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Fluch von Scarborough Fair

Fluch von Scarborough Fair

Titel: Fluch von Scarborough Fair Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Werlin
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fühlte sich jetzt bedeutend wohler. » Ich hab es neulich gekauft. Ich hab dir doch erzählt, dass ich mein altes Yaz-Shirt vor Jahren verloren habe.« Er drehte sich um und zeigte ihr den Namen auf dem Rücken. » Endlich hab ich ein neues.«
    » Yaz«, flüsterte Lucy mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck.
    » Ja, Carl Yastrzemski. Er hat in den 60 er- und 70 er-Jahren gespielt. Ich könnte mir noch andere Klassiker besorgen. Luis Tiant, Carlton Fisk, Ted Williams,…«
    » Yastrzemski!«, rief Lucy erstaunt. Sie drehte sich abrupt um und rannte aus Zachs Zimmer.
    Verwirrt folgte ihr Zach den Flur entlang zu ihrem eigenen Zimmer. Er blieb in der Tür stehen und beobachtete, wie Lucy sich vor das Einbauregal kniete und rasch sämtliche Bücher von dem untersten Brett räumte. Dann hob sie das Regalbrett ganz heraus, sank auf ihre Fersen und starrte heftig atmend nach unten.
    Zach hockte sich neben sie. » Was machst du da?« Wo das Brett gewesen war, klaffte jetzt zwischen Regal und Boden ein wenige Zentimeter breiter staubiger Spalt, und darin entdeckte er–
    » Das ist dein T-Shirt.« Lucy presste die Hände auf dem Schoß zusammen. » Dein original Yaz-Shirt. Du hast es mir geschenkt, als ich sieben wurde. Das ist mir eben eingefallen.«
    » Wirklich?«
    » Ja. Wahrscheinlich hattest du vergessen, ein Geburtstagsgeschenk für mich zu besorgen, und das T-Shirt war alles, was du hattest. Du hast so getan, als hättest du es für mich gekauft, aber ich wusste es besser. Ich war wütend auf dich und hab es hier reingelegt.«
    » Wow. Tut mir leid.« Zach starrte auf das zusammengefaltete T-Shirt. » Dann hast du es also versteckt, weil du wütend auf mich warst?«
    Lucy wurde ein bisschen rot.
    » Eigentlich nicht. Ich kann mich nicht mehr genau an die Einzelheiten erinnern. Die Erinnerung kommt erst ganz allmählich wieder zurück.«
    » Darf ich?« Zach deutete auf das T-Shirt.
    » Es ist deins.«
    » Nein. Offenbar hab ich es dir vor zehn Jahren geschenkt.« Er lächelte Lucy an, und nach einer Weile lächelte sie zurück. Es war ein angespanntes Lächeln, aber besser als der Gesichtsausdruck von vorhin, dachte er. Okay, dann war er mit neun oder bald zehn also ein Trottel gewesen. Andererseits hatte ihm das T-Shirt viel bedeutet, und es wollte schon etwas heißen, dass er es Lucy geschenkt hatte, auch wenn er sich nicht mehr daran erinnerte.
    » Darf ich?«, wiederholte er.
    » Ja.«
    Zach nahm das T-Shirt aus dem geheimen Fach, und als er es in den Händen hatte, raschelte etwas darin. Er hielt verwundert inne. Zach sah Lucy an, und dann zog er ein Bündel handbeschriebener Blätter aus dem zusammengefalteten T-Shirt.
    Er erkannte die Handschrift sofort, und auch das Format und die Art des Papiers.
    Mirandas Tagebuch.
    Neben ihm holte Lucy tief Luft. » Oh, jetzt erinnere ich mich wieder. Ich hab etwas unter dem Regalbrett entdeckt. Ein Papierbündel. Und ich hab es zusammen mit dem T-Shirt versteckt.«
    Gemeinsam lasen sie die ersten Sätze auf der ersten Seite.
    Liebe Lucinda,
    wie seltsam, Dir zu schreiben, obwohl Du noch nicht einmal auf der Welt bist. Aber es ist auch wunderbar, mit Dir zu sprechen, obwohl ich Angst habe, Angst um Dich und um mich.
    Zach blickte auf und sah Lucy an. » Das hat Miranda geschrieben«, sagte er, obwohl ihm klar war, dass Lucy das bereits wusste.
    Sie streckte die Hand nach den Blättern aus. » Aus dem Tagebuch wurden Seiten herausgerissen. Ich frage mich, ob es die hier sein könnten.« Lucy war ganz blass. » Als ich das Geheimfach entdeckte, lagen die Seiten schon drin, versteckt unter dem untersten Regalbrett des Bücherbords. Miranda muss sie dort hineingelegt haben. Ich hab sie vor all den Jahren gefunden und dringelassen. Damals hatte ich keine Ahnung, was es war. Ich konnte die Schrift kaum lesen. Ich legte die Seiten wieder weg und vergaß sie.« Sie hielt das Bündel Papier ganz fest in der Hand.
    Zach wollte etwas Passendes sagen, hatte aber nicht die leiseste Ahnung, was.
    So war es ihm in letzter Zeit in Lucys Nähe immer gegangen. Mit jedem Tag wuchs das Kind in ihrem Bauch heran, und Zach hatte den Eindruck, dass damit zwischen ihm und Lucy eine neue Barriere entstand. Wie unbeschwert hatten sie früher miteinander reden können. Aber jetzt war er wie erstarrt und konnte nur zusehen, wie sie sich an einen dunklen Ort begab, an den er ihr nicht folgen konnte.
    Die ganze Sache mit dem Baby erschien Zach bedeutender und schrecklicher als sie in Wirklichkeit

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