Fluch der Nacht: Roman
hellem Tageslicht im Eingang einer Höhle stehen würden.« Er trat ein, zwei Schritte vor, drehte sich dann halb um und hob die Hände.
Lara spürte sogleich das Aufflammen von Macht und wusste, dass er die Höhle versiegelte und mit Schutzzaubern belegte, damit niemand hereingelangen konnte - oder heraus. Von Panik ergriffen, sprang sie auf das Licht zu, das noch in die Höhle fiel. Einen winzigen Moment lang sah sie sein Gesicht, seine markanten, schön geschnittenen, maskulinen Züge, die das Licht noch deutlicher aufzeigte – so wie es auch den Zorn hervorhob, der in seinen schwarzen Augen loderte.
In ihrem Kopf schrillten Alarmglocken, aber das war unwichtig; das einzig Wichtige war, aus der Höhle herauszukommen, bevor er den Eingang ganz versiegelt hatte. Sie rannte noch schneller, mit einem Tempo, von dem sie nicht einmal gewusst hatte, dass sie dazu imstande war. Pure Verzweiflung trieb sie an Nicolas vorbei. Aber er ließ seine Hand vorschnellen, so blitzartig, dass sie die Bewegung gar nicht wahrnahm, packte sie, riss sie an ihrem Handgelenk herum und zog ihren Körper fest an seinen.
Wütend wehrte sie sich, zappelte und versuchte, sich von ihm loszureißen, doch er war unglaublich stark und sein Körper hart wie Eichenholz. Das Licht verblasste, als sich der Eingang schloss und sie in tiefster Finsternis zurückließ. Mit dem Licht schien sich auch die Luft im Tunnel zu verringern, und Lara vergrößerte ihre Anstrengungen, sich freizukämpfen. Sie schlug nach Nicolas’ Brust und hieb mit ihrer Faust dagegen, bis sie sich ganz zerschlagen und verwundet fühlte.
Nicolas achtete darauf, ihr nicht wehzutun, als er seinen Griff um sie verstärkte, aber sie war völlig außer Rand und Band, bearbeitete ihn mit ihren Fäusten und versuchte es dann auch mit Magie. Er konnte die enorme Energie in ihr spüren, die sich ebenso zu befreien versuchte wie sie selbst. Mit erstaunlicher Gelassenheit nahm er Lara in die Arme, drückte sie an sich und versuchte, ihr Ruhe und Besonnenheit zu vermitteln.
»Hör auf«, sagte er beschwichtigend. »Du tust dir doch nur selber weh.«
Sie wollte ihm aber wehtun. Ihn aufrütteln, um ihm klarzumachen, was er tat. Die Luft knisterte von Energie. Laras Haar war durchsetzt mit metallisch leuchtenden, kupferfarbenen Strähnen, die von ihrem Kopf abstanden wie elektrisch aufgeladen. Der Boden erbebte und wellte sich unter ihren Füßen. Der Berg stöhnte und grollte. Schmutz rieselte von den Wänden, und mehrere kleinere Steine fielen herab und rollten durch den Tunnel.
Nicolas schlang einen Arm um ihren Kopf, um sie vor herabfallendem Gestein zu schützen, und bedeckte ihren Körper mit dem seinen. »Atme mit mir.«
Seine Stimme war so ruhig, dass sie ihn für diese Ruhe hasste, weil sie selbst von Chaos und Panik erfüllt war. Sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Ohr, als er seinen Kopf zu ihr herunterbeugte.
»Wir müssen hier heraus, bevor der Berg auf uns herunterkommt«, sagte sie und verstand nicht, warum er nicht die gleiche Panik verspürte, wo doch überall um sie herum der Berg ächzte und stöhnte und Gestein herunterfiel. »Das ist ein Erdbeben.«
»Nein, ist es nicht. Du verursachst es«, sagte Nicolas. »Sieh mich an, Lara.«
Sie konnte gar nicht anders, als ihr Gesicht zu ihm zu erheben und seinen Blick zu erwidern.
»Deine Augen haben die Farbe gewechselt. Du erzeugst eine unglaubliche Elektrizität. Selbst dein Haar ist wie von Kupfer durchzogen, was alles Anzeichen von Macht sind. Du musst dich beruhigen.«
»Öffne den Ausgang.« Weil ich imstande bin, den ganzen Berg auf uns herabzubringen und eher das täte, als deine Gefangene zu sein.
Er schüttelte den Kopf. »Zwing mich nicht, dich vor dir selbst zu schützen.« Weil ich nämlich durchaus imstande bin, zu tun, was nötig ist, um dich vor Schaden zu bewahren.
Nicolas sah ebenso mitleidlos aus, wie er klang. Er kannte kein Nachgeben – kein Erbarmen. Davon war nichts zu sehen in seinen Augen oder seinem Gesicht ... und in seinem Geist schon gar nicht. Er würde keine Hemmungen haben, sie zum Aufgeben zu zwingen. Lara hatte sich geschworen, nie wieder so hilflos und verwundbar zu sein, wie sie es als kleines Kind gewesen war, aber es hätte keinen Zweck, ihre Körperkraft mit Nicolas’ messen zu wollen, und wenig Sinn, sich auf einen Machtkampf mit ihm einzulassen.
»Glaubst du wirklich, du hast das Recht, mir Vorschriften zu machen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Doch ich habe das
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