Fluch der Nacht: Roman
rituellen Worte, die ihre Seelen aneinanderbanden. Sein Einfluss auf Lara war bestenfalls noch ziemlich schwach. Er brauchte Zeit, um ihre Verbindung zu festigen und ein gewisses Vertrauen zwischen ihnen herzustellen, auch wenn er insgeheim der Meinung war, dass sie ohne Frage bei ihm bleiben müsste.
Er blickte sich um und spürte den subtilen Einfluss der Kristalle, die Energie der Höhle mit dem tief unter ihr fließenden Magma und des Schnees, der sich tausend Fuß darüber sammelte. Nicolas breitete weit die Arme aus. »Und dieser Ort voller Macht. Auch die Schönheit dieser Höhle hatte ich schon fast vergessen. Und die Klarheit, die sie uns gewinnen lässt.«
Mikhail nickte. »Es gibt keinen anderen Ort auf Erden, der sich mit ihr vergleichen lässt. Sie ist Feuer und Eis zugleich, Leidenschaft und Kontrolle. Die Erde hat schon immer die Antworten für unsere Spezies enthalten.« Er ließ seinen Blick über die wundersame Zurschaustellung der Schönheit der Natur gleiten. »Hoffentlich kommen wir heute Nacht der Lösung unserer Probleme näher!«
5. Kapitel
W ährend Mikhail sprach, trafen die Brüder Daratrazanoff ein. Alle vier waren große, auffallend gut aussehende Männer mit langem schwarzem Haar, das von Lederriemen zusammengehalten wurde. Sie hatten die gleichen klassischen Gesichtszüge, breite Schultern und schmale Hüften, die aufrechte Haltung eines Kriegers und dessen fließende, geschmeidige Bewegungen.
Darius, der jüngste Bruder, war nicht weniger kampferprobt als der älteste. Intelligent, klug und befähigt, das Unmögliche zu tun. Er hatte die schwarzen Augen der karpatianischen Rasse und den grimmigen Mund, der mit zu viel Wissen um den Tod einherging. Neben ihm standen die legendären Zwillinge Lucian und Gabriel, die jahrhundertelang für das karpatianische Volk gejagt und gekämpft hatten. Gabriel lächelte, als er Nicolas zur Begrüßung die Unterarme drückte. Lucians und Darius’ Mienen blieben unbewegt, aber ihre Augen strahlten aufrichtige Wärme aus, als sie ihren Prinzen begrüßten.
Die sehr zierliche Frau mit dem koboldhaften Gesicht, dem kurzen, platinblonden Haar und den klugen dunklen Augen, die an Lucians Seite stand, war seine Seelengefährtin Jaxon. Sie war Polizistin gewesen – oder war es vielleicht immer noch, aber heute jagte sie mit ihrem Gefährten auch Vampire. Nicolas stimmte ganz und gar nicht mit der modernen Ansicht überein, dass Frauen – nicht einmal gut trainierten Frauen, die kämpfen konnten – erlaubt werden sollte, sich in Gefahr zu bringen. Aber Jaxon war nicht seine Gefährtin, sondern Lucians, ihres berühmtesten Kriegers, der ihr nun mal erlaubte, mit ihm in den Kampf zu ziehen. Vielleicht war es pure Arroganz seitens des Kriegers, ein übersteigertes Selbstvertrauen, seine Seelengefährtin in jeder Situation beschützen zu können, doch Nicolas war der Meinung, dass Jaxon genau wie alle anderen Frauen von den bösartigen Kreaturen, die die Untoten waren, ferngehalten werden müsste.
Frauen sollten beschützt und verehrt, aber gewiss nicht auf einem Schlachtfeld Gefahren ausgesetzt werden. Ein Jäger konnte sich nicht darum kümmern, seine Gefährtin zu beschützen, wenn er den Vampir bekämpfte. In früheren Zeiten gaben die meisten fürs Leben verbundenen Paare die Jagd ganz auf, anstatt zu riskieren, beide dabei umzukommen. Es war einer der Hauptstreitpunkte zwischen den Brüdern de la Cruz und Malinov und Vladimir Dubrinsky. Selbst damals war die Geburtenrate schon stark gesunken. Keiner von ihnen war der Ansicht gewesen, dass Frauen erlaubt werden sollte zu kämpfen, weil sie nicht die Härte ihrer Männer besaßen. Was nichts mit Kraft zu tun hatte – aber sehr viel mit der Düsternis, die den männlichen Karpatianern innewohnte.
Nicolas verbarg seine wahren Gefühle jedoch hinter einer ruhigen Fassade, als er Gregori, den vierten Daratrazanoff, begrüßte. Er war Mikhails stellvertretender Kommandeur und ein Mann, der keine Gnade kannte, wenn es um die Feinde des Prinzen ging. Er war ein erbarmungsloser Wächter, aber auch weit und breit als der begabteste Heiler der Karpatianer bekannt. Statt der glitzernden schwarzen Augen seiner Brüder hatte er silbrig schimmernde, die jedermann abschätzend und kritisch musterten. Er sah körperlich gestählt und gesund aus und war überhaupt nicht blass von seinem Kampf, einen Menschen vor den Parasiten zu erretten.
»Danke für alles, was du heute Nacht für Laras Freund getan hast«,
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