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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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werde kommen, wenn es vorbei ist«, erwiderte John.
    »Nein.« Die alte Frau lachte leise. »Komm auch sonst. Denn es wird nie vorbei sein, John Gowers. Dieser Kampf endet nicht mit dir oder mir. Er war immer da und wird niemals aufhören!«

156.
    Wieder liefen die Pakeha gegen den scheinbar schwächsten Teil der Palisade an, eine neue Welle des alten Sturms, der aus Europa über die Erde gekommen war bis in ihren letzten Winkel.
Wieder feuerten die Maori aus verborgenen Stellungen im Wald, aus getarnten Schützentürmen, gedeckten Gräben. Wieder, noch einmal ihr Schlachtgesang: »Hold the Land! Hold the Land!«
    Wieder flogen die Kugeln dicht wie Hagel, durchschlugen Menschenfleisch, Knochen. Wieder mischte sich Pulverdampf mit dem Morgennebel, fielen die Zwanzig-, Fünfundzwanzigjährigen beider Seiten, rannten in ihren Tod. William Keneally, geboren in Antrim am Lough Neagh, von verzweifelten irischen Eltern über das Meer getragen, die nicht mehr wollten als ein Stück Land, das keinem englischen Großgrundbesitzer gehörte. Te Waka Taparuru vom Stamm der Pakakohe, der das Land seiner Ahnen nicht hergeben wollte. Sie lagen dicht beieinander. Ihr Blut floss in die gleiche Erde.
    Der Hügel von Okotuku war ein erfahrenes Schlachtfeld. Vor weniger als drei Jahren hatte General Chute hier mit zehnfacher Übermacht ein Widerstandsnest der Maori zerschlagen, und man fand hier und da noch die verkohlten Balken niedergebrannter Hütten unter dem rasch wachsenden Farn. Aber schon früher, in alter Zeit, hatten sich immer wieder Menschen um den Besitz von Okotuku Hill geschlagen, denn der Hügel beherrschte die umliegende Landschaft und war auf der Ost-und Westseite durch steile Waldschluchten geschützt. Nach Süden, zur Küste hin, hatten vielleicht schon die frühesten Bewohner vor drei, vier, fünf Jahrhunderten eine Lichtung von nahezu einem halben Kilometer Durchmesser in den Urwald geschlagen, sodass sich kein Feind dem Ort unbemerkt nähern konnte. Es war der ideale Platz für eine Befestigung, darum wählte Titokowaru ihn aus, um der neuen Armee, die die Pakeha gegen ihn ausgesandt hatten, standzuhalten.
     
    Obwohl ihm nach dem Sieg von Te Ngutu o te Manu zwei Monate lang immer neue Verbündete zuströmten, war er militärisch gesehen noch immer in der schwächeren Position. Gewiss, die
Pakeha hatten sich zurückgezogen, hatten Siedlungen, Militär-und Handelsposten aufgegeben, die seit Jahrzehnten in ihrem Besitz waren. Aber doch nur, er wusste es gut, um sich erneut zu sammeln, um ihn und seine hundertfünfzig Krieger mit einer nur noch größeren Welle an Menschen und Material wegzuspülen aus Taranaki. In einer offenen Schlacht konnte er sie niemals besiegen und musste sie deshalb dazu bringen, ihn noch einmal anzugreifen, an einem Ort, den er bestimmte, in einer Falle, die er stellte.
    Moturoa, das befestigte Dorf, das er am Fuß des Hügels von Okotuku in weniger als einer Woche errichten ließ, war diese Falle. Seine Palisade war bloßer Schein, eine Art spanische Wand, hinter der Wall und Graben seine Schützen verbargen. Ihre linke Seite hatte er bewusst so belassen, als sei sie nicht rechtzeitig fertig geworden, in der Hoffnung, dass die Pakeha ihren Angriff auf diesen Punkt konzentrieren würden. So lag die ganze lange Strecke von dreihundert Metern Lichtung, die die Angreifer überqueren mussten, im Schussfeld seiner Krieger. Dass Titokowarus Plan funktionierte, lag aber nicht allein an dessen Genialität, nicht allein an der durch die bei Te Ngutu erbeuteten Waffen erhöhten Feuerkraft, sondern an der Person seines Gegners.
     
    Thomas McDonnell hatte schon unmittelbar nach der vernichtenden Niederlage gewusst, dass seine Tage als »Fighting Mac« gezählt waren. Insbesondere die Forest Ranger hatten sich ganz offen geweigert, seinem Befehl länger zu gehorchen, taten, was sie wollten  – und das war vor allem: trinken  –, und traten schließlich nicht einmal mehr zum Dienst an. Es war militärische Meuterei in ihrer reinsten Form, und da man sich nach wie vor im Krieg befand, hätte er diese Männer erschießen lassen können. Er war aber nicht sicher, ob auf seinen Befehl überhaupt noch irgendjemand geschossen hätte, und löste stattdessen das gesamte Regiment auf, das heißt, er entließ von Tempskys
stolze Truppe ganz einfach unehrenhaft aus der neuseeländischen Armee. Sie mussten ihre Waffen abgeben und konnten ihrer Wege gehen.
    Das war seine letzte Amtshandlung als

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