Fluch der Nacht: Roman
verbrannte es und sprang auf den Vampir über. Er erglühte, ging in orangeroten Flammen auf und sandte giftige Dämpfe in die Atmosphäre. Der Vampir zerfiel zu Asche, und Nicolas wies den Energiestrahl an, alles zu verbrennen, bis keine Spuren mehr zu sehen waren. Erst dann schwankte er ein wenig und griff in die Energie hinein, um das säurehaltige Blut von seinen Armen und seiner Brust zu waschen.
Sein Gesicht war von einer maskenhaften Starre, als er sich Lara zuwandte, seine Augen waren dumpf und verbargen, was er dachte, als er einen Schritt in ihre Richtung tat. Einmal stolperte er und fing sich wieder. Am ganzen Körper zitternd, richtete sich Lara langsam auf. Überall war Blut, und Nicolas hatte Verletzungen im Gesicht sowie auf Brust, Bauch und Rücken davongetragen. Wie er überhaupt noch stehen konnte, war ihr schleierhaft.
Während er zum Himmel aufblickte, überwand er mit einem Sprung die Entfernung zwischen ihnen und zog Lara hinter sich. Gleichzeitig wandte er sich den Nebelschwaden zu, die sich aus dem leichten Schneefall bildeten. Der Nebel begann zu schimmern, und ein hochgewachsener Mann mit schwarzem Haar, das ihm fast bis zur Taille reichte, trat aus dem Schnee heraus.
»Nicolas?« Die schwarzen Augen registrierten die scheußlichen Wunden, aber auch Lara, die Nicolas hinter sich gezogen hatte. Der Blick glitt von ihrem mit kupferfarbenen Strähnen durchzogenen Haar zu ihren Augen, die zwischen Grün und Blau changierten.
»Ich habe den Vampir nicht erkannt, Vikirnoff«, sagte Nicolas. »Er war noch ziemlich jung. Höchstens drei- oder vierhundert Jahre alt. Warum verwandeln sie sich heutzutage schon so jung?«
Natalya erschien nun auch und trat zu Vikirnoff. Sie war immer in der Nähe ihres Seelengefährten, besonders wenn Vampire in der Gegend waren. Nicolas wollte das Paar nicht hier haben. Aber das war kleinlich von ihm, und er schämte sich dessen und kam sich sogar ziemlich dumm vor, weil er mehr Zeit allein mit Lara verbringen wollte. Er war stets so selbstbewusst gewesen, doch jetzt befürchtete er, sie zu verlieren; er hatte Angst, sie könnte ihn verlassen – oder bei ihm bleiben, weil sie Seelengefährten waren, ohne sich jedoch jemals dazu überwinden zu können, ihn zu lieben.
Wie jämmerlich von ihm zu denken, dass er Liebe von ihr wollte! Er war sein ganzes Leben allein und unabhängig gewesen, und es machte ihn wütend, dass er sie zu brauchen glaubte. Und trotzdem stand er hier und hatte Angst, dass sie ihre Verwandten um Zuflucht bitten könnte.
Mit diesem Gedanken drehte er sich zu Lara um und reichte ihr seine Hand. »Lass mich deine Wunden sehen«, sagte er und zog sie an sich, um den Saum ihres Pullovers hochzuziehen.
Lara hielt ihn am Handgelenk zurück und blickte mit offensichtlichem Unbehagen zu den Fremden hinüber. »Der Feuerstrahl hat die meisten Wunden kauterisiert. Ich habe ein bisschen Blut verloren, aber nicht genug, um Besorgnis zu erregen, schon gar nicht, da ich Erde daraufgegeben hatte. Doch du siehst schrecklich aus«, schloss sie und berührte sehr behutsam sein Gesicht.
Fél ku kuuluaak sívam belsó! Lass mich deine Wunden sehen, Liebste! Ich muss sie heilen, bevor ich meine eigenen versorgen kann.
Gib mir eine Minute! Ihre Finger tasteten nach seinen und verschränkten sich mit ihnen.
Nicolas versuchte, nicht allzu erfreut darüber zu sein, dass sie sich an ihm festhielt. Aber er konnte gar nicht anders, als mit den Lippen über Laras Stirn zu streichen, bevor er sie mit den Fremden bekannt machte. »Lara, das sind Vikirnoff und seine Seelengefährtin Natalya. Sie ist deine Blutsverwandte.«
Es wurmte ihn, dass er so kleinlich war: Er freute sich tatsächlich darüber, dass sie sich in der Gesellschaft der Schwester ihres Vaters unwohl fühlte. Und er war auch machtlos gegen das zwingende Bedürfnis, ihre Verwundungen ohne weitere Verzögerungen zu heilen. Es tat ihm weh, sie so verletzt zu sehen. Deshalb wandte er sich ihr zu und schob seine flache Hand unter ihren Pullover, um sie auf die Wunde zu drücken. Sofort sprang Hitze von ihm auf sie über. Verblüfft blickte sie mit ihren großen grünen Augen zu ihm auf – und ihm wurde so schwindelig, als würde er darin ertrinken.
Es war ein ungewohntes Gefühl, so aus dem Gleichgewicht geraten zu sein, und es gefiel ihm gar nicht. Nicolas zog seine Hand so schnell zurück, wie er sie ausgestreckt hatte, trat an Laras Seite, damit er einen Arm um sie legen konnte, und ließ seine Hand zu
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