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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Tür und schlenderte langsam zu dem kleinen Tisch und seinem Stuhl zurück. Nachdenklich betrachtete er die Medizinfläschchen und fragte sich, wie er sie mit einer Hand öffnen sollte.

21. Kapitel: Ginelli
    Billy bestellte sich ein großes Lunch aufs Zimmer. Er hatte im Leben noch nie weniger Appetit gehabt, aber er aß alles auf. Nachdem er fertig war, riskierte er drei Empirin und beruhigte sich mit dem Gedanken, daß er sie ja zusätzlich zu einem dicken Truthahnsandwich, einer großen Portion Pommes frites und einem beträchtlichen Stück Apfelkuchen, der ziemlich fad geschmeckt hatte, einnahm.
    Das Mittel wirkte sofort. Er spürte, wie der Schmerzsender in seiner Hand auf bloße fünftausend Watt pro Sekunde sank.
    Danach durchtobte ihn eine Serie fieberhafter Träume.
    Durch einen tanzte Gina, nackt bis auf zwei große Goldreifen in den Ohren. Er kroch durch einen langen, dunklen Abwasserkanal auf ein kleines rundes Loch zu, durch welches Tageslicht schimmerte. Aber es war zum Verrücktwerden. Das Licht blieb immer in gleicher Entfernung. Etwas verfolgte ihn. Er hatte die furchtbare Vorstellung, daß es eine Ratte war. Eine sehr große Ratte. Dann war er aus dem Kanal heraus. Aber wenn er sich einbildete, daß er dadurch entkommen wäre, dann hatte er sich getäuscht. Jetzt war er wieder im ausgehungerten Fairview. Überall lagen Leichen aufeinandergestapelt. Yard Stevens lag mitten auf dem Marktplatz ausgestreckt. Seine Rasiermesser staken in seinem Hals, als hätte jemand sie mit Gewalt hineingestopft.
    Besser gesagt, in dem, was von seinem Hals noch übrig war.
    Bülys Tochter hockte an einen Laternenpfahl gelehnt auf dem Boden. Sie war nur noch ein Haufen durch ihr purpur-weißes Cheerleader-Trikot zusammengehaltener Knochen.
    Er konnte nicht feststellen, ob sie schon tot wie die anderen war oder nur bewußtlos. Ein Geier flatterte zu ihr herab und ließ sich auf ihrer Schulter nieder. Er spielte mit seinen Krallen, und plötzlich schnellte der Kopf vor. Mit seinem abfaulenden Schnabel riß er ihr ein Büschel Haare aus. An den Enden hingen noch blutige Fetzen ihrer Kopfhaut wie Erde an Unkrautstengeln, die man zu grob aus dem Boden gezerrt hatte. Und sie war nicht tot; er hörte sie stöhnen und sah, wie ihre Hände sich schwach im Schoß bewegten. Nein! brüllte er im Traum. Auf einmal bemerkte er Ginas Schleuder in seiner Hand. In ihrer Schlinge lag allerdings keine ihrer Stahlkugeln, sondern der gläserne Briefbeschwerer, der auf dem Spiegeltisch im Flur seines Hauses in Fairview stand.
    In massivem Glas lag etwas eingebettet - irgendein Materialfehler -, das wie eine blauschwarze Gewitterwolke aussah.
    Als Kind war Linda von dem Muster ganz fasziniert gewesen.
    Billy schoß den Briefbeschwerer auf den Geier, aber er verfehlte ihn. Auf einmal verwandelte der Vogel sich in Taduz Lemke.
    Ein lautes Klopfen von irgendwoher – er fragte sich im Traum, ob er jetzt einem tödlichen Anfall von Herzrhythmusstörungen erläge. Ich werde den Fluch niemals von dir nehmen, weißer Mann aus der Stadt, sagte Lemke; und dann befand Billy sich an einem völlig anderen Ort. Das Klopfen hatte immer noch nicht aufgehört.
    Er sah verwirrt ins Motelzimmer und glaubte zunächst, daß er einen neuen Ort des Schreckens in seinem Alptraum erreicht hätte.
    »William!« rief jemand draußen vor der Tür. »William, bist du da drinnen? Mach auf, oder ich breche die Tür ein!
    William! William!«
    Schon gut, wollte er antworten, aber es kam kein Laut aus seinem Mund. Seine Lippen waren völlig trocken und der Mund wie mit Gummi verklebt. Doch er spürte eine überwältigende Erleichterung. Es war Ginelli.
    »William? Wirst du jetzt ... ach, Scheiße!« Das letzte war leise, mehr zu sich selbst gesprochen. Darauf folgte ein gehöriger Krach, als seine Schulter gegen die Tür prallte.
    Billy stand auf. Einen Augenblick lang drehte sich alles vor seinen Augen. Er sah sie zuerst ganz scharf und dann nur noch verschwommen. Endlich konnte er den Mund aufmachen. Seine Lippen schnalzten, was er mehr spürte als hörte.
    »Ist schon in Ordnung«, krächzte er. »Ich komme, Richard. Ich bin da. Jetzt bin ich wach.«
    Er ging durchs Zimmer und öffnete die Tür.
    »Verdammt noch mal, William, ich dachte schon, du wärest ...«
    Ginelli schwieg mitten im Satz und starrte ihn an. Seine braunen Augen weiteten und weiteten sich, und Halleck dachte: Jetzt wird er rennen. Man kann nichts und niemanden mit so großen Augen ansehen und dann

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