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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihm die Tür geöffnet hatte, und weil er trotzdem nicht da schon weggerannt war.
    Sag ihm die Wahrheit. Er behauptet zwar, das einzige, woran er glauben würde, wären Geld und Gewehre, und das stimmt vermutlich auch, aber du wirst ihm jetzt trotzdem die Wahrheit sagen, denn das ist die einzige Möglichkeit, wie du so einem Kerl seine Freundlichkeit vergelten kannst.
    Er hat dich angefaßt? hatte Ginelli ihn gefragt, und das war sicher erst eine Sekunde her, aber Billy, der völlig verwirrt und erschüttert war, kam es viel länger vor. »Er hat mich nicht nur angefaßt, Richard, er hat mich verflucht.«
    Er wartete darauf, daß das irre Funkeln in Ginellis Augen erlösche, er wartete, daß er auf seine Armbanduhr schauen, auf die Füße springen, nach seinem Aktenkoffer greifen und entschuldigend sagen würde: Zeit hat schon eine seltsame Art zu verfliegen, nicht wahr? Ich würde zu gerne bleiben, um diese ganze Fluchgeschkhte einmal mit dir durchzusprechen, William, aber, du verstehst, ich habe eine Pfanne Kalbfleisch in Marsalasauce auf dem Herd, die in den Three Brothers auf mich wartet, und...
    Das Funkeln erlosch nicht, und Ginelli blieb sitzen. Er schlug die Beine übereinander, strich eine Hosenfalte glatt, zog eine Schachtel Camel aus der Tasche und zündete sich eine an.
    »Erzähl mir alles«, sagte er.
    Billy Halleck erzählte Richard Ginelli alles. Als er mit seiner Geschichte fertig war, lagen vier Zigarettenstummel im Aschenbecher. Ginelli musterte ihn mit starrem Blick, als wäre er hypnotisiert. Das Schweigen zog sich in die Länge.
    Billy war es unangenehm, und er hätte es gern gebrochen, aber er wußte nicht, wie. Er schien all seine Worte verbraucht zu haben.
    »Das hat er dir angetan«, sagte Ginelli endlich. »Das hier...« und er machte eine Handbewegung, die Billys Körper umfaßte.
    »Ja. Ich erwarte nicht von dir, daß du mir glaubst, aber, ja, das hat er getan.«
    »Ich glaube dir«, sagte Ginelli beinahe abwesend.
    »Echt? Was ist mit dem Kerl, der nur an Geld und Gewehre glaubt?«
    Ginelli lächelte, dann lachte er. »Das hab ich dir gesagt, als du das erstemal angerufen hast, nicht wahr?«
    »Ja.«
    Das Lächeln verschwand. »So, so. Es gibt noch etwas anderes, das ich glaube, William. Ich glaube, was ich sehe.
    Aus dem Grunde bin ich ein relativ reicher Mann. Vor allem aber bin ich deshalb ein lebender Mann. Die meisten Menschen glauben einfach nicht, was sie sehen.«
    »Nein?«
    »Nein. Nicht, wenn es nicht mit dem übereinstimmt, was sie sowieso schon glauben. Weißt du, was ich neulich im Drugstore erlebt habe, in den ich immer gehe? Das war erst letzte Woche.«
    »Was?«
    »Da steht so ein Blutdruckmeßgerät herum. Ich glaube, die gibt es manchmal auch in den großen Einkaufszentren, aber im Durgstore ist es umsonst. Man steckt seinen Arm durch eine Schlinge und drückt auf einen Knopf. Dann schließt die Schlinge sich um den Arm. Man sitzt einen Augenblick da und macht sich schöne Gedanken, und dann läßt sie einen wieder frei. Oben auf der Sichtskala tauchen große rote Leuchtnummern auf. Man guckt auf eine Tabelle, die einem sagt, was die Zahlen zu bedeuten haben. Da steht dann ›hoch‹, ›niedrig‹ oder ›normal‹. Man kann es sich also selbst ausrechnen. Hast du das Bild vor Augen?«
    Halleck nickte.
    »Gut. Ich stehe also da und warte, daß mir der Typ eine Flasche von dieser Medizin verkauft, die meine Mutter gegen ihr Magengeschwür nehmen muß, und plötzlich kommt da so ein fetter Kerl in den Laden gewatschelt. Ich sage dir, der hat gut zweihundertfünfzig Pfund drauf, und seine Arschbacken wackelten beim Gehen, daß du denkst, da kämpfen zwei Hunde unter einer Decke. Er hat eine ganze Säuferlandkarte auf der Nase und den Wangen, und ich sehe eine Schachtel Marlboro in seiner Hemdtasche stecken. Er sammelt sich ein paar Dr.-Scholls-Hühneraugenpflaster aus dem Regal und latscht zur Kasse, da fällt sein Blick auf das Meßgerät. Er setzt sich davor, und die Maschine macht ihre Arbeit. Und da tauchen auch schon die Zahlen auf der Skala auf. Zweihundertzwanzig zu einhundertdreißig sagen sie.
    Nun habe ich keinen Furz Ahnung von dieser ganzen wunderbaren Welt der Medizin, aber ich weiß doch, daß Zweihundertzwanzig zu einhundertdreißig schon zu der unheimlichen Kategorie gehört. Ich meine, ebensogut könnte man doch mit einem vollgeladenen Revolverlauf im Ohr rumlaufen - oder etwa nicht?«
    »Richtig.«
    »Und was tut dieser Vollidiot? Er glotzt mich ganz

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