hatte), versuchte er den Arm wieder zurückzuziehen, aber seine Lage war unbequem. Erschöpfung machte sich bemerkbar. Er ließ viel Haut an den rauhen Wurzeln. Es schmerzte, und der Arm begann gefühllos zu werden. Als er nach dem Boden tastete, um sich abzustützen und Kraft zu sammeln für einen neuen Ruck, spürte er etwas Metallisches zwischen den Fingern.
Er versuchte es zu nehmen. Es war schwer und entglitt seinen Fingern mehrmals. Als er es schließlich fest in der Hand hatte, unterdrückte er nur mühsam einen erleichterten Ausruf.
Er hielt eine schmale Schwertklinge.
Vorsichtig schob er sie zwischen die Wurzeln, bis er sie mit seiner freien Hand nehmen konnte. Sie fühlte sich vertraut an, und als sich seine Faust um den Griff legte, wußte er, daß er seine eigene Klinge in der Hand hielt.
Der Schrat war also der Dieb gewesen, nicht die grünhäutigen Krieger!
Er vergeudete keine Zeit mit Überlegungen. Die Klinge war leidlich scharf. Es gelang ihm nach kurzer Zeit, den eingeklemmten Arm zu befreien und schließlich eine der Wurzeln durchzuhacken.
Es reichte aus, daß er sein Gefängnis verlassen konnte. Zerschunden und keuchend saß er einen Augenblick in der Dunkelheit. Er lauschte, doch von Fryll war nichts zu hören. Die Stille war so tief wie zuvor, aber das Gefühl der Gefahr war stärker geworden.
Er tastete um sich und fand die Hülle zu seinem Schwert und den Gürtel. Am Gürtel hing auch sein Dolch.
Als er sich erhob und sich auf die helle Öffnung zutastete, fiel er fast über Ilfas Bogen und einen Haufen von Kleidern. Er warf einen Blick durch die Öffnung. Dahinter lag der Raum, in dem er mit dem Schrat getrunken hatte. Fryll selbst war nirgends zu sehen. Das Lager war leer.
Hastig machte sich Mythor daran, seine
Weitere Kostenlose Bücher