Fluch des Magiers
viele ihres Volkes wie möglich zu retten.
In dem Moment verschwand das erste Bild, und Laisa sah den jungen Baum, der bereits prächtig gewachsen war, und die Königin auf einem Moospolster zu seinen Füßen sitzen. Erneut stand der grüne Eirun vor ihr. Seiner Miene nach schien er zornig zu sein, und er erklärte ihr, dass er schließlich ihr Volk gerettet habe und sie ihm dafür dankbar sein müsse.
»Ich bin Euch dankbar, Herr Erulim«, antwortete die Königin. »Von ganzem Herzen sogar! Dennoch kann ich Euren Wunsch nicht erfüllen und Euch noch einmal junge Krieger meines Volkes zur Verfügung stellen. Ich habe es bisher schon viermal getan, und noch nie ist einer derer, die mit Euch gegangen sind, nach Lirian zurückgekehrt!«
»Du wirst gehorchen!«, herrschte der Grüne die Königin an.
Doch diese schüttelte den Kopf. »Nein! Und versucht nicht noch einmal, mich zu beeinflussen, wie Ihr es beim letzten Mal getan habt. Heute bin ich darauf vorbereitet!«
»Bist du auch darauf vorbereitet?«, fragte der Grüne da höhnisch und zog blitzschnell einen Dolch, unter dessen silberner Scheide eine schwarzmagische Klinge steckte. Diese stieß er der Frau in die Brust. Danach betätigte er ein Artefakt und verschwand spurlos.
Die Verzweiflung der Sterbenden steckte den gesamten Wald an, und von überall liefen weiße Eirun herbei. Als sie ihre am Boden liegende Königin entdeckten, sanken sie auf die Knie und schrien vor Entsetzen. Da hob die Königin schwach die Hand und winkte ein Mädchen heran, das nach menschlichen Verhältnissen nicht älter als zehn, elf Jahre sein konnte.
»Nun musst du dem Volk als Königin dienen, mein Kind. Aber hüte dich vor falschen Freunden.« Die Frau wollte noch mehr sagen, spürte aber, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb, und blickte zu einem jungen Eirun-Krieger auf, der mit Bogen und Schwert gerüstet neben sie getreten war.
Dieser hob seine Rechte zum Schwur. »Ich werde Euch rächen, Herrin, und das schwarze Gesindel jagen, das Euch das angetan hat.«
»Glaubst du, ein Schwarzer hätte bis ins Herz von Lirian vordringen können, ohne bemerkt zu werden, Reolan ?«, flüsterte die Königin. »Die Waffe mag schwarz gewesen sein, doch eine grüne Hand hat sie geführt. Der, den wir unseren Freund nannten, hat sich als Verräter erwiesen. Weiß Giringar, wie es ihm gelungen ist, Silber so zu behandeln, dass er sich damit versetzen kann.«
Die Frau wurde bei diesen Worten immer schwächer, und die letzten Gedanken kamen nur noch so dünn bei Reolan an, dass der Krieger sie kaum verstehen konnte.
Während das Leben aus der Königin entwich, stand er starr neben ihr, die eine Hand am Schwertgriff, die andere am Bogen. Nur die Tränen, die aus seinen Augen traten und langsam seine Wangen herabrannen, zeigten an, dass es sich bei ihm um ein lebendes Wesen handelte.
Als Laisa erwachte, schüttelte sie verwirrt den Kopf. So hatte sie noch nie geträumt, und sie fragte sich, ob es an der Umgebung lag oder doch an dem vollen Magen. Da spürte sie, dass sich unter ihr geistig etwas regte, und fasste nach.
»Wer bist du?«, hörte sie die erstaunte Frage und gleichzeitig eine gewisse Erleichterung, weil sie weiß war und nicht grün.
»Wer bist du?«, antwortete sie mit einer Gegenfrage.
»Ich bin Reolan von Lirian«, antwortete der Eirun, und Laisa begriff, dass sie seine Träume miterlebt hatte.
Offensichtlich hatte Reolan ihre Überlegungen mitbekommen, denn er antwortete selbst in Gedanken mit bitterer Stimme. »Wenn es nur Träume gewesen wären! Doch leider ist es genau so passiert. Der grüne Eirun Erulim, den wir für den Retter unseres Volkes hielten, hat uns an einen versteckten Ort gebracht, damit wir ihm dienen sollten. Doch als wir uns weigerten, ihm weiter zu gehorchen, weil bereits zu viele von uns bei seinen Aufträgen verschwunden waren, tötete er unsere Königin. Ich bin ihm gefolgt, um ihn zu bestrafen, doch hier in Eldelinda hat er mich in eine Falle gelockt. Bevor er mich versteinerte, verhöhnte er mich noch und berichtete mir, dass er selbst uns drüben auf der anderen Stromseite die Gurrims auf den Hals gehetzt habe, um ganz über uns verfügen zu können.«
»Den Namen Erulim kenne ich nicht, und auch Lirian ist mir unbekannt. Aber ich weiß von einem grünen Magier, der die Reiche im Süden bedroht und möglicherweise mit einem blauen Schuft zusammenarbeitet, der ähnlich wie er auf der anderen Seite wühlt«, erklärte Laisa.
Ein bitteres Lachen
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