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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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haben.«
    »Sie haben mir einen Stein von der Seele genommen«, sagte Billy und drückte Houston fest die Hand.
    Houston lächelte selbstgefällig, obwohl er eigentlich nichts getan hatte, als Halleck mit Phrasen abzuspeisen: Nein, er wüßte nicht, was mit Halleck los sei, aber nein, es sei kein Krebs. Puh! »Dafür sind wir ja da, Billy-Boy.«
    Billy-Boy fuhr nach Hause zu seiner Frau.
    »Er hat gesagt, daß alles in Ordnung ist?«
    Halleck nickte.
    Sie legte die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich. Er spürte, wie ihre Brüste sich verführerisch an seinen Körper preßten.
    »Willst du mit nach oben kommen?«
    Sie sah ihn prüfend an. Das Licht in ihren Augen tanzte.
    »He, du bist wirklich gesund, nicht wahr?«
    »Das kannst du glauben.«
    Sie gingen nach oben und hatten fantastischen Sex. Eines der letzten Male.
    Danach schlief Billy ein. Und er träumte.

7. Kapitel: Der Vogeltraum
    Der Zigeuner hatte sich in einen riesigen Vogel verwandelt. Einen Geier mit abfaulendem Schnabel. Er zog seine Kreise über Fairview und ließ grobkörnigen, aschengrauen Staub und Schornsteinruß über die Stadt fallen, der unter seinen dunklen Fittichen hervorsprühte ... oder waren es seine Flügelspitzen?
    »Dünner«, krächzte der Zigeuner-Geier, während er über den Gemeindepark hinwegsegelte, über das Village Pub, Waldenbooks Buchhandlung an der Ecke Main und Devon Street, das Este-Este, Fairviews bescheidenes italienisches Restaurant, über die Post, den Bahnhof und Fairviews moderne öffentliche Bibliothek mit den glä-
    sernen Wänden, um schließlich über die Salzmarschen auf die Bucht hinauszufliegen.
    Dünner, nur dieses eine Wort, aber Halleck begriff, daß es ein mächtiger Fluch war, denn jeder Mensch in diesem reichen Oberklassen-in- NewYork-arbeitenden- und-auf- dem-Heimweg- noch-schnell- ein-paar- Drinks-im- Club-einnehmenden- Vorort, jeder Mensch in dieser hübschen, kleinen New-England-Stadt im Herzen des John-Cheever-Landes, jeder Mensch in Fairview war am Verhungern.
    Er ging die Hauptstraße entlang, schneller und schneller, und offenbar war er unsichtbar – die Logik von Träumen richtet sich letztendlich danach, was der Traum verlangt - und furchtbar entsetzt von dem, was der Zigeunerfluch angerichtet hatte. Aus Fairview war eine Stadt geworden, in der nur noch Überlebende aus einem Konzentrationslager wohnten. Aus teuren Kinderwagen schrien ihm Babys mit verfallenen Körpern und riesigen Köpfen entgegen.
    Zwei Damen in exklusiven Modellkleidern taumelten und torkelten aus dem Cherry on Top heraus, Fairviews Version des guten alten Eissalons. Ihre Gesichter waren nur noch Haut und Knochen, und ihre hervorspringenden Augenbrauen spannten skh über bleicher, pergamentener Haut; die Kragen ihrer Kleider schlotterten um vorstehende, nur noch von Haut bedeckte Halsknochen und tief eingefallene Schulterblätter: eine grauenhafte Parodie jeglicher Verführungskunst.
    Und da kam ihm Michael Houston entgegen, auf vogelscheuchenähnlichen Beinen torkelnd, den Saville-Row-Anzug um das unwahrscheinlich ausgemergelte Skelett flatternd, eine Kokainphiole in einer Skeletthand vor sich hertragend. »Auch was?« kreischte er Halleck zu mit der Stimme einer in der Falle gefangenen Ratte, die das letzte bißchen ihres miserablen Lebens mit diesem Gekreisch aushaucht. »Auch was? Es wird deinen Stoffwechsel ankurbeln, Billy-Boy! Auch was? Auch ...«
    Mit tiefem Grauen sah Halleck, daß die Hand, in der er die Phiole hielt, überhaupt keine Hand mehr war, sondern nur noch klappernde Knochen. Dieser Mann war ein aufgezogenes und leierndes Skelett.
    Halleck drehte sich um und wollte wegrennen, aber, wie das in Alpträumen so ist, er konnte seinen Schritt nicht beschleunigen. Obwohl er sich auf dem Bürgersteig der Hauptstraße befand, hatte er das Gefühl, durch dicken, klebrigen Schlamm zu waten. Jeden Augenblick würde das Skelett, das einst Michael Houston gewesen war, nach ihm langen und ihn an der Schulter berühren. Vielleicht würde die knochige Hand ihn auch am Nacken fassen und sich festkrallen.
    »Auch was! Auch was! Auch was!« quietschte Houstons durch-dringende Rattenstimme. Sie kam näher und näher. Halleck wußte, würde er jetzt den Kopf umdrehen, stünde die furchtbare Erscheinung hinter ihm, nahe, sehr nahe – funkelnde Augen, die aus tiefen, nackten Knochenhöhlen hervorstachen, freigelegte Kiefer-knochen, die klappernd nach ihm schnappten.
    Er sah, wie Yard Stevens aus seinem Heads Up

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