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Fluch von Scarborough Fair

Fluch von Scarborough Fair

Titel: Fluch von Scarborough Fair Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Werlin
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Ich kenne Sie von dem Abend des Abschlussballs.«
    » Ja, ich war bei deinen Eltern zum Abendessen–«
    » Nein.« Mit einem Mal dämmerte es ihr. » Das meine ich nicht. Sie waren es, nicht Gray oder sein– sein Geist. Sie haben ihn dazu gebracht, mich zu vergewaltigen. Und dann haben Sie ihn getötet. Oder vielleicht hat er sich auch selbst umgebracht, als ihm klar wurde, was er getan hatte. Jetzt erkenne ich Sie. Sie haben versucht, mein Leben zu zerstören, so wie Sie Mirandas Leben zerstört haben. So viel Leid und Schmerz, nur durch Sie. Jetzt sehe ich, wer Sie wirklich sind. Jetzt erkenne ich Sie.«
    Lucy richtete sich auf, trat wohlweislich noch einen Schritt zurück und sah den Elfenritter erhobenen Hauptes an: » Dachten Sie, ich würde Sie nicht erkennen?«
    Der Elfenritter lächelte. Dieses Lächeln hatte Lucy zuletzt ganz aus der Nähe gesehen, als dieses Geschöpf von Gray Spencer Besitz ergriffen und ihn vernichtet hatte. » Ganz im Gegenteil, Lucinda«, erwiderte er. » Du solltest mich erkennen. Es wird Zeit. Du und ich werden uns schon sehr bald ganz nah sein.« Mit seinem Blick liebkoste er ihren Bauch. » Du wirst ganz allein mir gehören.«
    Lucy fror. Dann flüsterte sie: » Was?«
    » Konnte ein kluges Mädchen wie du sich das nicht denken? Oder einer deiner kleinen Helfer? Hast du die Ballade nicht sorgfältig gelesen? Muss ich dich vielleicht an die letzte Zeile erinnern?« Er summte vor sich hin, und Lucy fielen die Worte wieder ein:
    Ihre Töchter sind auf ewig mein.
    Wieso hatte sie das übersehen? Wieso? Und Zach und Soledad und Leo?
    Der Schreck fuhr Lucy in die Glieder. Sie musste also nicht nur davor Angst haben, verrückt zu werden.
    » Wie ich sehe, hast du es jetzt begriffen«, sagte der Elfenritter mit samtiger Stimme.
    Ja, Lucy hatte verstanden. Bis eben hatte sie noch geglaubt zu wissen, wie ihre Zukunft aussehen würde, falls sie scheiterte. Wahnsinn, Obdachlosigkeit, Einsamkeit, Hunger, Kälte und Armut wären ihr Los. Und das erschien ihr schon schlimm genug.
    Aber all das, was sie bis jetzt erlebt und begriffen hatte, hatte sich nur an der Oberfläche abgespielt.
    Mit Grauen dachte sie dabei nicht nur an sich selbst.
    Miranda, dachte Lucy verzweifelt. Oh, mein Gott. Miranda! Ich hatte ja keine Ahnung.
    Entweder verriet ihr Gesicht, was sie dachte, oder der Elfenritter konnte ihre Gedanken lesen.
    » Deine Mutter war eine reizende Gemahlin für mich«, sagte der Elfenritter. » Mittlerweile ist sie zu alt, aber die Frauen aus deiner Familie gefallen mir schon seit vielen Jahrhunderten. Du wirst jetzt ihren Platz einnehmen und deine Sache gut machen.« Er kam noch näher und lächelte wieder. » Allerdings wird es mir zuerst einmal ein Vergnügen sein, dich wegen deiner Heirat zu bestrafen. Dieses Verhalten gehört sich nicht für meine wahre Liebe.«
    Er hielt kurz inne und fügte dann gelassen hinzu: » Vielleicht werde ich dich ja dazu bringen, ihn für mich zu töten.«
    Lucy stand stocksteif da. Sie konnte nicht einmal mehr denken. Wenn sie in diesem Moment die Möglichkeit gehabt hätte, sich das Leben zu nehmen, hätte sie es getan.
    » Ich verlasse dich jetzt«, sagte der Elfenritter. » Aber ich muss zugeben, dass es schon ziemlich faszinierend war, dich kämpfen zu sehen. Du konntest sogar einen kleinen Erfolg verbuchen. Über dieses blöde Hemd hab ich mich wirklich ein wenig geärgert. Es besitzt Macht. Aber natürlich war alles umsonst. Ich sage es dir jetzt im Guten, damit du dich vorbereiten kannst. Wir werden gut miteinander auskommen, du und ich, bis es für mich an der Zeit ist, deine Tochter zu holen.«
    Er trat vor Lucy hin, nahm ihr Gesicht in beide Hände und drehte ihren Kopf ganz sachte in seine Richtung. Dann beugte er sich über sie und küsste sie. Seine Lippen waren glatt wie Metall. » Bis dann«, sagte der Elfenritter.

Kapitel 50
    Bei ihrer Rückkehr fand Soledad Lucy allein im Wartezimmer vor, wo sie mit verschränkten Armen und grimmigem Blick auf und ab lief. » Tut mir leid«, sagte Soledad. » Ich weiß, ich bin ein bisschen spät dran, aber jetzt bin ich fertig. Willst du Jacqueline noch Hallo sagen, bevor ich dich nach Hause bringe? Sie wird in etwa zehn–« Sie verstummte und bemerkte Lucys Gesichtsausdruck. » Lucy? Stimmt was nicht?«
    Lucy schüttelte den Kopf. » Nein. Ich– nein.« Sie zögerte, beschloss dann aber, erst mit Zach über das eben Erlebte zu sprechen, bevor sie es Soledad und Leo erzählte.
    Oder sollte sie es ihm

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