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Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)

Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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brauchen, aber es würde ihnen keinerlei Ladung verlorengehen. In ihrem Versteck würden sie außerdem alles demontieren, wofür sie irgendwann Verwendung finden könnten, einschließlich der leichten Geschütze auf dem Vorderdeck. Anschließend würden sie die Galeone vollständig abwracken. Es würden keinerlei Spuren mehr davon bleiben.
    Jeannet stand auf der Kommandobrücke ihrer Fregatte, flankiert von Marschall Ben Rider, der manchmal wie ihr zweiter Schatten anmutete, war sie doch die einzige Person auf Erden, der er noch Respekt zollte, obwohl er Jeannet niemals als eine Frau ansah, sondern eher als eine Art Neutrum. Ein Kommandant, keine Frau. Er konnte sich beim besten Willen noch nicht einmal vorstellen, dass Jeannet überhaupt zu so etwas wie weiblichen Gefühlen fähig gewesen wäre. Jeannet trug jedoch auch nichts dazu bei, diese Einschätzung zu ändern. Es war so für sie besser.
    "Was habt Ihr vor mit der Gefangenen, Kapitän?" erkundigte sich Rider vorsichtig.
    Jeannet erwachte aus ihren Gedanken - sehr düstere Gedanken, wie ihre umwölkte Stirn vermuten ließ. Sie wandte sich nicht an ihren Ersten, als sie entgegnete: "Wir nehmen sie mit in unser Versteck. Sie wird nicht mitbekommen, wo sich dieses befindet, zumal sie mit Sicherheit auf See keinerlei Orientierungsmöglichkeiten hat. Ich nehme an, sie sieht das Meer sowieso zum ersten Mal in ihrem Leben. Wenn wir alles getan haben, was für uns von Bedeutung ist, überlegen wir erst unser weiteres Vorgehen in dieser Angelegenheit. Ich denke, es eilt nicht. Ganz im Gegenteil: Je länger wir Philipp in Ungewißheit zappeln lassen, desto mehr wird er für sein missratenes Töchterchen springen lassen."
    "Gut gedacht!", lobte Ben Rider.
    Auch er schaute jetzt nach vorn - im doppelten Sinne der Bedeutung. Er war stolz auf seinen weiblichen Kapitän und dessen weise Entscheidungen, obwohl er sich andererseits Sorgen machte wegen der Galeone im Schlepptau. Zwar hatten sie es so arrangiert, dass man die Taue jederzeit kappen konnte, um sofort beweglicher zu werden, aber es war dennoch ein nicht zu unterschätzendes Risiko, mit einem derartigen Anhängsel feindliche Gewässer zu durchkreuzen - und im Grunde genommen waren sämtliche Gewässer der Welt für ihr Piratenschiff feindlich!
    Er sagte jedoch nichts in dieser Beziehung, um nicht unnötig als Schwarzseher zu gelten. Sicherlich hatte Jeannet das Risiko abgewogen, und ihre Entscheidung musste er akzeptieren - wie sonst auch immer. Ohne stichhaltige Argumente konnte ihr niemals beikommen. Er schaute hinauf zu dem Mann im Ausguck. Man konnte ihn von unten nicht sehen, aber Jeannet schickte keinen hinauf, auf den sie sich nicht hundertprozentig verlassen konnte. Es war nämlich lebenswichtig. Falls der da oben schlief, wenn Gefahr drohte, die er dadurch nicht rechtzeitig erkannte, konnte sie das alle das Leben kosten.
    "Lieber würde ich einen Umweg fahren", murmelte in diesem Augenblick Jeannet.
    Rider schaute sie überrascht an. Schon wieder war ihre Stirn sorgenumwölkt. Was ging dahinter vor? Würde er es jetzt erfahren?
    Jeannet fuhr fort, wie im Selbstgespräch: "Ich habe ein ungutes Gefühl. Trotzdem beschloss ich, den direkten Weg zu unserem Versteck zu fahren, denn wenn wir einen Umweg beschreiben, brauchen wir wochenlang bis zu unserer Rückkehr. Ich mußte sozusagen zwei Nachteile gegeneinander aufrechnen: Entweder zu lange benötigen, wobei täglich die Unruhe in der Besatzung größer werden würde, oder auf dem direkten Weg ein gewisses Entdeckungsrisiko eingehen."
    "Nun, Ihr habt Euch für das Zweite entschieden, aber ich denke genauso. Es wäre doch schade gewesen, auf die Galeone zu verzichten und die Schätze, die sie trägt. Ich glaube kaum, dass es der Besatzung gut zu vermitteln gewesen wäre, und ich bin überzeugt davon, dass es ein klarer Vorteil ist, wenn die Besatzung bei Laune bleibt." Jeannet lachte plötzlich. "Danke, Marschall. Wie immer habt Ihr den rechten Ton gefunden, um Euren Kapitän zu beruhigen. Man merkt deutlich, dass Ihr nicht umsonst Marschall Eures Fürsten geworden seid." Sie schaute ihn kurz an. "Obwohl er von Eifersucht geblendet diesen Vorteil leider nicht mehr sehen konnte. Aber was heißt leider?
    Sein Nachteil wurde mir zum Vorteil. Was würde ich bloß ohne Euch tun?"
    Das frage ich mich allerdings auch, dachte Ben Rider ketzerisch, sagte jedoch nichts in dieser Richtung, um nicht den guten Eindruck zu gefährden, den er auf Jeannet machte.
    Anfangs

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