Fluch der Nacht: Roman
Fluch. »Das ist nicht gut.«
Nicolas war schon ein paar Schritte vorausgegangen, um das Licht weit genug hinter sich zu bringen und sich seiner exzellenten Nachtsicht bedienen zu können. Von der Kuppe der Anhöhe blickte er in den pechschwarzen Tunnel vor ihnen herab.
»Auch die Geräusche sind anders«, sagte Natalya. »Das gefällt mir nicht.«
Vikirnoff ging zu Nicolas und betrachtete mit ihm den einzigen Weg, der ihnen offenstand. »Was meinst du?« Beide sahen sich unaufhörlich um.
»Irgendetwas erwartet uns da unten«, sagte Nicolas. »Ich weiß nicht, was es ist, doch ich kann Bewegung spüren. Ich glaube, dass die Schattenkrieger uns nicht ohne Grund in diesen Tunnel getrieben haben. Irgendetwas erwartet uns dort unten, um uns anzugreifen.«
Vikirnoff blickte über seine Schulter. Die Schattenkrieger hatten sich noch nicht verzogen. Sie hielten die Stellung und warteten auf irgendetwas.
Lara hockte sich neben die Hohlräume im Eis, sah sie sich gründlich an und untersuchte dann, ohne auf die Pods zu treten, die doppelten Reihen der bräunlichen Eiszapfen. Sie fuhr mit der Hand über die Formationen, ohne jedoch mit ihnen direkt in Kontakt zu kommen. »In diesen Eiszapfen wimmelt es von Bakterien, aber nicht deshalb haben sie so eine merkwürdige Farbe.« Sie beugte sich noch weiter vor und schnupperte an ihnen. »Das ist verdünntes Blut. Oder zumindest denke ich, dass es das ist.«
»Was auch immer da herunterkommt, es kommt in unsere Richtung«, sagte Nicolas warnend.
Zum ersten Mal, seit sie die Höhle betreten hatten, hatte er wirklich und wahrhaftig das Gefühl, dass sie in der Falle saßen. Was auch immer aus dem Dunkeln auf sie zukroch, schien nicht allein zu sein. Seine Sicht wurde noch klarer, als das Ding näher kam, und im ersten Moment hielt er es für mehrere große Schlangen, die dick wie Anakondas waren. Die Köpfe waren groß, und alle hatten weit aufgerissene Mäuler und prüften mit ihren gespaltenen Zungen die Luft, um Beute zu erspüren. Die Schlangenköpfe waren denen, die sie aus Terrys Bein entfernt hatten, verdächtig ähnlich.
»Was glaubst du, wie viele es sind?«, fragte Vikirnoff. »Sechs kann ich sehen, aber hinter ihnen höre ich noch mehr.«
»Es ist nur eine«, klärte Nicolas ihn auf. »Eine mit Tentakeln. Ich nehme an, das Biest hat vor, uns in sein Maul hineinzuziehen.«
»Wir sind bereits in seinem Maul«, sagte Lara dumpf.
Ein kurzes Schweigen entstand, als sich alle in dem Tunnel umblickten. Die doppelten Reihen blutbefleckter Eiszapfen waren Zähne. Die beiden gebogenen Reißzähne enthielten das Gift. Das Maul war eine Brutstätte für Bakterien und alle möglichen anderen Infektionen, von denen viele tödlich waren. Die kleinen Buckel entlang der Zunge waren die Brutkästen. Und die Tentakel, die sich nach ihnen ausstreckten, würden sie in den Körper – den engen Tunnel – zurückziehen, wo sie verdaut werden konnten.
»Vikirnoff und ich werden die Tentakel zurückhalten, doch wir müssen hier heraus. Such du einen Weg durch die Schattenkrieger, Lara. Schließlich bist du Magierin.«
Sie verdrehte die Augen. »Ach, nein! Und was ist aus deiner Überzeugung geworden, dass Frauen nicht kämpfen sollen?«
»Ach was, die Männer lassen uns doch bloß gegen eine Legion von Schattenkriegern antreten«, spöttelte Natalya. »Das ist doch kaum der Rede wert, Lara.«
»Du hast darin Erfahrung«, erinnerte Vikirnoff sie. »Ich denke, dass du damit fertigwerden kannst.«
»Bist du sicher, dass du mich nicht lieber schwängern und nach Hause schicken willst, während du hier Superman spielst? Denn mir wäre das nur recht«, sagte Natalya.
»Die Schlangenköpfe haben Witterung aufgenommen und kommen auf uns zu«, warnte Nicolas. »Vielleicht solltet ihr euch jetzt gleich um diese Schattenkrieger kümmern.«
»Wie mein absoluter Held in The Abyss – Abgrund des Todes sagen würde: ›Behalt die Strumpfhose an‹«, sagte Natalya naserümpfend. »Komm, Lara, dann wollen wir den Jungs mal zeigen, wie man gegen Schattenkrieger kämpft!«
Widerstrebend folgte Lara ihrer Tante zu den doppelten Zahnreihen zurück. »Sei vorsichtig und tritt nicht auf die kleinen Buckel. Ich glaube, das sind Brutstätten von Parasiten, nicht Mikroben. Ich bin ziemlich sicher, dass das Labor für die Extremophile war. Xavier sammelt sie aus dem Eis und testet sie in den ersten Becken, verändert sie und leitet sie in die Fruchtwasserbehälter weiter, damit sie unter diesen
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