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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Möglichkeit durchdiskutiert, daß es eventuell keinen Gott gäbe. Dieses Kind hatte ihn gelehrt, wie ermüdend Ehrlichkeit manchmal sein kann.
    Plötzlich mußte er an Ginelli denken. Was hätte Ginelli seiner Tochter wohl gesagt, wenn er jetzt hier wäre? Man muß die unerwünschten Leute aus der Stadt heraushalten, Liebes.'
    Denn das ist das einzige, worauf es ankommt – »Haltet die Stadt sauber«.
    Aber das war mehr Ehrlichkeit, als er aufbringen konnte.
    »Ja, ich glaube, das hat sie getan, Schatz. Es waren Zigeuner.
    Vagabunden.«
    »Mam hat gesagt, sie wären Betrüger.«
    »Eine Menge von ihnen verdienen sich Geld mit betrügerischen Spielen und falschen Zukunftsvorhersagen. Wenn sie in eine Stadt wie Fairview kommen, fordert die Polizei sie auf weiterzufahren. Normalerweise spielen sie sich dann auf und tun so, als wären sie beleidigt, aber im Grunde macht es ihnen nichts aus.«
    Bang! In seinem Kopf sprang eine kleine Signalflagge in die Höhe. Das war Lüge Nr. 1.
    »Sie verteilen Zettel oder hängen Plakate auf, auf denen steht, wo sie zu finden sind – gewöhnlich handeln sie mit einem Farmer oder jemandem, der ein freies Feld außerhalb der Stadt besitzt, einen Preis aus und bleiben ein paar Tage dort. Danach ziehen sie weiter.«
    »Warum kommen sie überhaupt hierher? Was tun sie?«
    »Hmm... es gibt immer Leute, die sich gern die Zukunft vorhersagen lassen. Und es gibt gewisse Spiele. Glücksspiele.
    Normalerweise sind sie Betrüger.«
    Vielleicht auch eine schnelle, exotische Bettnummer, dachte Billy. Er sah wieder die aufspringende Kellerfalte vor sich, als das Mädchen in den VW-Bus gestiegen war. Wie würde sie sich bewegen? Seine innere Stimme wußte die Antwort darauf: Wie ein Ozean kurz vor dem Ausbruch eines Sturms, genau so..
    »Kaufen die Leute auch Drogen bei ihnen?«
    Heutzutage braucht man keine Zigeuner mehr, um an Drogen heranzukommen, Kind, man kauft sie auf dem Schulhof.
    »Haschisch vielleicht«, antwortete er. »Oder Opium.«
    Er war als Teenager in diese Gegend von Connecticut gekommen und seitdem die ganze Zeit über dort geblieben - in Fairview und in der Nachbarstadt Northport. Er hatte seit beinahe fünfundzwanzig Jahren keine Zigeuner mehr gesehen ... nicht, seit er als Kind in North Carolina am Glücksrad fünf Dollar verloren hatte. Es war sein mühsam erspartes Taschengeld gewesen, von dem er eigentlich ein Geburtstagsgeschenk für seine Mutter kaufen wollte. Sie durften Kinder unter sechzehn eigentlich nicht bei sich spielen lassen, aber wenn man eine Münze oder einen großen Grünen bei sich hatte, konnte man jederzeit vortreten und ihn einsetzen. Einige Dinge veränderten sich wohl doch nie, und dazu gehörte vor allem die alte Binsenweisheit: Bei Geld hört die Freundschaft auf. Wenn man ihn am Tag zuvor danach gefragt hätte, hätte er wohl die Achseln gezuckt und die Meinung vertreten, daß es vermutlich gar keine herumziehenden Zigeuner mehr gäbe. Doch die streunende Rasse starb natürlich nie aus. Als Heimatlose kamen sie in die Stadt und verließen sie genauso wieder, Steppenläufer, die alle möglichen Geschäfte machten und sofort wieder Leine zogen, wenn sie ihre schmierigen Portemonnaies mit Dollars gefüllt hatten, die sie auf eine Weise verdienten, welche sie selbst verachteten. Sie hatten überlebt. Hitler hatte versucht, sie zusammen mit den Juden und den Homosexuellen auszurotten, aber er vermutete, daß sie auch tausend Hitlers überleben würden.
    »Ich dachte, der Stadtpark wäre öffentlicher Allgemeinbesitz«, sagte Linda. »Das haben wir wenigstens in der Schule gelernt.«
    »In gewisser Weise ist er das«, bestätigte Halleck. »Allgemein bedeutet, daß er sich im Besitz der Stadtbewohner befindet. Der Steuerzahler.«
    Bong! Lüge Nr. 2. Die Steuern hatten in New England überhaupt nichts mit öffentlichen Grundstücken, deren Gebrauch oder Besitz zu tun. Siehe die Fälle Richards gegen Jerram, New Hampshire, oder Baker gegen Olins (der ins Jahr 1835 zurückreichte) oder...
    »Die Steuerzahler«, wiederholte sie nachdenklich.
    »Man braucht eine Genehmigung, um den Gemeindepark benutzen zu dürfen.«
    Pling! Lüge Nr. 3. Diese Idee war schon 1931 über den Haufen geworfen worden, als eine Gruppe armer Kartoffelbauern während der Depression im Herzen von Lewistown, Maine, eine Zeltstadt errichtet hatte. Die Stadt hatte sich sofort an Roosevelts Oberstes Gericht gewandt und ohne Verhandlung ihr Recht erhalten. Denn die Kartoffelbauern hatten

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