Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
Tür.
"Herein!", bat die Prinzesssin.
Die Zofen kamen, wie gewünscht. Sie näherten sich ihr mit vielen Verbeugungen, bis Carla ihre Wünsche äußerte: "Ich wünsche, für eine Audienz bei der Königin zurecht gemacht zu werden! Außerdem wünsche ich zu frühstücken."
Frühstück? Um diese Zeit? Hatte sie denn überhaupt genügend Appetit nach einer solchen Nacht des Wachens, des Bangens und der wilden Träume?
Ach, egal! Hoffentlich hatte die Königin genügend Zeit für sie übrig. Schließlich hatte sie England zu regieren und konnte es sich nicht leisten, ihre Zeit allein mit der Prinzessin von Spanien zu verschwenden. Solcherart dachte sie und die geübten Zofen begannen auch schon mit ihrer Arbeit. Jeder einzelne Handgriff saß. Besser hätten es die Zofen am Hofe ihres Vaters auch nicht fertig gebracht.
Als es um die Wahl der Kleidung ging, hielten sie kurz inne, um das Urteil und vor allem eventuelle spezielle Wünsche der Prinzessin zu erfahren, aber diese hatte ausnahmsweise wenig Sinn für Kleidung in ihrer Lage. Ja, ausnahmsweise: Sie dachte viel lieber über Lord Cooper nach und über eine eventuelle gemeinsame Zukunft mit diesem. Die Zeit verging quälend langsam und nach einem eher bescheidenen Mahl, trotz des reich gedeckten Tisches, das sie mit wenig Appetit und ziemlich lustlos zu sich genommen hatte, war Carla von Spanien bereit für die Audienz bei der Königin. Allein: War diese überhaupt schon bereit für sie?
Carla schickte eine Zofe aus, um dies zu ergründen. Doch kaum war die Zofe draußen, als sie sogleich zurückkehrte. Sie tat einen artigen Knicks und sagte: "Ich bitte untertänig um Vergebung, Prinzessin, aber Lord Donald Cooper hat mich draußen abgefangen und wünscht Euch zu sprechen."
Carla fuhr erschrocken zusammen. Der Lord? Er kam von sich aus zu ihr?
Ihr Herz pochte auf einmal wie wild. Wie sollte sie das denn verkraften, wenn er so unerwartet hier auftauchte? Soeben hatte sie noch vor gehabt, von der Königin empfangen zu werden - und nun dieses?
Sollte sie einfach sagen, sie wäre nicht bereit, jemanden zu empfangen?
Dann war das alles nicht so aufregend. Andererseits: Der Lord... Sie sehnte sich doch so nach seiner Nähe und jetzt, wo diese Sehnsucht sich erfüllen sollte, verkroch sie sich in den ihr zugewiesenen Gemächern und blieb lieber einsam?
Nein!, beschloss sie trotzig und laut verkündete sie: "Er möge eintreten!"
"Sehr wohl, Prinzessin!" Ein weiterer Hofknicks der Zofe. Sie verschwand nach draußenl. Nur für zwei Sekunden, dann trat vor ihr Lord Donald Cooper ein.
Er lächelte freundlich, aber betont neutral und deutete eine Verbeugung an.
"Ich wünsche, wohlgeruht zu haben, Prinzessin!"
"Und Ihr?"
"Zu meinem Bedauern muss ich zugeben, dass ich noch nicht so lange auf den Beinen bin. Ich kam zu Euch in der Hoffnung, Euch nicht in Eurer wohlverdienten Ruhe zu stören."
"Ich denke, wir haben es uns beide verdient, länger zu schlafen als üblich", sagte sie warm und zwang sich ihrerseits zu einem Lächeln. Wieso wollte ihr das nicht so recht gelingen? "Aber was führt Euch eigentlich zu mir?"
"Hatte ich Euch nicht versprochen, nach unserer Ankunft in der Residenz endlich mehr Zeit für Euch zu haben?"
"Warum solltet Ihr?" Herrjeh, was redete sie denn da? Was war denn das für ein Unsinn? Wieso konnte sie nicht einfach etwas anderes sagen?
Wenn das so weiter ging, verfing sie sich immer mehr in sinnlose Banalitäten und vertrieb ihn damit nachhaltig...
"War es denn nicht so abgesprochen, Prinzessin? Mit Verlaub, aber Ihr wolltet mich als Euer persönlicher Lehrer und ich habe es genauso Ihrer Majestät, der Königin von England, erklärt. Ihre Majestät war durchaus einverstanden. Soll heißen, sie hat mich bis auf Weiteres Euch zur Verfügung gestellt. Sofern Ihr es überhaupt noch wünscht selbstverständlich!" Er schaute sie erwartungsvoll an.
"Aber natürlich, ja, ich erinnere mich!" Carla, Carla, nimm dich gefälligst zusammen!, ermahnte sie sich selber im Stillen.
"Wie ich sehe, seid Ihr fertig...?"
"Ich wollte um Audienz bei der Königin bitten. Dafür habe ich die Zofe los geschickt."
"Ach, ja, aber zu meinem Bedauern muss ich Euch mitteilen, dass die Königin in dringenden Staatsgeschäften steckt."
"Das soll heißen, sie hat keine Zeit für mich?"
"Ja, sie bedauert es unendlich, aber sie ist die Königin von England, Ihr versteht?"
"Selbstverständlich verstehe ich! Aber es ist auch ohne Belang. Ich war gestern bei ihr und
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