Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
Wohlverhalten. Gebt mir Euer Wort als Prinzessin darauf!"
"...falls das noch etwas wert sein sollte!", ergänzte Rider. Jeannet nahm den Degen mit der Linken und streckte der Prinzessin die Hand entgegen.
Diese warf den Kopf in den Nacken.
"Glaubt Sie, dass ich Abschaum die Hand gebe und mich damit beschmutze?"
Jeannet zuckte die Achseln.
"Ganz wie ihr wollt!"
Die Piraten brachen erneut in raues Gelächter aus.
"Ich habe begriffen", sagte die Prinzessin. "Der gefürchtetste Pirat der Meere ist eine Frau. Sie weiß sich gut zu bewegen und gut zu kämpfen. Wäre Sie kein Abschaum, würde ich Ihr dafür Hochachtung zollen. An Ihrer Seite ein ehemaliger Marschall Ihrer Majestät? Einer mit seemännischer Erfahrung sogar, wie ich vermute? Ein seltsames Gespann, wenngleich wohl überaus erfolgreich. Allerdings werde ich es Euch beiden nicht leicht machen, denn ich würde lieber sterben als zurückzukehren an den Hof meines Vaters."
Jeannet hob die Augenbrauen.
"So, was missfällt Euch denn bei dem Gedanken an den Luxus, den Ihr zweifellos gewohnt seid?"
"Mein Vater will mich aus politischen Gründen mit einem Fürsten aus Osteuropa verheiraten. Ich kann weder seinen Namen noch den seines Landes aussprechen und habe auch keine Lust, lange, eisige Winterabende in irgendeinem düsteren Kapartenschloss zu verbringen!"
"Nun ich fürchte, Ihr werdet diese Angelegenheit mit Eurem Vater ausmachen müssen", sagte Jeannet.
"Ihr seid grausam!"
"Betrachtet das Schicksal jener, die jetzt erschlagen auf den Planken liegen, meine liebe Prinzessin. Und dann redet noch einmal von Grausamkeit oder etwas Ähnlichem!"
Ben Rider hob die Hand und trat auf die Gefangene zu.
"Ihr wart als nicht in einer diplomatischen Mission oder dergleichen unterwegs?", fragte er.
"Nein."
"Und Ihr habt ernsthaft geglaubt, in der Neuen Welt hätte der lange Arm Eures Vaters Euch nicht erreichen können?"
"Nirgendwo sonst ist es leichter, seinen Namen und sein letztes Leben abzulegen als dort, Mylord! Ich wäre als eine andere zurückgekehrt. Natürlich mit einem Vermögen, das ausgereicht hätte, um bis an mein Lebensende eine standesgemäße Existenz zu führen und mir alles leisten zu können, was ich will!"
Ben Rider hob die Augenbrauen.
Ein spöttisches Lächeln spielte um die Lippen des ehemaligen Marschalls Ihrer Majestät.
"Ein einfältiges Kind seid Ihr!"
"Mag sein. Ich hatte einen Traum", verteidigte sie sich.
"Einen Traum, der nun zerplatzt ist, denn wir haben Euch und Euer Vermögen!", lächelte Rider.
"Und bald auch das Lösegeld, dass Euer Vater für Euch bezahlen wird!"
"Nur das nicht! Er würde mich jetzt erst recht wie seine Gefangene halten. Glaubt mir, das ist schlimmer als der Tod, denn es bedeutet lebendig begraben sein. Wie wäre es möglich, dass ausgerechnet eine Freibeuterin wie Sie das nicht verstehen könnte - eine, die ihre Freiheit in schönsten Zügen genießt?"
"Euer Englisch ist wirklich flüssig, obwohl ich den Akzent grausig finde", bemerkte Marschall Ben Rider mit leicht angewidertem Gesichtsausdruck, "aber zu Eurer sprichwörtlichen Widerspenstigkeit gehört anscheinend auch die Lernverweigerung." Er wandte sich an Jeannet. "Man muss sich vorstellen, dass sie sonst gar nichts zu tun hatte bei Hofe, als Lesen und Schreiben zu lernen und die höfische Verstellung - neben einer Fremdsprache zusätzlich zum Französischen, um bei Staatsbesuchen eine gute Figur zu machen."
"Na, die gute Figur hat sie ja", meinte Jeannet schnippisch, "aber mit allem anderen hapert es gewaltig." Jeannet machte eine herrische Handbewegung: "Sperrt sie weg, auf unserem Schiff!" Darauf hatten die Umstehenden nur gewartet. Ein halbes Dutzend Hände griffen gierig nach der Gefangenen. Sie konnte schreien und sich wehren, wie sie wollte, aber gegen die rauen, kampfgewohnten Seemannshände hatte sie keine Chance.
Jeannet sah ihren Ersten Offizier an. "Ein nettes Früchtchen, nicht wahr?"
"Das ist sie in der Tat", grinste er. "Und einträglich obendrein - für uns."
"Da sollten wir sie doch eher pfleglich behandeln, wie ich finde. Es wäre doch jammerschade, wenn einem solch edlen Beutestück Schaden widerführe."
*
Die Untersuchung der Schäden an der erbeuteten Galeone zeigten, dass sie das Schiff nicht mehr voll seetüchtig machen konnten. Es ging wenigstens nicht unter, und das blieb die Hauptsache. Also beschloss Jeannet, es ins Schlepptau zu nehmen. Dadurch würden sie zwar mehrfach so lange bis zu ihrem Versteck
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