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Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)

Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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denn wirklich so über Gebühr lange geschlafen?
    Fast war es beschämend, aber er wusste ja, dass er eine anstrengende Mission hinter sich hatte bringen müssen. Da stand es ihm durchaus zu, sich wenigstens einmal auszuschlafen.
    Sein nächster Gedanke jedoch lautete: Was ist denn jetzt noch so überaus dringend, dass es die Königin nicht mehr erwarten kann, mich zu sprechen?
    Er musterte den Hofmarschall. Dessen pompöse Uniform konnte nicht darüber hinweg täuschen, dass er trotz seines fortgeschrittenen Alters ein nicht zu unterschätzender Kämpfer war. Nicht umsonst hatte man ihn zum Hofmarschall bestellt. Lord Cooper wusste durchaus, mit welchen Qualitäten er als Ritter hatte aufwarten können und wie er außerdem wusste, hatte der Hofmarschall sein ständiges Training bis heute nicht vernachlässigt.
    Er entspannte sich und sagte zu ihm: "Verzeiht mein aufbrausendes Temperament. Ich hatte ja keine Ahnung, wie spät es bereits ist!" Der Hofmarschall lächelte flüchtig. Lord Cooper erinnerte sich auch daran, dass er anfangs immerhin sein oberster militärischer Führer hier am Hofe gewesen war. Bis er direkt der Königin unterstellt worden war, um später sogar der Berater der Königin werden zu dürfen. Es tat ihm jetzt ehrlich leid, den ehrwürdigen Mann so behandelt zu haben. Aber das flüchtige Lächeln des Mannes bewies, dass er nicht nachtragend war. Er salutierte vorschriftsmäßig, was vom Lord erwidert wurde. Dann sagte er: "Ihr braucht nicht sofort zur Königin zu eilen. Sie lässt ausrichten, Ihr solltet Euch zunächst frisch machen - ja, so drückte sie sich tatsächlich aus! - und ein kräftiges Mahl zu sich nehmen. Soviel Zeit müsse auf jeden Fall noch sein."
    "Verzeiht noch einmal, Hofmarschall, aber was ist eigentlich mit der Prinzessin von Spanien?"
    "Oh, gut, dass Ihr nach ihr fragt, Mylord, aber Carla von Spanien hat sich gestern nach der Audienz bei Ihrer Majestät in die ihr zugewiesenen Gemächer zurückgezogen und ward bis jetzt nicht mehr gesehen. Ich nehme an, mit Verlaub, sie schläft noch."
    Dann ist sie besser dran als ich, dachte Lord Cooper in einem Anflug von leichtem Galgenhumor, denn die Tatsache, dass die Königin ihn sprechen wollte, missfiel ihm. Er dachte auch an Jeannet und daran, dass er so sehr gehofft hatte, sie baldmöglich wiederzusehen. Hoffentlich hatte die Königin nicht ausgerechnet jetzt einen neuen Auftrag parat, der all seine Hoffungen zunichte machte?
    Der Hofmarschall zog sich zurück und Lord Cooper beeilte sich, der Anweisung der Königin Folge zu leisten, sich nämlich frisch zu machen. Das war keine Prozedur, die ihn allzu lange aufhielt, zumal ihm dabei zwei Diener behilflich waren. Andere Diener waren unterdessen angewiesen, eine reiche Tafel zu decken - umfangreich genug jedenfalls, um dem mächtigen Appetit Rechnung zu tragen, den er verspürte. Aber beim Essen wollte kein rechtes Vergnügen aufkommen. Er genoss nicht die Speisen, weil er viel zuviel über einen möglichen Auftrag der Königin nachdenken musste. Oder wollte sie lediglich mit ihm sprechen, um ihm mitzuteilen, wie das Gespräch mit der Prinzessin verlaufen war? Vielleicht hätte er diesbezüglich den Hofmarschall fragen sollen?
    Nun, falls dieser überhaupt etwas von jenem Gespräch mitbekommen hatte: Vielleicht hatte es die Königin ja auch richtiger vorgezogen, mit der Prinzessin unter vier Augen zu sprechen? Das war durchaus möglich: In solchen Dingen war Ihre Majestät unberechenbar.
    Als ihm sein Magen meldete, voll zu sein, brach er das Mahl ab und stand auf. Zwei Diener legten seine Oberbekleidung an und vergaßen auch nicht den Degen, währenddessen Lord Cooper mit nachdenklich gefurchter Stirn an Jeannet dachte: Egal, was die Königin vor hat, es bleibt sicher noch genügend Zeit, dich wiederzusehen, Geliebte! Ach, es war doch alles nur so schrecklich kurz. Wir haben uns gefunden und es hat uns überfallen wie eine Sturmboe, aber dann mussten wir uns wieder voneinander los reißen. Wir konnten doch überhaupt nicht auskosten, was uns an Liebe so übermächtig erfüllt. Ach, Jeannet, einerseits verfluche ich es, dass du solche Gefühle in mir erweckt hast, bitte verzeih, aber andererseits weiß ich, dass nichts gewaltiger, mächtiger und auch schöner sein kann als die große, wahre Liebe! Wenn nur die Sehnsucht nicht so schrecklich schmerzen würde...
    Danach ging er betont festen Schrittes zum Audienzzimmer der Königin, das eher einem Saal glich als einem Zimmer. Er

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