Fluch der Nacht: Roman
Bedingungen zu leben lernen. Und dann lässt er sie von dem Gletscher in die Erde hinunterbringen, wo die Karpatianer schlafen. Dieses Ding, was immer es auch sein mag, brütet seine Parasiten aus. Sieh doch nur, wie sie in den Hohlräumen herumwimmeln.« Sie hatte den starken Verdacht, dass das gelbliche Gift, das die Pods speiste, dasselbe war wie das, was Razvan injiziert wurde.
»Du liebe Güte!«, sagte Natalya. »Ich glaube, wir sind hier tatsächlich in Mamis Bauch.«
Die winzigen Maden gerieten in Aufregung und wuselten noch eifriger herum, als sie näher an die Brutstätten herantraten.
Hinter ihnen erfolgte der erste Angriff. Nicolas und Vikirnoff brachten mit einer Handbewegung Schwerter aus Eis hervor und traten ein paar Schritte auseinander, um mehr Bewegungsfreiheit zu erlangen. Dabei achteten sie die ganze Zeit darauf, sich immer einige Zentimeter über dem Boden zu halten, um nicht die zahlreichen Brutstätten zu berühren, die sich in der Zunge der Schlange befanden. Die riesigen Köpfe an den Tentakeln zuckten unablässig hin und her und auf und nieder. Der Angriff war gut koordiniert, denn die Köpfe bewegten sich im hypnotisierenden Rhythmus einer Kobra, die ihr Opfer lähmt.
Die beiden Frauen richteten sich auf und gingen vorsichtig um die vielen Erhebungen herum, bis sie direkt hinter den mit Bakterien überzogenen Zähnen standen. Lichter blitzten auf, Flüche wurden laut, und ein Spritzer Blut an den Wänden versetzte die parasitären Würmer in so wilde Raserei, dass der Boden unter Laras und Natalyas Füßen schwankte und erbebte. Noch mehr Gift tropfte aus den Reißzähnen der Schlange und lief über den Boden.
»Erinnere mich daran, den Blitz herabzurufen, damit wir auch sauber sind, bevor wir ins Dorf zurückkehren«, sagte Natalya.
Lara war froh, dass Natalya wirklich zu glauben schien, sie würden lebend aus der Eishöhle herauskommen.
»Vorsicht, Vikirnoff!«, schrie Nicolas. Er hatte einen der Köpfe abgeschlagen, und mit Parasiten verseuchtes Blut spritzte über den Boden und die Wände. »Komm nicht damit in Berührung. Und das gilt auch für euch, Lara und Natalya.«
Lara warf ihm einen finsteren Blick über die Schulter zu. »Wir versuchen uns hier auf die Schattenkrieger zu konzentrieren. Glaubst du etwa, das wäre leicht?«
»Töten können wir sie nicht, da sie ohnehin schon tot sind«, überlegte Natalya laut. »Sie zu gefrieren ist auch nicht möglich, weil sie aus dem Eis kommen.«
»Es müsste uns aber gelingen, ihre Aufmerksamkeit zu erregen und Xavier das Kommando zu entreißen. Er geht immer den einfachsten Weg. Er nimmt ihnen ihre Seelen und beherrscht sie dadurch, so ähnlich, wie er es bei meinem Vater tat«, sagte Lara nachdenklich. »Sie kennen also keine Loyalität ihm gegenüber. Die Krieger wurden gegen ihren Willen versklavt.«
»Lara!«, rief Nicolas. »Dem Ding ist ein weiterer Kopf gewachsen. Was macht ihr da oben?«
»Wir spielen mit unseren Puppen«, rief Lara in leicht gereiztem Ton zurück. »Es ist nicht einfach, Nicolas. Ich muss mich konzentrieren.«
»Du schaffst das schon«, ermutigte Natalya sie. »Du kennst Xavier, und ich habe auch schon bemerkt, dass das Eis auf dich reagiert.«
Daran hatte Lara nicht gedacht. Doch Natalya hatte recht. Sie war in Eishöhlen zu Hause, empfand sie als etwas ganz Natürliches, und die Zaubersprüche durchfluteten ihren Kopf immer schneller, je mehr sie sie benutzte. Die Tanten hatten sie auf alle Arten von Problemen vorbereitet, schien es, und sie war mehr denn je entschlossen, zumindest ihre Leichen mit nach Hause zu nehmen. Im Leben mochten sie Gefangene gewesen sein, aber sie würde nicht dulden, dass sie es auch im Tod noch blieben.
»Halte das Gift und die Parasiten von mir fern, Natalya«, bat sie.
»Klar.«
Lara holte tief Luft und ließ sie langsam wieder entweichen, bevor sie die Hände hob und in Richtung der Schattenkrieger ein Muster wob.
Ihr alten Krieger der Vergangenheit, die ihr mit Ehre und Gewissen kämpftet. Beherrscht von Dunkelheit und Ungesehenem, rufe ich euch nun – und hört mich an! Gefesselt von Dunkelheit, die keine Ehre hat, rufe ich eure Geister an – kämpft wieder als wahre Krieger! Ich schicke euch Kraft und Energie und erlaube euch zu denken. Ich erbitte eine Gunst und gebe eure Seelen frei. Steht wie einer, der gefroren ist!
Die Schattenkrieger erstarrten und ließen ihre Schwerter fallen, mit den Spitzen zu dem eisigen Boden. Durch den wabernden Rauch konnte
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