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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ein Symptom für irgendeine Art von Hirntumor sein, auch wenn der Pa tient keine üblen Gerüche ausstößt – das stinkt dann wie Scheiße oder vergammelte Früchte oder ranziges Popcorn oder was Sie wollen. Also machte mein Freund eine ganze Röntgenserie und ein EEG von dem Jungen und schickte ihn dann ins Krankenhaus, um eine Gehirnaxialtomogra phie anfertigen zu lassen. Wissen Sie, was sie herausgefun den haben?«
    Halleck schüttelte den Kopf.
    »Sie fanden heraus, daß dieser Knabe, der das drittbeste Abitur gemacht hatte, der jedes Semester an der George-Washington-Universität auf der Bestenliste stand, fast überhaupt kein Gehirn hatte. Im Zentrum seines Schädels hing eine einzige, gedrehte Kordel von etwas festerer Hirnmasse – mein Kollege hat es mir auf den Röntgenaufnahmen gezeigt, sah aus wie eine Vorhangkordel aus Makramee –, das war schon alles. Diese Kordel hat vermutlich alle seine vegetativen Funktionen gesteuert, alles von der Atmung über den Herzschlagrhythmus bis hin zum Orgasmus. Nur ein winziges Seil aus Gehirnmasse. Der Rest des Schädels war mit einer cerebrospinalen Flüssigkeit gefüllt. Irgendwie können wir nicht begreifen, wie der Junge damit denken kann. Wie dem auch sei, er ist immer noch einer der besten an der Uni, hat immer noch seine Migräne und entspricht weiterhin genau dem Migränetyp. Wenn er nicht in seinen Zwanzigern, Dreißigern an einem Herzinfarkt stirbt, werden die Kopfschmerzen ab vierzig langsam aufhören.«
    Houston zog die Schublade wieder auf, holte das Kokain heraus, nahm etwas davon und bot auch Halleck welches an.
    Halleck schüttelte den Kopf.
    »Dann, vor ungefähr fünf Jahren«, setzte Houston seine Erzählung fort, »kam eine alte Dame in meine Praxis, die an Kieferschmerzen litt. Inzwischen ist sie gestorben. Wenn ich Ihnen den Namen der alten Hexe sagen würde, würden Sie sofort wissen, wen ich meine. Ich warf einen Blick in ihren Mund, und, Gott, der Allmächtige, ich konnte es nicht glauben. Sie hatte vor fast zehn Jahren ihre zweiten Zähne verloren - ich meine, das Baby marschierte sachte auf die neunzig zu –, und was sah ich? Einen dritten Satz Zähne, der da nachwuchs ... insgesamt fünf. Kein Wunder, daß sie Kieferschmerzen hatte, Billy! Sie bekam tatsächlich einen dritten Satz Zähne. Und das im Alter von achtundachtzig Jahren!«
    »Was haben Sie mit ihr gemacht?« fragte Halleck. Er hörte nur mit halbem Ohr zu – die Worte rauschten an ihm vorbei, beruhigend – wie sanfte Geräusche, wie die einlullende Musik, die einen von der Decke eines Supermarktes berieselt. Er beschäftigte sich immer noch mit seiner Erleichterung - Houstons Kokain war gewiß nur eine armselige Droge im Vergleich zum Erleichterungsrausch, den er empfand.
    Er dachte kurz an den alten Zigeuner mit der abfaulenden Nase, aber das Bild hatte seine dunkle, geheimnisvolle Macht verloren,
    »Was ich mit ihr gemacht habe?« wiederholte Houston.
    »Jesus, was konnte ich denn schon machen? Ich habe ihr ein Mittel verschrieben, das nichts weiter war als eine verstärkte, puderige Form von Num-Zit, das Zeug, das man Babys auf den Kiefer schmiert, wenn sie ihre Zähne kriegen. Bevor sie starb, hat sie noch drei weitere gekriegt – einen Schneidezahn und zwei Backenzähne.
    Ich habe auch noch anderes gesehen, eine Menge. Jedem Arzt begegnen so komische Sachen, die er sich nicht erklären kann. Aber genug von Ripleys Glaub's oder Glaub's nicht. Es ist nämlich so, daß wir gottverdammt wenig über den menschlichen Stoffwechsel wissen. Es gibt Typen wie diesen Duncan Hopley ... Kennen Sie Dune?«
    Halleck nickte. Fairviews Polizeichef, Zigeunerjäger, der aussah wie eine Dschungelversion von Clint Eastwood.
    »Der frißt, als ob jede Mahlzeit seine letzte wäre«, erzählte Houston. »Heiliger Moses, ich habe noch nie einen Mann gesehen, der so wie ein Bär frißt. Aber er bleibt konstant auf hundertsiebzig Pfund, und da er gut eins fünfundachtzig groß ist, ist sein Gewicht genau richtig. Er hat einen hochfri-sierten Stoffwechsel. Er verbrennt seine Kalorien zweimal so schnell wie zum Beispiel, sagen wir mal, Yard Stevens.«
    Halleck nickte wieder. Yard Stevens war Besitzer und zugleich sein eigener Angestellter des Heads Up, Fairviews einzigem Friseurladen. Er wog um die dreihundert Pfund.
    Wenn man ihn sah, fragte man sich, ob seine Frau ihm wohl die Schuhe zuband.
    »Yard ist ungefähr genauso groß wie Hopley«, sprach Houston weiter, »aber wenn ich ihm beim Lunch

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