Fluch von Scarborough Fair
war. Warum brachte ihn diese Situation derart durcheinander? Warum fühlte er sich in Lucys Nähe so unbehaglich?
Trotz der besonderen Umstände, unter denen das Kind gezeugt worden war, war es keine große Tragödie. Es war absolut in Ordnung. Lucy würde das Kind lieben, und Soledad und Leo auch. Jedenfalls hatten sie das gesagt. Babys waren sowieso schon von Natur aus liebenswert. Und Geld war auch genug da.
» Es wird nicht einfach werden, Lucy«, hatte Leo erklärt, » aber wir werden jeden Schritt des Weges gemeinsam gehen, als eine Familie. Ich weiß noch, als wir dich bekamen. Es kam zwar überraschend, aber es war auch unglaublich schön, und wir hätten dieses Gefühl um nichts auf der Welt missen mögen. Und wenn dein Baby zur Welt kommt, wird es genauso sein.«
Rational gesehen war Zach derselben Meinung, aber vom nicht-rationalen Standpunkt aus konnte er nicht zustimmen.
Und jetzt war da diese neuerliche Entdeckung. Zach sah in Lucys Gesicht und dann auf ihre Hände, welche die herausgerissenen Seiten aus Mirandas Tagebuch festhielten. Ihm war klar, dass das keine guten Neuigkeiten waren.
Kurz darauf erhielt er von Lucy die Bestätigung. » Zach? Ich wünschte, ich könnte das einfach verbrennen.«
Kapitel 26
Im selben Moment, als Lucy das sagte, bereute sie es schon wieder. Oder besser gesagt, sie wünschte tatsächlich, sie könnte den Brief und die eben entdeckten Seiten aus Mirandas Tagebuch verbrennen, aber sie wusste zugleich, dass sie es nicht tun sollte, konnte und wollte.
» Natürlich werde ich es nicht tun«, beruhigte sie Zach. » Ich werde jedes einzelne Wort lesen. Aber erst brauche ich eine kleine Verschnaufpause.«
Zach nickte. » Bist du okay?«
» Ja.« Lucy erhob sich und legte die Seiten auf eines der oberen Regale. Dann nahm sie Zach das Red-Sox-T-Shirt aus der Hand, schüttelte es aus und hielt es gegen sich. Irgendwie brachte diese Geste die Vergangenheit zurück.
» Ich erinnere mich wieder. Es ist so seltsam, aber damals mit sieben dachte ich, es würde mir nicht passen. Ich kam auf die Idee, es zu verstecken, bis ich größer wäre. Und schau, jetzt passt es. Jedenfalls noch ein oder zwei Monate.«
» Ja.« Zach saß jetzt im Schneidersitz auf dem Boden. » Es steht dir großartig.«
Lucy ging zu dem Standspiegel hinter der Tür und zog das T-Shirt über ihr weißes Tanktop. » Es gefällt mir.«
Vielleicht war es der Zauber, den Lucy vor all den Jahren als kleines Mädchen herbeigesehnt hatte, denn mit einem Mal wurde sie mutig. » Bist du mir in letzter Zeit aus dem Weg gegangen?«, wandte sie sich unvermittelt an Zach.
Zach wich ihrem Blick aus. » Warum fragst du das?«
Lucy wartete.
» Ja, okay«, platzte er heraus. » Es stimmt. Tut mir leid, Luce.«
» Warum?«
» Weil ich ein Idiot bin. Weil ich– ich weiß nicht. Es– es tut einfach weh, dich so zu sehen. Tut mir leid.«
» Du meinst schwanger?« Natürlich meinte er das. Lucy wollte ihn lediglich dazu bringen, es auszusprechen.
» Ja. Schwanger«, sagte Zach kaum hörbar. Er senkte den Kopf, und die Haare fielen ihm ins Gesicht.
» Ich bin immer noch dieselbe«, meinte Lucy gelassen.
» Ich weiß.«
» Sieht aber nicht danach aus. Verstehst du denn nicht? Du ignorierst mich, gehst mir aus dem Weg. Was soll ich davon halten?« Lucy dachte an den Tagebucheintrag, in dem Miranda schrieb, dass ihre Freundin Kia sie fallen gelassen habe.
» Luce«, begann Zach und sah sie wieder an. » Ich bewundere dich. Ganz ehrlich.«
Seine Worte klangen aufrichtig.
» Höre ich da noch ein › Aber ‹ ?«
Zach seufzte. » Ja. Aber ich bin so–« Er hielt inne.
Lucy wartete. Irgendwie hätte sie ihm gern geholfen, ihm gesagt, dass es okay war und dass sie ihn verstand. Aber sie tat es nicht.
» Ich bin einfach wütend, Luce«, sagte er schließlich. » Nicht auf dich, sondern für dich. Von Grund auf wütend. Ich weiß, Leo und Soledad passen auf dich auf, und ich weiß auch, wie zuverlässig sie sind. Ich weiß, es wird dir gut gehen, dir und dem Baby. Und trotzdem bin ich sauer. Alles wird jetzt so viel schwerer für dich. Der Highschool-Abschluss. Das College. Verabredungen mit Jungs. Dein ganzes Leben.«
» Oh«, sagte Lucy leise. » Ich weiß. Glaub mir. Ich lebe nicht in einer Fantasiewelt.« Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper und spürte die Ärmel des neuen/alten Yastrzemski-T-Shirts, das er ihr vor so langer Zeit geschenkt hatte. » Deshalb brauche ich dich als Freund.«
» Ich bin dein
Weitere Kostenlose Bücher