Fluch der Leidenschaft
zu.
»Mein Vater hat mich der Fürsorge des Königs unterstellt«, erklärte sie im Versuch, selbstsicherer zu klingen, als sie sich fühlte. »Es ist meine Pflicht, seine Willenskundgebung abzuwarten.«
»Das stimmt wahrscheinlich«, meinte FitzRoger, »aber es ist eine Sache, die Wahl dem König zu überlassen, und eine andere, zu ihm zu gehen und ihn zu bitten, einen bestimmten Mann heiraten zu dürfen. Solange Eure Wahl vernünftig ist, hat er kein Recht, dagegen Einwände zu erheben; er kann lediglich eine Gebühr für seinen Segen fordern.«
Imogen musterte ihn unsicher. Seine Worte ergaben Sinn, aber andererseits hatte er selbst eingeräumt, dass es klug sei, ihm zu misstrauen.
»Ich kenne Henry und weiß um seine derzeitige Lage«, fügte er hinzu. »Um die Zustimmung der Engländer bezüglich seines Anspruchs auf die Krone zu gewinnen, musste er große Steuererleichterungen versprechen. Wenn Ihr die Wahl ihm überlasst, Lady Imogen, wird er Euch an den Meistbietenden verkaufen. Das könnte sogar Warbrick sein.«
Imogen wurde blass. »Das kann er nicht tun. Nicht nach allem, was geschehen ist.«
»Es ist nicht sehr wahrscheinlich, das gebe ich zu, weil die gesamte Familie in Ungnade gefallen ist. Sie hat sich im letzten Konflikt dafür entschieden, die Normandie zu unterstützen. Aber es kommt alles darauf an, wie viel Warbrick zu zahlen bereit ist – oder wie viel er verspricht. Es könnte ihm sehr viel wert sein, den Schatz von Carrisford sein Eigen zu nennen, und Henry könnte es gut und gern als wünschenswert sehen, Bellemes Bruder zu bestechen.«
Imogen ließ sich dieses Szenario durch den Kopf gehen. Robert de Belleme benutzte den Streit der Söhne des Eroberers um England zu dem Versuch, hier an der Grenze selbst ein Lehen zu ergattern. König Henry würde mit Sicherheit alles in Betracht ziehen, um ihn zu schwächen, aber sie bezweifelte, dass er so dumm wäre, Warbrick mit der Herrschaft über Carrisford zu betrauen.
Sie zwang FitzRoger, Farbe zu bekennen. »Ihr versucht absichtlich, mir Angst zu machen«, erklärte sie und merkte sofort, dass sie einen Treffer gelandet hatte. »Was wollt Ihr, Lord FitzRoger? Drückt Euch klar aus.«
Wieder sah sie dieses Funkeln der Bewunderung in seinen Augen, und er nickte. »Mir geht es um Euer Wohlergehen.«
Sie wollte sich nicht wieder ins Bockshorn jagen lassen. »Das zu glauben fällt mir schwer.«
Ihre Antwort schien ihn nicht zu enttäuschen. »Wie Ihr meint. Wen wollt Ihr also heiraten, Demoiselle?«
Es erleichterte sie, dass er die Situation so ruhig akzeptierte, und es war richtig von ihm gewesen, ihr zu raten, besser mit einer bereits feststehenden Entscheidung vor den König zu treten. Denn zweifellos gab es auch noch andere Männer wie Warbrick, die eine reiche Braut suchten. Imogen ging einmal mehr ihre entmutigende Liste von Freiern durch.
Schließlich sagte sie: »Es wird entweder Sir Richard von Yelston oder der Graf von Lancaster sein.«
»Wirklich?«, fragte er.
Er hatte noch nicht aufgegeben. Er wollte, dass sie ihn wählte. Sie konnte dieses Katz-und-Maus-Spiel nicht mehr ertragen. »Euch werde ich sicher nicht heiraten«, erklärte sie mit fester Stimme.
Nicht einmal ein Wimpernzucken. »Negative Entscheidungen sind nicht sehr produktiv, Lady Imogen. Wen werdet Ihr dann heiraten?«
Sie musste diesen Irrsinn beenden. »Den Grafen von Lancaster!«, platzte sie heraus. »Er ist mächtig genug, um meine Sicherheit zu gewährleisten, und er ist seit vielen Jahren ein Freund unserer Familie. Er hat sogar seinen Leibarzt geschickt – einen Meister seines Fachs –, um meinen Vater zu kurieren …« Leider ohne Erfolg, dachte sie traurig.
»Dann solltet Ihr ihm am besten eine Nachricht senden und ihn von seinem Glück in Kenntnis setzen, Demoiselle.«
Imogen hatte mit mehr Einwänden gerechnet, deshalb fühlte sie sich jetzt aus dem Gleichgewicht geworfen und trat den Rückzug an. Mit der Zeit würde sich ja vielleicht noch eine bessere Alternative ergeben. »Bevor ich eine Hochzeit abhalten kann«, meinte sie, »muss ich Carrisford zu seinem alten Glanz verhelfen.« Sie stand auf.
»Wie Ihr wollt, Lady Imogen«, sagte er liebenswürdig. »Lasst es mich wissen, wenn Ihr einen Boten braucht.«
»Ich kann mir selbst einen besorgen«, entgegnete sie. Er zog eine Braue hoch, und schon wurde ihr klar, dass sie es nicht konnte.
Am liebsten hätte sie ihn noch einmal geohrfeigt. Wie schaffte er es bloß, ihre schlimmsten Seiten
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