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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schwärm Motten gefühlt, die in seinem Magen herumzuflattern schienen.
    Fünf Pfund, hatte er gedacht. Mein Gott, fünf Pfund an einem einzigen Tag!
    Seitdem hatte er keine Mahlzeit mehr ausgelassen.
    Im Augenblick deutete er auf seinen leergeputzten Teller mit den säuberlich abgenagten Maiskolben und den Soßenresten von Hamburgern, Salat und Pommes frites, sowie auf die Vanillesauce des Nachtischs.
    »Sieht das nach einer Anorexia neroosa aus, Heidi?« fragte er sie. »Sag mir's, sieht das danach aus?«
    »Nein«, antwortete sie widerwillig. »Nein, aber ...«
    »Ich habe den ganzen letzten Monat soviel gegessen«, fuhr er fort. »Und während dieses Monats habe ich an die siebzig Pfund abgenommen. Würdest du mir bitte mal erklären, wie mein Unterbewußtsein diesen Trick zustande bringt? Zwei Pfund pro Tag abzunehmen bei einer täglichen Zufuhr von gut und gerne sechstausend Kalorien?«
    »Ich ... ich weiß es nicht ... aber Mike ... Mike sagt ...«
    »Du weißt es nicht, und ich weiß es nicht«, sagte Billy und warf ärgerlich seine Serviette auf den Teller. Sein Magen ächzte und stöhnte unter dem Gewicht der Speisen, die er gerade in sich hineingestopft hatte. »Und Michael Houston weiß es genausowenig.«
    »Aber, wenn es ein Fluch ist, warum geschieht mir denn nichts!« schrie sie ihn unvermittelt an. Obwohl ihre Augen vor Wut funkelten, sah er schon die Tränen, die dahinter standen.
    Betroffen, erschrocken und für einen Augenblick nicht fähig, sich zu beherrschen, schrie er zurück: »Weil er es nicht gewußt hat, deshalb! Das ist der einzige Grund! Er hat es nicht gewußtl«
    Heulend stieß sie den Stuhl zurück, fiel fast darüber und floh aus dem Zimmer, die Hände gegen die Stirn gepreßt, als hätte sie soeben hämmernde Kopfschmerzen bekommen.
    »Heidi!« rief er ihr nach und sprang so schnell auf, daß sein Stuhl nach hinten überkippte. »Heidi, komm zurück!«
    Ihre Schritte hielten nicht auf der Treppe. Er hörte eine Tür zuschlagen - nicht ihre Schlafzimmertür. Es war viel zu weit hinten auf dem Flur. Lindas oder das Gästezimmer.
    Er tippte sofort auf das Gästezimmer und behielt recht. In der Woche, bevor er fortfuhr, schlief sie nicht mehr bei ihm. 
    Diese Woche – die letzte, bevor er fuhr – war in seiner Erinnerung ein einziger verworrener Alptraum. Das blieb auch so, als er später versuchte, darüber nachzudenken.
    Das Wetter war heiß und drückend schwül geworden, so als hätten die Hundstage sie in diesem Jahr früher heimgesucht. Selbst die Bäume am frischen, kühlen Lantern Drive mit seinen sündhaft teuren Villen schienen zu welken. Billy Halleck aß und schwitzte, schwitzte und aß ...
    Und sein Gewicht sank langsam aber sicher weiter, und das ließ sich durch nichts aufhalten. Am Ende dieser Woche, als er sich bei Avis einen Wagen mietete, um die Interstate 95
    nach Marne und New Hampshire hinaufzufahren, hatte er wieder elf Pfund abgenommen. Jetzt wog er nur noch 156.
    Während dieser Woche riefen ihn immer wieder die Ärzte aus der Glassman-Klinik an. Und auch Michael Houston versuchte es ununterbrochen. Heidi sah ihn nur mit anklagenden, dunkel umringten Augen an und sagte nichts. Als er davon sprach, Linda anzurufen, erwiderte sie bloß mit dünner, müder Stimme: »Mir wäre es lieber, wenn du das nicht tätest.«
    Am Freitag, einen Tag, bevor er losfuhr, rief Houston ihn noch einmal an.
    »Michael«, sagte er und schloß die Augen. »Ich nehme schon keine Anrufe aus der Glassman-Klinik mehr entgegen. Ich werde auch von Ihnen keinen Anruf mehr annehmen, wenn Sie nicht mit diesem Mist aufhören!«
    »Das würde ich gerade jetzt nicht tun«, sagte Houston eindringlich. »Ich möchte, daß Sie mir jetzt ganz genau zuhören, Billy. Es ist äußerst wichtig.«
    Billy hörte sich Houstons neuen Quatsch ohne große Überraschung an. Er empfand nur Zorn und eine tiefe Enttäuschung darüber, von allen verraten zu sein. Aber das hatte er ja schließlich kommen sehen.
    Heidi hatte Houston noch einmal aufgesucht. Sie hatten eine sehr gründliche Unterredung miteinander gehabt, die wohl mit noch mehr Tränen geendet hatte. Danach hatte Houston ein langes Gespräch mit den drei Stooges in der Glassman-Klinik geführt (»Keine Sorge, Billy, läuft alles unter Dienstgespräch!«). Houston hatte Heidi dann wieder zu sich gebeten. Sie waren alle der Meinung, daß Billy vielleicht von einer Serie psychologischer Tests profitieren könnte.
    »Und ich möchte Sie dringendst

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