Fluch der Nacht: Roman
herzustellen und allen anzulegen, ohne im Laufen innezuhalten. Zweimal blickte Natalya über die Schulter, als wollte sie zurückfallen, um ihnen Rückendeckung zu geben, aber auf Vikirnoffs scharfen Befehl setzte sie widerspruchslos ihre Bemühungen fort, Lara und die beiden Drachen durch den Tunnel voranzuziehen.
Das Wasser brach jetzt schon durch alle Wände und die Decke. Nicolas benutzte die dicken Eisbrocken, um schnellstens mehrere Fuß dicke Eisdämme zu errichten, die verhindern sollten, dass der Tunnel sich mit Wasser füllte. Die Wasserfälle waren kalt, und daher war es mehr das harte Aufschlagen des Wassers auf den Dämmen als die Temperatur, was ihnen zusetzte.
Vikirnoff bog zu einer Reihe großer Kammern ab. Sowie sie den Tunnel hinter sich gelassen hatten, versiegelte Nicolas ihn – was zwar nicht lange halten, ihnen aber immerhin ein paar Minuten verschaffen würde. Als er den Frauen und Vikirnoff hinterhereilte, nahm Nicolas eine Veränderung in der Atmosphäre wahr. Beim Abtasten der Räume vor ihnen hatte er eine Bewegung wahrgenommen, allerdings konnte er keine Form von Leben ausmachen.
Es ist möglich, dass ihr wieder Schattenkriegern begegnen werdet. Also halte inne vor dem Raum, der zu dem Höhleneingang führt, und lass mich die Führung übernehmen!, wies Nicolas Vikirnoff an. Ich werde ihre Aufmerksamkeit auf mich lenken, damit du mit den Frauen entwischen kannst.
Nicolas bemerkte, dass mit dem Eis der Höhle auch die Drachen aufzutauen begannen. Ihre Körper waren dadurch viel schwieriger zu handhaben. Deshalb würde er sie jetzt ganz Vikirnoffs Obhut überlassen müssen.
Die Drachen erwachen und werden beruhigt werden müssen. Du, Vikirnoff, Natalya und Lara müsst euch darum kümmern.
Er warf den Drachen einen Blick zu, als er seine Geschwindigkeit erhöhte und an ihnen vorbeischoss. Sowie Vikirnoff anhielt, landeten die beiden schweren Körper auf dem Boden, und ihre Muskeln verkrampften und verzerrten sich durch das auftauende Blut in ihnen. Nicolas wagte nicht, sich vorzustellen, welch grausame Schmerzen die armen Frauen litten.
Lara kniete neben ihren Tanten nieder und flüsterte beruhigend auf sie ein. Gleichzeitig versuchte sie, ihr Bewusstsein anzurühren, um sie wissen zu lassen, was geschah. Bronnie blickte mit ihren großen smaragdgrünen Augen, die feucht vor Tränen waren, zu ihr auf und blinzelte sie an.
Ich bin’s, Tante Bronnie. Ich bin zurückgekommen, um euch zu holen.
Der Drache wandte den Kopf und reckte den Hals, um zärtlich das Kinn auf seine Schwester zu legen, als sein Körper sich wieder versteifte und verkrampfte, bevor er sich sekundenlang entspannte. Hunger. Das Wort war kaum mehr als ein Krächzen.
Könnt ihr menschliche Gestalt annehmen? Natalya kann euch bekleiden, und wir können euch Blut geben. Der Gedanke drehte Lara den Magen um, aber um ihre Tanten zu retten, war sie zu allem bereit.
Die smaragdgrünen Augen blinzelten erneut und wandten sich Natalya zu. Für einen langen, gefühlsgeladenen Moment starrte sie ihre Nichte an. Keine Kraft .
Setz die Bilder, die ihr braucht, in Natalyas Kopf, und sie kann sie für euch festhalten. Vikirnoff wird auch mithelfen und euch Kraft vermitteln. Wir haben wenig Zeit. Xavier schickt uns seine Wächter hinterher.
Natalya und Vikirnoff hielten die Bilder, die Branislava ihnen übermittelte, und die Drachen verschwanden vom Boden der Eishöhle. An ihre Stelle traten zwei Frauen. Natalya hatte ihnen Kleider beschafft, warme Leggings und Pullover, die helfen sollten, ihre Körper aufzuheizen. Ihr langes, dichtes Haar, das ihnen bis zur Taille reichte, wurde von Natalya mit einer Handbewegung schnell geflochten und mit warmen Mützen bedeckt, um zu verhindern, dass das nasse Haar gefror.
Lara hielt die Köpfe ihrer Tanten im Schoß, während Natalya Tatijana ohne Zögern ihr Handgelenk darbot. Sie lächelte ihre Tante an und murmelte die rituellen Worte.
»Ich gebe mein Leben für das deine.«
Lara holte tief Luft und streckte Branislava die Hand hin. »Ich gebe mein Leben für das deine.« Ihr Herz raste, und ihr Mund wurde trocken. Panik beschlich sie, aber sie schob sie rücksichtslos beiseite. Dies war ihre geliebte Tante Bronnie, die alles für sie geopfert hatte. Sie würde sie retten, und sie würde es mit Freuden tun. Ihr Angebot kam von Herzen. Sie verdankte Branislava und Tatijana ihr Leben – nein, mehr als das: Sie verdankte ihnen ihre Seele.
Zähne senkten sich in ihr Handgelenk. Lara
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