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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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würden sich immer an der Küste halten. Während des Sommers war die Küste der Ort in Maine, wo action war, weil dort die Touristen waren. Sie kamen, um hier im Wasser zu schwimmen, da es meistens zu kalt war, um sich in der Sonne zu baden, die kaum zu sehen war (an vielen Tagen blieb das Wetter kalt und regnerisch, aber die Touristen schienen sich irgendwie nie daran erinnern zu können), um Hummer und Krabben zu essen, um Aschenbecher mit aufgemalten Seemöwen zu kaufen, um die Sommertheater in Ogunquit und Brunswick zu besuchen, die Leuchttürme von Portland und Pemaquid zu fotografieren oder einfach auch nur so in Städten wie Rockport, Camden und, natürlich, Bar Harbor, die gerade in Mode waren, herumzuhängen.
    Die Touristen hielten sich an der Küste auf und somit auch die Dollars, die nur darauf warteten, aus ihren Brieftaschen zu flattern. Dort würden auch die Zigeuner zu rinden sein - aber wo genau?
    Billy stellte eine Liste von etwas mehr als fünfzig Seebadeorten zusammen und ging nach unten in die Hotelhalle. Der Barmann kam aus New Jersey und kannte sich nur in Ashbury Park gut aus. Aber er fand eine Kellnerin, die ihr ganzes Leben in Maine verbracht hatte, die Küste wie ihre Westentasche kannte und gern bereit war, etwas darüber zu erzählen.
    »Ich bin auf der Suche nach ein paar Leuten und bin mir auch ziemlich sicher, daß sie sich irgendwo in einem Badeort aufhalten - aber in keinem so protzigen. Mehr so was wie ... wie ...«
    »Sie meinen eine Art honky-tonk-Stadt?« fragte sie.
    Billy nickte.
    Sie beugte sich über die Liste. »Old Orchard Beach«, sagte sie sofort. »Das ist die honky-tonkieste Stadt von allen. So, wie es da bis zum Labor Day zugeht, werden Ihre Freunde überhaupt nicht auffallen, es sei denn, jeder hat drei Köpfe auf den Schultern.«
    »Noch andere?«
    »Hm ... im Sommer sind alle Küstenstädte ein bißchen flippig«, antwortete sie. »Nehmen Sie zum Beispiel mal Bar Harbor. Jeder, der mal von Bar Harbor gehört hat, glaubt, daß es eine wirklich fetzige, vornehme Stadt ist ... anspruchsvoll ... voller reicher Leute, die nur im Rolls-Royce herumfahren.«
    »Aber es ist nicht so?«
    »Nein. Frenchman's Bay vielleicht, aber nicht Bar Harbor.
    Im Winter ist es einfach eine verschlafene kleine Stadt, in der die tägliche Zehn-Uhr-fünfundzwanzig-Fähre das Aufregendste ist, was passiert. Aber im Sommer ist Bar Harbor eine verrückte Stadt. Wie Fort Lauderdale zu Frühlingsanfang - voller Punks und Skinheads und pensionierter Hippies. Wenn man in Northeast Harbor auf der Anhöhe steht und der Wind in die richtige Richtung bläst, braucht man nur tief einzuatmen und schon ist man bekifft von dem ganzen Dope, das in Bar Harbor in der Luft hängt. Die Hauptattraktion ist – bis zum Labor Day – der große Straßenkarneval. Die meisten Städte, die Sie auf Ihrer Liste haben, sind so, Mister. Aber Bar Harbor steht ganz oben, verstehen Sie?«
    »Ich hab's gehört«, antwortete Billy lächelnd.
    »Früher habe ich mich im Juli, August öfters dort rumgetrieben, aber heute nicht mehr. Jetzt bin ich zu alt dafür.«
    Billys Lächeln wurde wehmütig. Die Kellnerin sah höchstens wie dreiundzwanzig aus.
    Er gab ihr fünf Dollar; und sie wünschte ihm schöne Ferien und viel Glück bei der Suche nach seinen Freunden. Billy nickte, aber zum erstenmal war er in diesem Punkt nicht mehr so optimistisch.
    »Hätten Sie was gegen einen kleinen Rat einzuwenden, Mister?«
    »Ganz und gar nicht«, antwortete Billy in der Annahme, sie hätte eine gute Idee, in welcher Stadt er am besten anfangen sollte - obwohl er das schon für sich selbst entschieden hatte.
    »Sie sollten mal'n bißchen Fett ansetzen«, sagte sie. »Essen Sie Mehlspeisen. Das ist das, was meine Mutter Ihnen raten würde. Essen Sie eine Menge Mehlspeisen. Nehmen Sie mal wieder ein paar Pfund zu.«
    An seinem dritten Tag in South Portland erhielt er einen dicken, braunen Umschlag voller Fotografien und den Informationen über die Fahrzeuge. Er blätterte die Fotos langsam durch und betrachtete jedes einzeln. Da war der junge Mann, der mit den Bowlingkegeln jongliert hatte; er hieß ebenfalls Lemke, Samuel Lemke. Er blickte mit einer kompromißlosen Offenheit in die Kamera, einer Offenheit, die Bereitschaft zu Freundschaft und Lebensfreude wie zu Zorn und Mißmut verriet. Und dort das junge Mädchen, das so zielsicher mit der Kugelschleuder ins Schwarze getroffen hatte, als die Polizeibeamten aufgekreuzt waren - ja, sie war

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