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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Kulissen schauen, könnte dort die Scheinwerfer, Kameras und Bühnenbildner, ja, eine unvorstellbare ›reale Welt‹ entdecken. Der Seeduft schien von all den menschlichen Gerüchen erstickt zu werden. Die Geräusche kamen von ganz weit her, so als strömten sie durch einen sehr langen Korridor.
    Astralprojektion, so'n Quatsch, meldete sich eine gedämpfte Stimme. Du stehst kurz vor einem Sonnenstich, mein Freund.
    Das ist lächerlich. Ich habe noch nie im Leben einen Sonnenstich gehabt.
    Na, ich glaube, wenn man so schnell hundertzwanzig Pfund verliert, wird der innere Thermostat ganz schön durcheinandergebracht.
    Du wirst jetzt sofort aus der Sonne verschwinden, sonst landest du noch irgendwo in einer Notaufnahmestation und mußt  deine Blutgruppe und deine Versicherungsnummer angeben.
    »Na gut, du hast mich überredet«, murmelte Billy laut, und ein kleiner Junge, der sich gerade ein Stück Schokolade nach dem anderen in den Mund stopfte, drehte sich um und warf ihm einen scharfen Blick zu.
    Vor ihm lag eine Bar mit dem Namen The Seven Seas. An der Tür klebten zwei Schilder: VOLLKLIMATISIERT, ANGENEHM KÜHL stand auf dem einen und WIR SCHLIESSEN ZUR HAPPY HOUR auf dem anderen. Billy ging hinein.
    The Seven Seas war nicht nur angenehm kühl, es herrschte hier auch eine gesegnete Ruhe. Ein Schild an der Jukebox besagte: IRGEND so EIN ARSCHLOCH HAT MIR LETZTE NACHT EINEN TRITT VERPASST, UND JETZT SPIELE ICH NICHT MEHR. Darunter drückte eine französische Übersetzung dasselbe Gefühl aus. Allerdings waren beide Zettel so alt und vergilbt, daß die fragliche ›letzte Nacht‹ durchaus schon einige Jahre her sein konnte. Ein paar Kunden saßen an den Tischen, hauptsächlich ältere Männer, die so ähnlich wie Billy angezogen waren – mehr für die Straße als für den Strand. Einige spielten Dame oder Backgammon. Fast alle trugen einen Hut.
    »Kann ich Ihnen helfen«, fragte der Barkeeper, der auf ihn zukam.
    »Ein Bier, bitte.«
    »Sofort.«
    Das Bier kam. Billy trank es langsam und beobachtete das Gedränge auf dem Bürgersteig durch die Barfenster. Ruhig lauschte er dem Gemurmel der alten Männer. Er spürte, wie ein Teil seiner Kraft - ein Teil seines Realitätsbewußtseins wieder zurückkehrte.
    Der Barkeeper kam wieder. »Noch eins?«
    »Ja, bitte. Und ich hätte gern ein Wort mit Ihnen gesprochen, wenn Sie einen Augenblick Zeit hätten.«
    »Worüber?«
    »Über ein paar Leute, die vielleicht hier durchgekommen sind.«
    »Was meinen Sie mit hier? Die Seven Seas?«
    »Old Orchard.«
    Der Keeper lachte. »Soweit ich das überblicke, kommt hier im Sommer halb Maine und ganz Kanada durch, mein Sohn.«
    »Es handelt sich um Zigeuner.«
    Der Keeper grunzte und brachte Billy eine neue Flasche Bier.
    »Sie meinen das Treibgut. Jeder, der im Sommer nach Old Orchard kommt, ist einer von ihnen. Diese Bar hier ist ein bißchen anders. Die meisten, die hierherkommen, leben das ganze Jahr über in Old Orchard. Aber die Leute da draußen ...« Er tat sie mit einer Bewegung aus dem Handgelenk ab. »Treibgut. Genau wie Sie, Mister.«
    Billy hielt das Glas schräg und ließ das Bier langsam hineinlaufen. Dann legte er eine Zehn-Dollar-Note auf die Theke.
    »Ich weiß nicht, ob wir uns richtig verstehen. Ich spreche von wirklichen, echten Zigeunern, nicht von Touristen oder Sommerfrischlern.«
    »Echte ... oh, das müssen die Leute sein, die draußen bei dem alten Salzschuppen gecampt haben.«
    Billys Herz schlug schneller. »Darf ich Ihnen mal ein paar Fotos zeigen?«
    »Hat keinen Zweck. Ich habe sie nicht gesehen.« Er blickte einen Augenblick auf den Zehner, dann'rief er: »Lon! Lonnie! Kommst du mal einen Augenblick rüber?«
    Einer der alten Männer, die an den Fenstern saßen, stand auf und schlurfte zur Theke. Er hatte'eine graue Baumwollhose und ein weißes Hemd an. Beides war ihm viel zu groß.
    Auf seinem Kopf saß ein Strohhut mit einem schmalen Rand. Sein Gesicht wirkte sehr müde. Nur die Augen waren lebendig. Er erinnerte Billy an jemanden, und nach einer Weile kam er drauf. Der alte Mann sah genau so aus wie der Scha.uspieler und Lehrer Lee Strasberg.
    »Das ist Lon Enders!« stellte der Barkeeper ihn vor. »Er hat ein kleines Haus außerhalb der Stadt, ganz in der Nähe des alten Salzschuppens. Lon kriegt alles mit, was in Old Orchard vor sich geht.«
    »Ich bin Billy Halleck.«
    »Angenehm.« Enders' Stimme klang trocken wie Papier.
    Er setzte sich auf den Barhocker neben Billy, das heißt, er

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