Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)
verängstigte, halb verhungerte Sklaven und dem Kampf gegen bewaffnete Piraten klar – und er rannte in einem Tempo davon, an das er in seinem ganzen Leben nicht mehr herankommen sollte.
Stunden später sammelten sich die zerschlagenen Reste der Louisiana-Miliz an ihrer ersten Lagerstelle, und ihr Kommandeur, Hunter, bewies nun zum ersten Mal so etwas wie militärische Umsicht, indem er wenigstens ihren Rückzug ordnete. Man hatte ein paar Pferde wieder einfangen können, auf die die Verletzten gesetzt wurden: der Fußkranke, ein noch immer Betrunkener und ein Mann,
den eine verirrte Kugel, von welcher Seite auch immer, an der Schulter erwischt hatte. Die Tapfersten sicherten diesen Rückzug, und sie waren es auch, die noch zwei Versprengte aufgriffen, die kurzfristig in Gefangenschaft geraten waren. Man hatte ihnen die Hosen ausgezogen, sie gründlich verprügelt, und insbesondere die schwarzen Frauen hatten ihnen für den Fall ihrer Rückkehr allerhand unangenehme Manipulationen angedroht.
Dam it war klar, dass die aufständischen Schwarzen offen bar bleiben wollten, wo sie waren, und die ganze Sache von nun an ein Fall für die reguläre Armee sein würde.
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John hatte seine Zeit gut genutzt. Er stutzte zuerst ein wenig, als er über den Pfahlbauten Baratarias eine Piratenflagge aufgezogen sah, aber der Anblick einer offenbar einsatzfähigen Kanone entschädigte ihn für manchen trüben Gedanken, der ihm während seines mehrstündigen Laufes in den Sinn gekommen war. Die übrigen von Gringoire an die Flüchtlinge ausgegebenen Waffen: Entermesser, -beile, einige altertümliche Musketen und sogar ein paar Steinschlosspistolen – deren Griffe immerhin als Keulen verwendet werden konnten –, überzeugten ihn weniger.
Ohnehin kam jetzt alles darauf an, die Pferde des Gegners zu zerstreuen, damit die Gegenwehr der Flüchtlinge nicht einfach niedergeritten werden konnte, und nach Möglichkeit auch die Hunde zu töten, die sich weder von schwarzen Flaggen noch von Kanonen einschüchtern lassen würden. Jeder Verwundete, den sie durch Bisse oder Hufe haben würden, konnte ihren Rückzug infrage stellen, also mussten derartige Verletzungen ganz einfach vermieden werden.
John hatte sich außerdem überlegt, dass man um jeden Preis den Eindruck vermeiden musste, Barataria sei nur ein vorübergehendes Versteck; je stärker die Milizionäre davon überzeugt werden konnten, den dauerhaften Aufenthaltsort der Flüchtlinge gefunden zu haben,
desto weniger würden sie den Fluss absuchen. Er schaffte es, Deborah und den anderen mit wenigen Worten seinen Plan zu vermitteln, und war mit Gringoire, Jason und Mr. Phineas schon auf dem Rückweg zum Lager der Miliz, während Deborah ihren verängstigten Leuten noch erklärte, was sie zu tun hätten.
Seine Nachtsichtigkeit ermöglichte ihnen ein rasches Vorwärtskommen, und eine halbe Stunde nach Mitternacht hatte er die Stricke durchschnitten, mit denen die Pferde der Miliz ohne weitere Bewachung an die Bäume geschirrt waren. Der Rest war beinahe ein Kinderspiel, auch wenn sie als ungeübte Schützen eine ganze Serie von Schüssen brauchten, um die Hunde zu erledigen.
Nachdem die Schlacht vorüber war, kam Gringoire, der der fliehenden Miliz nachgesetzt hatte, mit zwei Gefangenen zurück, die er durch Schläge mit der flachen Klinge vor sich hertrieb. Einen Moment lang bestand die ernsthafte Gefahr, dass diese Männer getötet würden, und Gowers brachte sie persönlich in eine der Hütten, wo er sie, mit den Händen im Nacken und auf dem Bauch liegend, von Mr. Phineas bewachen ließ.
Es galt, ihnen eine kleine Komödie vorzuspielen, und während sie wenig später unter Gringoires Aufsicht von den schwarzen Frauen jämmerlich durchgeprügelt wurden, gab Gowers den lauten Befehl, eine Palisade zu errichten, um vor weiteren Angriffen geschützt zu sein. Deborah ließ das Essen vorbereiten, die Wäsche waschen und einige Hütten ausbessern. Eine besonders gelungene Vorstellung bot Jason, der eine kleine Gruppe mit Angelruten an die Lagune führte und dort durch das Anfertigen von Fischreusen den Eindruck einer friedlichen, dauerhaften Ansiedlung erweckte. Mr. Phineas sammelte derweil die nach der Schlacht liegen gebliebenen Waffen der Miliz ein und sprach lauter als nötig davon, sie ins Arsenal zu schaffen.
Als feststand, dass die Gefangenen alles gesehen und gehört hatten, was sie sehen und hören sollten, wurden sie mit Fußtritten und höhnischen Bemerkungen
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