Fluch der Leidenschaft
»Denk an unsere Kinder!«
Er biss die Zähne zusammen, und seine grünen Augen funkelten. »Wulfgan ist tot«, versprach er grimmig und schob sich in sie.
Schmerz, ein unerträglicher Schmerz, ergriff sie. Gottes Urteil!
Imogen schlug wimmernd um sich. »Du bist selbst ein Teufel! Lieber Heiland, hilf mir!«
Jetzt wusste sie, warum Janine geschrien hatte.
Sie schlug auf ihn ein und heulte. »Hör auf, hör bitte auf!« Aber es war, als wollte sie einen Felsblock bewegen. Sie versuchte, ihm die Augen auszukratzen. Er packte sie an den Handgelenken und gebot ihr atemlos Einhalt.
»Imogen. Hör auf.«
Sie hörte seine Stimme wie von fern, sah nur noch Warbrick, wie er in ihre schreiende Zofe hineinstieß, fühlte sich jeder Freiheit beraubt, spürte ein Anstürmen und vor allem Schmerz, schrecklichen Schmerz. Machtlos seiner übergroßen Kraft ausgeliefert, wiederholte Imogen Janines Flehen mit derselben tränenerstickten Verzweiflung. »Heilige Maria, hilf mir!«
Sie war frei.
Imogen rollte sich aus dem Bett und kauerte sich auf dem Boden zusammen. Ihr ganzer Körper bebte so sehr, dass sie fürchtete, jeder in der Burg könnte es mitbekommen. Sie war nicht einmal in der Lage nachzusehen, ob das Ungeheuer sie verfolgte.
Dann hörte sie ein Geräusch. Es war wie ein Schlüssel, der im Schloss gedreht wurde, und es brachte sie wieder zu sich, an die Stelle ihrer Verwirrtheit trat nüchterner Verstand. Angstvoll rappelte sie sich halb auf und schaute über das Bett in den Raum.
Leere.
Er war gegangen. FitzRoger war nicht mehr hier.
Imogen brach in ein herzzerreißendes Schluchzen aus, das von Erleichterung herrührte, aber auch von Qual und einem tiefen, unerklärlichen Verlust.
Als Renald de Lisle endlich sein Kämmerchen fand – was nach den Unmengen Wein, die er getrunken hatte, gar nicht so einfach war –, lag dort der Bräutigam auf dem schmalen Bett, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und an die Dachbalken starrend. Im letzten Licht der untergehenden Sonne, das durch den Fensterschlitz fiel, war von Ty kaum etwas anderes zu erkennen als seine Silhouette.
Renald versuchte, seinen Verstand zusammenzunehmen, wusste aber dennoch nicht, was er sagen sollte.
Es war Ty, der zu sprechen begann. »Ich sagte, ich würde keiner Blume etwas zuleide tun«, murmelte er. »Ich habe gelogen.«
Renald blickte auf den Krug Wein, den er noch bei sich hatte. Es war nicht mehr viel übrig; er goss den Rest in einen Holzbecher und stellte ihn neben das Bett. »War wohl schwierig, was?«, fragte er, ohne es wirklich glauben zu können. Ty hatte schließlich genügend Tricks auf Lager, und das Mädchen hatte ihm in den letzten Tagen doch praktisch aus der Hand gefressen …
Ty blieb absolut reglos – ein sehr schlechtes Zeichen. Renald hoffte, dass sein Freund die kleine Braut nicht gleich umbringen wollte, denn vermutlich würde er sie dann retten müssen, und das war so gut wie dem Tod selbst ins Auge sehen zu müssen.
»Du hast recht gehabt mit dem Priester«, sagte Ty schließlich sehr ruhig. »Da habe ich mich wirklich für viel zu schlau gehalten.« Nach einem langen, schweren Schweigen fügte er hinzu: »Sorge dafür, dass er mir nicht mehr unter die Augen kommt.«
Den Priester wollte er also töten. Renald hatte nicht die geringste Ahnung, was im Hochzeitsbett passiert war, aber mit Father Wulfgan fertig zu werden war einfach. »Ich schicke ihn morgen fort.«
Schweigen.
»Jetzt gleich?«, fragte Renald, wohl wissend, dass er jetzt dazu nicht in der Lage war.
»Nein. Er wird bleiben, solange Imogen ihn hier haben will.«
Renald gab auf; er ließ die vom Wein weich gewordenen Knie einknicken, sodass er auf den Boden zu sitzen kam, und lehnte sich an das Bett. »Neben deinem Kopf steht Wein. Unten gibt’s noch jede Menge … besauf dich. Ich habe das schon erledigt.«
»Das ist offensichtlich.« Zwei starke Arme fassten Renald unter und zogen ihn auf das Bett, dann entfernten sich Tys Schritte.
Renald konnte die Augen nicht offen halten, und es war ohnehin schon zu dunkel, als dass sich die Anstrengung gelohnt hätte, doch er bemühte sich, sein Hirn zu benutzen. Er wusste, dass er hier gebraucht wurde, und wünschte nur, er hätte nicht so viel getrunken.
Er hatte gedacht, es wäre in Ordnung, wenn sie so richtig feierten.
»Was ist passiert?«, fragte er.
Die Stimme seines Freundes ließ kein Gefühl erkennen, als er antwortete. »Nichts Besonderes. Geh schlafen, Renald. Ich mag ja viele Fehler
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