Fluch des Magiers
kleine Wesen, als das sie derzeit herumlief. Die Frage war nur, was sie in dieser mickrigen Gestalt erreichen konnte.
Nun bekam sie auch noch Hunger! Zwar gab es hier ein paar Tiere, die für sie auch in ihrer kleinen Statur als Beute geeignet gewesen wären, doch die waren zu Stein erstarrt, und so würde sie sich an ihnen die Zähne ausbeißen.
Laisa fand, dass sie nicht gerade die ideale Erscheinungsform besaß. Als sie selbst hätte sie warten können, bis der König oder sein komischer Kanzler hereinkam, und die beiden überwältigen. Doch das war ihr nicht möglich. Um nicht den Mut zu verlieren, kletterte sie von dem Eirun herab und durchsuchte die ganze Halle. Zunächst glaubte sie, es würde kein anderer Weg hinausführen als der, den der König mit seiner Begleitung gewählt hatte. Dann aber spürte sie vor sich einen Illusionszauber, wie sie ihn schon mehrfach erlebt hatte. Irgendetwas gaukelte den Betrachtern eine feste Mauer vor, die gar nicht vorhanden war.
Kurz entschlossen ging sie auf die Stelle zu – und passierte sie ohne Probleme. Sie fand sich in einer kleineren Kammer wieder, in der mehrere Truhen standen, aus denen es angenehm roch. Als sie die erste davon öffnete, funkelte es so, dass sie einen Moment die Augen schließen musste. So viele Edelsteine verschiedener Farben hatte sie noch nie gesehen. Wer auch immer dieses Versteck eingerichtet hatte, konnte nicht arm sein, dachte sie und legte sich genussvoll auf die Juwelen.
Nach einer Weile sagte ihr ihr knurrender Magen, dass Edelsteine zwar schön aussahen, aber keine Mahlzeit darstellten. Daher suchte sie weiter und entdeckte in einer durch einen ähnlichen Magievorhang abgetrennten Kammer einen Schrank mit einer üppigen Sammlung verschiedenster Speisen, die alle unter Erhaltungszaubern standen. Laisa stibitzte etwas, das von außen wie ein gebratener Hühnerschenkel ausgesehen hatte. Doch als sie ihn ins Maul nahm und damit zu Boden sprang, bemerkte sie, dass es sich um den Teil eines viel größeren Vogels handelte. Also musste der Schrank etwas Ähnliches sein wie eine Glasfalle.
Sie schob diese Überlegung zur Seite und fetzte das Fleisch genussvoll von den Knochen. Als nur noch blankes Gebein übrig war, überlegte sie, wo sie die Reste ihrer Mahlzeit verstecken konnte, damit sie nicht gleich auffielen. Dabei kaute sie auf einem Knochen herum und bemerkte, dass ihre hornigen Lippen und ihr kräftiges Gebiss ihn mühelos zermalmten. Damit war das Problem für sie erledigt, und sie verschlang auch die Knochen.
Allerdings hatte sie sich jetzt so vollgefressen, dass sie eine Pause brauchte. Vorher aber sah sie sich noch in dem Raum um. An der hinteren Wand standen weitere Truhen, die allesamt mit magischen Schlössern versehen waren. Ihr erschloss sich zwar nicht ganz der Sinn, weshalb man den Deckel der Schatztruhe offen stehen ließ, die anderen aber magisch sicherte. Auf jeden Fall aber musste das, was hier verstaut war, für seinen Besitzer von weitaus größerem Wert sein als Geld und Juwelen. Nur hatte sie keine Möglichkeit, diese Schlösser zu knacken.
In dem Augenblick musste sie rülpsen und stieß eine winzige Flammenzunge und etwas Rauch aus. Vielleicht bekomme ich die Schlösser doch auf, dachte sie. Vorher aber musste sie mehr über die Fähigkeiten erfahren, die sie in dieser Gestalt besaß. Zu diesem Zweck kehrte sie in die große Halle zurück, kletterte wieder auf den Kopf des Eirun und versuchte, ein wenig zu schlafen. Schließlich ließ sich ausgeruht besser denken als müde.
☀ ☀ ☀
Mit einem Mal tauchte Laisa in Szenen ein, die sie selbst nie erlebt hatte. In ihnen kämpften weiße Eirun verzweifelt gegen wuchtige, dunkel gerüstete Krieger, während ihre Königin in aller Eile einen Schössling des Heiligen Baumes ausgrub und mit ihren Kräften am Leben erhielt. Als das getan war, eilte sie mit einigen Vertrauten davon, während andere Eirun ihre Flucht deckten. Mit einem Mal tauchte ein grüner Eirun auf, redete hastig auf die Königin ein und wies dabei nach Westen.
Laisa verstand nur, dass es jenseits des Stromes einen Wald geben würde, der als neue Heimat für ihr Volk geeignet war. Als die Königin nickte, betätigte der Grüne ein Versetzungsartefakt, und die Gruppe fand sich am Ufer des Großen Stromes wieder. Dort lag eine große Barke, die sie an das westliche Ufer bringen sollte. Während die Königin und ihre Begleiter auf das Schiff stiegen, blieb der Grüne zurück, um, wie er sagte, so
Weitere Kostenlose Bücher